Ostasienverlag
228 Seiten
Aus dem Indonesischen von Martina Heinschke
Kurzbeschreibung:
Ein dörfliches Wohngebiet am Rand einer Kleinstadt an Javas Südküste: Jeder kennt jeden, Alteingesessene leben neben neu Zugezogenen, die einen recht gutgestellt, die anderen mühsam um Arbeit und ein Auskommen kämpfend. Die Erzählung beginnt mit der Nachricht von einem brutalen Mord. Margio, ein stiller Junge, zwanzig Jahre alt, als Treiber bei der Wildschweinjagd allseits geschätzt, hat überraschend seinen Nachbarn getötet, nicht mit einer Waffe – er hat ihm vielmehr die Kehle durchgebissen. Der Roman kreist um die Hintergründe der Tat. Sprachlich präzise, dicht und mit ungewöhnlichen Metaphern lässt Eka Kurniawan Margios Welt entstehen: schwierige Familienverhältnisse, die Beziehungen zwischen den Nachbarn, die Bindung an die Großeltern, Margios Geschick bei der Jagd, die Unsicherheiten der ersten Liebe. Der Roman bietet eine überzeugende soziale und psychologische Darstellung, wobei der Rekurs auf den Tigermythos ein magisches Element einflicht und mit deren Grenzen spielt
Über den Autor
Eka Kurniawan, geb. 1975 in einem Dorf im Südosten Westjavas, ist einer der ideenreichsten und sprachgewandtesten zeitgenössischen Erzähler Indonesiens. Tigermann aus dem Jahr 2004 ist beispielhaft für seinen eleganten Erzählstil und zeigt ihn als Meister der Beobachtung und psychologischen Deutung. Der Roman wurde bereits ins Englische, Französische, Italienische und Koreanische übersetzt.
Mein Eindruck:
Der Roman “Tigermann” handelt in Indonesien und beginnt mit einem Mord. Ein junger Mann hat einen älteren getötet, indem er ihn in den Hals gebissen hat. Was hat den sensiblen Jungen, der vorher nie aufgefallen war, dazu getrieben?
“Nicht ich war es, sondern der Tiger in mir!”, sagt Margio.
Liest man den Roman als Krimi, steht der Täter schon fest. Aber das Motiv entschlüsselt sich erst nach und nach, indem die Vorgeschichte erzählt wird. Es ist ein Familiendrama, das schon vor Margios Geburt startete.
Nuraeni wurde es schon als junges Mädchen vorbestimmt, den Friseur Kumar zu heiraten. Eine unheilvolle Abmachung, den der cholerische Kumar behandelt seine junge Frau brutal und lieblos. Nuraeni bekommt zwei Kinder, darunter Margio, der seine misshandelte Mutter sehr liebt und schließlich immer mehr den Tiger in sich spürt.
Diese Familiengeschichte lässt den Leser nicht kalt.
Es ist ein Roman eines indonesischen Schriftstellers mit großen sprachlichen Reichtum und viel Geschick beim Konstruieren einer raffinierten Geschichte. Natürlich prägt der Schauplatz Java den Roman und die Figuren im Handeln und Fühlen.
Mir gefällt auch sehr gut, dass der Autor viel anbietet, es aber weitgehend dem Leser überlässt ,was er Deuten oder Interpretieren möchte.
Für mich war Tigermann ein außergewöhnliches Leseerlebnis, dass meine persönliche literarische Weltreise bereicherte.