James Grady - Die letzten Tage des Condor

  • James Grady - Die letzten Tage des Condor
    Originaltitel: Last Days of the Condor
    Broschiert: 367 Seiten
    Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: Deutsche Erstausgabe (13. Juni 2016)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3518466852
    ISBN-13: 978-3518466858


    Über den Autor:
    James Grady, geboren 1949 in Montana. Journalist, Drehbuchautor und Verfasser brillanter politischer Kriminalromane, preisgekrönt in aller Welt. Mit dem Megaseller Die 6 Tage des Condor (von Sydney Pollack verfilmt mit Robert Redford und Faye Dunaway als Die 3 Tage des Condor) setzte er neue Maßstäbe für den kritischen Polit-Thriller. Heute lebt er mit seiner Frau, der Schriftstellerin Bonnie Goldstein, in Washington, D.C.


    Inhaltsangabe:
    Ronald Malcolm alias Vin alias Condor ist zurück. Der einstige Whistleblower und spätere Top-Agent hatte die letzten Jahre in einem Irrenhaus der CIA verbracht und arbeitet jetzt in der Library of Congress in Washington. Routinemäßig wird er von der inzwischen neu gegründeten Homeland Security überprüft. Als einer deren Agenten tot in Condors Wohnzimmer gefunden wird, scheinen alle Geheimdienste hinter ihm her zu sein. Manche davon so geheim, dass niemand weiß, wer oder was sie überhaupt sind. Washington verwandelt sich in einen kafkaesken Bau, ständig von neuester Technologie überwacht. Nichts ist mehr harmlos, nichts ist unschuldig, nichts durchsichtig. Geschossen wird sofort und ohne Rücksicht auf Verluste. Der Condor und die CIA-Agentin Faye Dozier versuchen sich in Sicherheit zu bringen, aber vor wem eigentlich?
    James Gradys realitätstüchtige Jetztzeitvision porträtiert die USA als ein Labyrinth der Paranoia, in dem jede Steuerung außer Kontrolle geraten ist. Actionhaltig, sarkastisch, scharfsinnig, radikal skeptisch und enorm unterhaltsam.



    Meine Kritik:
    Zwar kenne ich nicht James Gradys ersten Condor-Roman, aber zumindest die recht spannende Verfilmung mit Robert Redford aus den 1970er-Jahren. Ich dachte, dadurch zumindest halbwegs gewappnet zu sein, doch auf dieses Buch kann man sich gar nicht vorbereiten. Die Handlung um den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Ronald Malcolm alias Vin alias Condor, der auf einmal von Unbekannten gejagt wird, beginnt interessant und rein handwerklich auch etwas bizarr. Letzteres hält sich, weshalb der Text stellenweise recht anstrengend zu lesen ist. Es gibt jede Menge abgehackte Sätze, manchmal Gedankensätze ohne Punkt und Komma, dazu gelegentliche abrupte Perspektivwechsel innerhalb eines Kapitelabschnitts, Namenswechsel oder urplötzlich auftauchende, ausufernde Erinnerungspassagen. Noch dazu ist die Handlung an manchen Punkten ziemlich umständlich beschrieben. In einer Schießerei zum Beispiel verwendet man keine Begriffe wie "Massemittelpunkt", wenn ein Oberkörper gemeint ist. Ich dachte ja, wenn die Übersetzung von der literarisch versierten Zoë Beck stammt, wird schon alles klargehen, aber in diesem Roman haute das hinten und vorne nicht hin. Unbefriedigend ist auch die wirre und recht vage gehaltene Auflösung am Ende. Namen gibt es keine, stattdessen nur jede Menge "Sies", wer immer auch damit gemeint ist. Ich hoffte auf einen spannenden, paranoiden Verschwörungsthriller, aber irgendwie war es im Nachhinein betrachtet eher ein katerreicher Drogenrausch.

  • Die letzten Tage des Condor
    James Grady


    Inhalt und meine Meinung


    Ich kenne die Vorgeschichte gar nicht und hatte ein wenig Mühe, mir zusammenzureimen, wer dieser Condor oder Vin eigentlich ist.
    Oft musste ich nicht nur zwischen den Zeilen lesen, Zusammenhänge zwischen einzelnen Worten und Satzfetzen erahnen, sondern auch zurückblättern, weil Ich manches erst im Nachhinein verstanden habe.
    Es hat sich allerdings gelohnt. Die Geschichte des vermeintlich abgehalfterten Agenten, der unter der demütigenden Kontrolle der Home Security steht, durch einen Medikamentenmix ruhiggestellt wird, beginnt sein Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Erinnert sich.
    An dem Tag, als bei seiner Rückkehr in seiner Wohnung ein toter Agent in seiner Wohnung liegt, gerät sein Leben und seine Umwelt völlig aus den Fugen. Er muss fliehen und sich verstecken. Manches erscheint als Auswirkung seiner Krankheit, der vielen Medikamente.


    Letztlich wird aber klar, dass es tatsächlich nicht nur Condor ist, der an den Grenzen des Wahns lebt. Jegliche Ordnung, alles bisher noch Verlässliche löst sich auf. Und ebenso wie sich diejenigen, die Gewalt und Terror verbreiten wollen, sich vereinzeln, immer mehr als Einzeltäter auftreten, verschwinden auch die Hierarchien und Strukturen bei denen, die sie verfolgen.
    Beängstigende Zukunftsvision.
    Manchmal grotesk, gelegentlich poetisch, immer unerwartet ist dieses Buch. Mir hat es sehr gefallen.
    9 Punkte