'Jeder stirbt für sich allein' - Seiten 441 - 508

  • So schnell ging es dann. So unvorsichtig von Otto!
    Jetzt bin ich gespannt, was im 5. Teil noch folgt.


    Die Geschichte um Eva ist Erholung pur beim Lesen. Sie bleibt ihrem Wesen treu, Respekt!


    Die "Bekehrung" Escherichs habe ich mit gemischten Gefühlen gelesen. Wie ging es euch?
    Ob Fallada das reingeschrieben hat, damit Ottos Werk nicht ganu umsonst war? :gruebel

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch


    Die Geschichte um Eva ist Erholung pur beim Lesen. Sie bleibt ihrem Wesen treu, Respekt!


    Und schon gibt es Wetter und Jahreszeiten!
    Dass der Austritt aus der Partei geklappt hat, gönne ich Eva von Herzen! Das hat sehr viel Mut erfordert. Ob sie den Krieg so unbeschadet überstehen wird? Ich habe Zweifel. Schließlich haben die Hergesells erfahren müssen, dass auf dem Land das Denunziantentum noch viel größer ist als in der Stadt. Ich bin gespannt, wie ihr Leben weiter geht, jetzt wo sie eine wichtige Aufgabe hat.


    Zitat

    Original von Regenfisch
    Die "Bekehrung" Escherichs habe ich mit gemischten Gefühlen gelesen. Wie ging es euch?
    Ob Fallada das reingeschrieben hat, damit Ottos Werk nicht ganu umsonst war? :gruebel


    Ich glaube nicht, dass Ottos Werk so ganz umsonst war, wie Escherich es darstellt. Auch wenn die Karten vielleicht nur von sehr wenigen gelesen wurden, so wussten doch viele davon, zuerst in der Polizei und später auch in der Fabrik. Und geschwatzt wurde auch, heißt es im 40. Kapitel. Ich denke, es ist gar nicht so wichtig, was genau auf diesen Karten steht. Er reicht schon, dass es sie gibt. Vielleicht hat es doch mal einen Polizisten dazu gebracht, mal wegzuschauen oder ein Auge zuzudrücken.


    Glaubt Escherich das eigentlich selbst, wenn er Quangel ein schlechtes Gewissen einreden will, weil er mit seinen Karten "so viel Unglück über seine Mitmenschen gebracht" hat?
    Ist es zu fassen! Die Polizei hat bei der ersten Festnahme der Quangels keine Personalien notiert.


    Wenn der Kammergerichtsrat Fromm über den Zustand in Deutschland denkt: "Je schlimmer, je besser. Umso eher nimmt dies ein Ende.", dann hat er zwar recht. Aber wie kann man dabei lächeln?
    Das geht wohl nur, weil er allein für sich ohne Außenkontakte lebt.
    Er ist noch einer, der sich sicher fühlt.

  • Der Kammergerichtsrat ist einer der rätselhaftesten Menschen in diesem Buch. Denn so ganz ohne Außenkontakte kann er nicht sein. Dazu wusste er zu viel - zum Beispiel über den Verbleib von Herrn Rosenthal.
    Einer, der seine Kontakte im Verborgenen pflegt und offenbar auch noch immer einen gewissen Einfluss hat. Denn an ihn hat sich nie einer rangetraut.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Der Kammergerichtsrat ist einer der rätselhaftesten Menschen in diesem Buch. Denn so ganz ohne Außenkontakte kann er nicht sein. Dazu wusste er zu viel - zum Beispiel über den Verbleib von Herrn Rosenthal.
    Einer, der seine Kontakte im Verborgenen pflegt und offenbar auch noch immer einen gewissen Einfluss hat. Denn an ihn hat sich nie einer rangetraut.


    :write Finde ich auch. Fasz gespenstisch rätselhaft.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Die "Bekehrung" Escherichs habe ich mit gemischten Gefühlen gelesen. Wie ging es euch?
    Ob Fallada das reingeschrieben hat, damit Ottos Werk nicht ganu umsonst war? :gruebel


    Realistisch finde ich das durchaus.
    Escherich hat gemerkt, dass er seinen gewohnten Arbeitsstil nicht mehr fortsetzen kann und auch nicht mehr will. Quangel hat ihn beeindruckt. Womöglich hätte Escherich noch lange weiter gemacht, wenn ihn nicht sein besoffener Vorgesetzter gezwungen hätte, selbst Hand an Quangel zu legen. Bei diesem starken Mann hatte er Skrupel, anders als bei Enno Kluge. Die Selbstachtung, die er bisher vermutlich sehr mühsam versucht hat aufrecht zu halten, ist dahin.


    Ich bin überzeugt, auch in der Realität hat mancher der Inhaftierten Polizisten und Wachpersonal beeindruckt und unterdrückte Gedanken aufbrechen lassen.


    Ich frage mich, wie es Quangel gegangen ist, als er vom Tod Escherichs erfuhr. Erfuhr er, dass es Selbstmord war? Bringt er ihn mich sich in Verbindung?

  • Hatte Fromm nicht vorne im Buch im Gespräch mit der Rosenthal gesagt, dass er noch über gute Kontakte verfügt?


    Das Ende vom Escherich finde ich schon glaubhaft. Erst wurde ihm seine Persönlichkeit genommen und dann auch noch seine Glaube daran, auf der richtigen Seite zu sein. Plötzlich fühlte er sich selbst als Handlanger von tumben Mördern ertappt. Die innere Leere in Verbindung mit dem Alkohol führten dann zum Suizid. Er wäre sonst am Weitermachen zerbrochen und wieder in den Keller gewandert.

  • Ich könnte mir vorstellen, dass Fallada auch viel Spaß hatte, sich die Namen auszudenken. Man könnte in viele eine passende Charakterisierung hineindeuten:


    Quangel = quengelig
    Prall = hohl und aufgeblasen
    Kluge = dumm
    Fromm = heilig und gerecht
    Escherich = klingt wie Kehricht = Schmutz, der beim Kehren/Fegen zu einem Haufen zusammengebracht wird


    Findet ihr noch ein paar?

  • Witzig! Diese Gedanken habe ich mir auch gemacht, bin aber nicht weit gekommen.
    Aber bei Quangel bin ich ebenfalls auf quengelig gekommen, ein kleines, nörgelndes Kind, nur lästig.


    Bei Barkhausen kam mir jedesmal das englische" bark" für bellen in den Sinn.
    "Kluge" ist schwierig, weil es ja zwei Menschen dieses Namens gibt, die sehr unterschiedlich sind.
    "Dollfuß" ist sicher auch kein Zufall.
    Auch bei Fräulein Schönlein und den Hergesells habe ich mir den Kopf zerbrochen.

  • Zitat

    Original von xexos
    Mich wunderte noch die eigene Empathie beim Lesen. Ich hatte mich doch tatsächlich etwas für den Escherich gefreut, als er die Karte im Radiobuch fand. :wow :gruebel


    Das kann ich gar nicht nachempfinden. Sicher hatte Escherich nicht diese primitiv-brutale Art mancher Kollegen. Aber wie er Enno das Geständnis abgeluchst hat, wie er mit Anna Schönlein spricht drückt schon Menschenverachtung aus. Dieser Ton, der immer anklingt: Ich meine es ja gut mit Ihnen, aber wenn Sie nicht wollen ... ts, ts, ts.
    "Es ist ein Jammer mit diesem Volk! Jetzt, wo der größte Krieg für seine glückliche Zukunft geführt wurde, selbst jetzt noch war es widerspenstig." Einfach nur schrecklich!


  • Ich habe gerade gelesen, dass Hergesell Kriegsgefährte oder Kamerad bedeutet.

  • Recherche Selbstmord fand ich auch glaubhaft. Ihm blieb doch nichts mehr.


    Ich glaube, bei der Beurteilung von Escherich sollte man auch nicht den Fehler machen, zu glauben, dass die Polizei in der Weimarer Republik sanft und gut war. Preußischer Drill, Obrigkeitshörigkeit und Angst vor Uniformen waren eher die Regel, Polizeigewalt sicher keine Ausnahme. Und wie jeder ist auch er ein Kind seiner Zeit.

  • Ich wundere mich, dass Kuno-Dieter nach 2 Jahren auf dem Land bei Eva auftaucht und erst 14 sein soll. Ich hatte Barkhausens Ältesten für älter gehalten, als er "Vata" verprügelt, mit Hilfe seiner Freunde. Damals trug er doch eine HJ-Uniform

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein