'Jeder stirbt für sich allein' - Seiten 067 - 135

  • Zitat

    Original von made
    Mich irritiert, dass sowohl die Quangels wie auch Trudel nach der Todesnachricht so schnell wieder in ihrem Leben weitermachen. Ich hätte eher erwartet, dass für sie zuerst einmal die Welt still steht.
    Oder lässt Fallada die Trauer bewusst weg?


    Ich glaube schon, dass Fallada das ganz bewusst so geschrieben hat. Man erfährt als Leser ja sowieso wenig von Gefühlen und Beweggründen. Die Trauer drückt sich im Bearbeiten des Holzkopfes aus.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch


    Ich glaube schon, dass Fallada das ganz bewusst so geschrieben hat. Man erfährt als Leser ja sowieso wenig von Gefühlen und Beweggründen. Die Trauer drückt sich im Bearbeiten des Holzkopfes aus.


    Ich finde nicht, dass er die Trauer weglässt. Aber ist der Alltag heute nicht genauso? Müssen die Menschen nicht auch arbeiten gehen, wenn sie einen Verlust erlitten haben?
    Selbst bei den Gesprächen im Tanzlokal merkt man doch Trudls Trauer - speziell als Karl ihr seine Liebe gesteht.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Außerdem war gerade diese Generation noch ganz anders erzogen. Da hat man andere nicht mit seinen Gefühlen behelligt. Haltung war angesagt. Sogar noch gegenüber den nächsten Menschen. Was habe ich darüber für Gespräche mit meiner Schwiegermutter geführt.
    Natürlich war das in einzelnen Familien unterschiedlich ausgeprägt, aber die grundsätzliche Meinung war eindeutig.

  • Zitat

    Original von made


    Ich finde es bemerkenswert, ja fast schon unrealistisch, wie weit Baldur mit seinen 16 Jahren vorausdenkt. Er steckt den beiden Einbrechern Geld zu, um deren Frauen ruhig zu stellen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein 16-jähriger schon so viel Menschenkenntnis und Lebenserfahrung hat.


    Ich denke auch, dass gerade solches Verhalten und die entsprechende Denkweise in der HJ gefördert wurde, von daher finde ich Baldur nicht unrealistisch.


    Zitat

    Original von Lesebiene
    Die "Zelle" fand ich etwas merkwürdig. Sie bestand scheinbar nur aus 4 Personen. Trudl hat also noch einen Verehrer, der für sie eintritt, sich sogar von Quangl schlagen lässt.


    Die "Zelle" fand ich auch äußerst merkwürdig, nicht umbedingt die geringe Größe, das macht ja Sinn, je weniger Mitglieder, desto geringer das Risiko, sondern, dass sie so schnell bereit sind, ein Mitglied in den Tod zu schicken.

  • An die Szene mit Baldur kann ich mich gar nicht erinnern. :gruebel
    Vielleicht war das gar nicht im Hörbuch enthalten, denn es ist ja gekürzt. Kann aber auch sein, dass ich mich mal auf den Straßenverkehr konzentrieren musste und das nicht mitbekommen habe.


    Tja, das mit der Zelle ist mir auch nicht ganz klar geworden. War die im Aufbau? Oder waren das alle Personen, die da mit drin waren? Ich hatte erst das Gefühl, als wenn Otto da mit machen wollte, aber irgendwie dann auch wieder nicht. Dass die komischen Kerle direkt ihren Tod wollten, fand ich auch krass und vor allem erschreckend.


    Ist Otto in dem Moment die Idee gekommen, die er im Laufe des Buches ausführt? Ich denke schon.


    Ich frage mich gerade, wie hilflos ich mich damals gefühlt hätte. Es war alles so aussichtslos. Alle rennen dem Mob hinterher und kaum einer traut sich seine Meinung offen zu sagen. Wie auch?


    In meiner Schulzeit sollte ich ein Referat über die Zeit schreiben und wollte meine Oma darüber ausquetschen. Aus ihr hat man kein Wort raus bekommen. Das muss wirklich sehr sehr schlimm gewesen sein alles (wie man in dem Buch hier ja auch merkt), denn sie war eigentlich nie so, dass sie unangenehme Dinge nicht angesprochen hat.


    Im Laufe des Buches habe ich oft gedacht, dass man damals einfach gar nicht geredet hätte, weil eh alle Wort im Mund umgedreht wurden. Gruselig.