LR "Düsterbusch City Lights" von Alexander Kühne, Start am 15.08.2016

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    Original von Saiya


    Auf mich wirkt das so, als würde der Autor hier eine Art Erwartungshaltung erfüllen wollen, nämlich alles, was damals in der DDR passiert ist, unbedingt ins Lächerliche ziehen zu müssen. Vielleicht versucht er so, zu verhindern, dass seine Geschichte in diese "Ostalgie-Welle" reinrutscht. Früher war nicht alles besser, nur die West-Musik, die war total knorke.
    Das liest sich manchmal für mich ein bisschen verkrampft und zu sehr gewollt. Trotzdem macht es Spaß, die Geschichte zu lesen. Ich hoffe nur, er kommt irgendwann mal auf den Punkt und aus dem Stil der Kindheits- und Jugenderinnerungen heraus.


    Findest du, dass er es ins Lächerliche zieht? Ich empfinde es eher so, dass schon eine Erwartungshaltung bedient werden soll oder auch nur wird, aber mehr die zu zeigen, wie es so war und dabei beim Leser ein "Genau, das weiß ich noch!" hervorzurufen. Über diesen Punkt bin ich lange hinaus, und das ist einer der Gründe, warum sich bei mir eine leicht Ablehnung meldet. Nostalgie brauche ich bei diesem Thema wirklich nicht. Ich bin froh, dass es vorbei ist. Wer weiß, wo ich jetzt sonst wäre...
    Vielleicht beabsichtigt der Autor das aber auch gar nicht und ich tue ihm unrecht. Vielleicht ist es auch nur die Wehmut, mit der er an seine KIndheit und Jugend denkt und ich missdeute alles.
    Mal schauen, wie es sich weiter entwickelt.

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    Original von Clare
    Es ist ein Buch über die DDR, ein Leben, das in der DDR stattfand, aber es wurde erst jetzt geschrieben, nicht damals. Das ist nicht abwertend gemeint, aber DDR-Literatur ist es eben nicht, jedenfalls für mich und so wie ich es verstehe.


    Stimmt, ich erinnere mich, das hattest Du schon mal so erläutert. Meine Definition ist etwas weiter, aber ich habe ja auch einen anderen Blick auf die Zeit.
    Dann lesen wir also demnächst zusammen"Die Aula"? ;-)

  • Zitat

    Original von Clare


    Findest du, dass er es ins Lächerliche zieht? Ich empfinde es eher so, dass schon eine Erwartungshaltung bedient werden soll oder auch nur wird, aber mehr die zu zeigen, wie es so war und dabei beim Leser ein "Genau, das weiß ich noch!" hervorzurufen. Über diesen Punkt bin ich lange hinaus, und das ist einer der Gründe, warum sich bei mir eine leicht Ablehnung meldet. Nostalgie brauche ich bei diesem Thema wirklich nicht. Ich bin froh, dass es vorbei ist. Wer weiß, wo ich jetzt sonst wäre...
    Vielleicht beabsichtigt der Autor das aber auch gar nicht und ich tue ihm unrecht. Vielleicht ist es auch nur die Wehmut, mit der er an seine KIndheit und Jugend denkt und ich missdeute alles.
    Mal schauen, wie es sich weiter entwickelt.


    Der Ausdruck "ins Lächerliche ziehen" ist meinerseits etwas überspitzt formuliert. Aber ich denke, dass dies so gewollt ist bzw. das ist der Humor des Autors, mit dem er auf die damalige Zeit zurückblickt. Das zieht sich ja durch. Und ich empfinde es tatsächlich so, als wolle er eine Art "Ostalgie" unbedingt vermeiden oder sich eben genau darüber lustig machen.


    Ich finde es übrigens sehr spannend, wie du diese Geschichte ganz persönlich wahrnimmst. Ich selbst blicke ja aus der komplett anderen Perspektive auf die Geschichte.
    Allerdings unterschied sich das Leben in Düsterbusch in vielen Dingen auch nicht von dem Heranwachsen in einem kleinen Kaff im Westerwald.

  • Seiten 7 bis 76; Prolog bis Kapitel 10


    Alexander Kühne macht sich schon permanent über die bürokratischen Bedingungen und der Spießigkeit in der DDR lustig. Aber er selbst ist ja auch der Rebell, der gerade mit diesen starren Bedingungen extrem hadert. Wahrscheinlich wäre er in der Jugend aber auch mit den Obrigkeiten in der Bundesrepublik aneinander geraten und hätte sich später (also heute) über die Bürokratie im Westen lustig gemacht. In "Herr Lehmann" von Sven Regener läuft es ja nicht anders.

  • Zitat

    Original von xexos


    Stimmt, ich erinnere mich, das hattest Du schon mal so erläutert. Meine Definition ist etwas weiter, aber ich habe ja auch einen anderen Blick auf die Zeit.
    Dann lesen wir also demnächst zusammen"Die Aula"? ;-)


    Habe ich in meiner Jugend schon mal gelesen, aber ich habe kaum Erinnerungen, obwohl das ja noch nicht lange her ist :unschuld.
    xexos, fordere mich nicht heraus!
    Ich lese auch "Die Aula" mit dir. :wave



    Edit: Ich habe mal eben prophylaktisch "Die Aula" in der Bibo vorbestellt, kann ich im Oktober haben. Ich lese es zur Not auch alleine. :grin

    - Freiheit, die den Himmel streift -

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  • Zitat

    Original von Saiya


    Ich finde es übrigens sehr spannend, wie du diese Geschichte ganz persönlich wahrnimmst. Ich selbst blicke ja aus der komplett anderen Perspektive auf die Geschichte.
    Allerdings unterschied sich das Leben in Düsterbusch in vielen Dingen auch nicht von dem Heranwachsen in einem kleinen Kaff im Westerwald.


    Ich denke, dass Jugend immer schwierig ist, egal, wo man groß, erwachsen wird. Dorf bleibt Dorf, vor allem in den 80ern. Der Rahmen ist anders gewesen, die Möglichkeiten, aber Menschen hatten und werden immer miteinander Probleme haben, sich aneinander reiben, Generationskonflikte austragen.

  • Seiten 77 bis 151; Kapitel 11 bis 20


    Zitat

    Original von xexos
    Seiten 77 bis 151; Kapitel 11 bis 20


    Oh, war das wirklich auch die DDR? Dieses beschauliche und ordentliche Land? Also die anderen Zuhörer der Lesung in der Leipziger Kneipe sagten, dass sie sich an diese Zeit und die Disco erinnern können und das dies alles wahr ist. Ich hätte vermutet, dass die Vopos dies rigoros unterbunden hätten. Aber vielleicht war auch in der Provinz etwas möglich, was in einer Großstadt sofort verhindert worden wäre? Bei dieser Art der Opposition wäre ich selbst wohl lieber auf der Seite der Angepassten gewesen. :gruebel


    Klar gab es das.
    Ich mag gar nicht sagen, dass ich mich an dieses und jenes auch erinnere und dass es so war. Ich habe meine Erinnerungen, die ich aber nicht verklären mag. Es gibt genug gute Erinnerungen, aber ich bin froh, dass DDR vorbei ist.
    Ich hatte wirklich ein bisschen Angst, dass eben das bei dieser LR und in diesem Buch auf mich zu kommen könnte, aber zum ersten gibt es nicht so viele Ex-DDR-Eulen hier und zum zweiten kriegt der Autor für mich zunehmend besser die Kurve an der Ostalgie vorbei-

  • Seite 77 bis 151; Kapitel 11 bis 20


    Ich bin auch froh das die DDR Geschichte ist. Zum Glück war ich noch ziemlich jung als die Mauer fiel (ich habe es gerade zum Thälmannpionier gebracht) und kenne das meiste nur aus den Erzählungen meiner Familie.
    So Geschichten wie der Rauswurf aus der Lehre habe ich da auch gehört. Man musste immer aufpassen was man sagt.
    Was mich fasziniert ist, dass Anton zwar alles hinterfragt und schrecklich findet aber unbedingt bleiben will. Er denkt gar nicht an Flucht. Er will etwas verändern. Ich glaube solche Leute gab es nicht viele.

  • Zitat

    Original von Clare
    Ich habe mal eben prophylaktisch "Die Aula" in der Bibo vorbestellt, kann ich im Oktober haben. Ich lese es zur Not auch alleine. :grin


    Uih, gut. Also gleich Nägel mit Köpfen machen. :-]
    Ich könnte mir vorstellen, dass an dem Buch auch noch ein paar andere Interesse hätten. Oktober wäre vor dem Eulentreffen. Dies böte sich ansonsten als Werbeplattform auch noch an. :gruebel

  • Seiten 77 bis 151; Kapitel 11 bis 20


    Zitat

    Original von Clare
    Klar gab es das. (...) Es gibt genug gute Erinnerungen, aber ich bin froh, dass DDR vorbei ist.


    Ich hatte leider keine Verwandschaft in der DDR und war daher nur sehr selten dort. Als ich nach der Wende selbst einige Jahre in Erfurt lebte, wollte ich dort nicht immer alles in Frage stellen. Meine damalige Freundin wollte sich ihre Erinnerungen an die Kindheit in der DDR selbstverständlich auch nicht madig machen. ;-)

  • Seiten 152 bis 229; Kapitel 21 bis 29


    Viel hat der Anton ja nicht im Kopf. Er ist der typische Anti-Held. In der Schule versagt, obwohl er von der Intelligenz locker hätte mithalten können. Aus der Lehre rausgeschmissen, Freundin geschwängert und sitzen lassen und nun irgendwo im Dreck als Hilfsarbeiter gelandet. Die einzigen Fähigkeiten sind Musik und saufen. Ich bin aber immer noch erstaunt darüber, dass der Staat dies so laufen lies. Ich hätte mit noch mehr Führung und Kontrolle gerechnet.

  • Zitat

    Original von xexos


    Uih, gut. Also gleich Nägel mit Köpfen machen. :-]
    Ich könnte mir vorstellen, dass an dem Buch auch noch ein paar andere Interesse hätten. Oktober wäre vor dem Eulentreffen. Dies böte sich ansonsten als Werbeplattform auch noch an. :gruebel


    Mir wäre schon der Oktober lieber, denn da habe ich keine LR und ich wollte doch nur noch eine pro Monat lesen...
    Wir schauen mal. Es ist ja noch ein bisschen Zeit.

  • Seiten 152 bis 229; Kapitel 21 bis 29


    Dass sich Anton so treiben lässt, gut er ist sehr jung, deprimiert mich ziemlich. Das Draußen überschattet symbolträchtig das Innere. Typisch ist ein Satz auf Seite 222, als Anton aus dem Fenster sieht und die Armee-Trainingsanzüge (waren übrigens braun mit gelb)vor dem Regen zu fliehen scheinen - das ist alles so grau und trostlos. Tja, so war das halt. Und man konnte trotzdem leben und lebendig sein, wenn man wollte.
    Kummer, dieser Name, wäre gern anders, nur wie weiß er wohl noch nicht so recht, außer dass er ein Kunde sein will. :grin


    Zitat

    Original von xexos
    Seiten 152 bis 229; Kapitel 21 bis 29


    Viel hat der Anton ja nicht im Kopf. Er ist der typische Anti-Held. In der Schule versagt, obwohl er von der Intelligenz locker hätte mithalten können. Aus der Lehre rausgeschmissen, Freundin geschwängert und sitzen lassen und nun irgendwo im Dreck als Hilfsarbeiter gelandet. Die einzigen Fähigkeiten sind Musik und saufen. Ich bin aber immer noch erstaunt darüber, dass der Staat dies so laufen lies. Ich hätte mit noch mehr Führung und Kontrolle gerechnet.


    Ich denke, dass das dem Beruf und der Initiative der Mutter geschuldet war, die ihn in gewisser Weise beschützen konnt, solange er Kind war.

  • Seite 230 bis 307 (Kapitel 30 bis 42)


    Und Anton kämpft, stemmt sich gegen den Wind, ohne große revolutionäre Theorien, aber mit viel Herzblut und großer Sehnsucht.
    Er ist ganz unten und ist schon auf den Gleisen, und er steigt hoch mit seinem Club, der "Held des Fortschritts". Diesen Teil des Buches beherrschen Saufen, Sex und Antons Traum vom Einzug der Musikszene und des neuen Lebens ins Dorf, oh Verzeihung, nach Düsterbusch.


    Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wann FDJ und Polizei mal eingreifen, kontrollieren und alles auffliegt.


    xexos, du warst doch bei der Lesung.
    Ist die Geschichte komplett autobiografisch und so passiert?

  • Zitat

    Original von Clare
    Seite 230 bis 307 (Kapitel 30 bis 42)
    Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wann FDJ und Polizei mal eingreifen, kontrollieren und alles auffliegt.


    Genau das frage ich ja auch. Warum wurden die nicht näher analysiert und überwacht? Warum wurde da kein Spitzel eingeschleust? Bislang waren es aber auch nur asoziale Aktionen und keine Beleidigungen des Staates. Ich kann mich zumindest noch erinnern, dass die Grundhaltung der Jugend immer mit "alles sinnlos" beschrieben wurde.



    Zitat

    Original von Clare
    xexos, du warst doch bei der Lesung.
    Ist die Geschichte komplett autobiografisch und so passiert?


    Ich hatte weiter oben ja zwei Links kopiert. Ja, die Story ist wahr und der Autor Alexander ist der Protagonist Anton. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass einige der Details dramaturgisch aufgewertet wurden.

  • Zitat

    Original von xexos


    Genau das frage ich ja auch. Warum wurden die nicht näher analysiert und überwacht? Warum wurde da kein Spitzel eingeschleust? Bislang waren es aber auch nur asoziale Aktionen und keine Beleidigungen des Staates. Ich kann mich zumindest noch erinnern, dass die Grundhaltung der Jugend immer mit "alles sinnlos" beschrieben wurde.


    "Alles sinnlos" stimmt irgendwie schon. Die Möglichkeiten waren sehr eingeschränkt und man wusste, dass es Folgen hat, wenn man nicht in der Spur bleibt. Deshalb habe ich auch gefragt, ob die Geschichte so passiert ist.
    Du fragst nach dem Spitzel. Vielleicht ist das Anton selbst. Sie lassen ihn in gewissem Rahmen gewähren, aber sie beobachten ihn, wissen, was er ungefähr macht und schließlich auch mit wem. Das verschafft ihnen, sagen wir der Polizei und der Stasi, ein Menge Infos über ihn und seine Freunde, die noch nicht direkt etwas dem Staat schadendes machen, aber eine Menge subversive Subjekte anlocken, die sehr wohl offen gegen die DDR und ihr System sind und die für die Behörden viel interessanter sind. So wurden viele benutzt, ohne dass sie sich dessen überhaupt bewusst waren, glaub mir. Wenn einem selber noch nichts passiert war, war man viel zu naiv, um überhaupt zu merken, was da lief.



    Zitat

    Original von Clare
    xexos, du warst doch bei der Lesung.
    Ist die Geschichte komplett autobiografisch und so passiert?


    Ich hatte weiter oben ja zwei Links kopiert. Ja, die Story ist wahr und der Autor Alexander ist der Protagonist Anton. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass einige der Details dramaturgisch aufgewertet wurden.[/quote]


    Die Links habe ich übersehen und muss sie mir noch anschauen. Danke!

  • Seite 230 bis 307 (Kapitel 30 bis 42)


    Zitat

    Original von Clare
    Du fragst nach dem Spitzel. Vielleicht ist das Anton selbst.


    Das ist ja fast der schlimmste Effekt, den die Stasi mit ihrer Zersetzung erreicht hatte. Man konnte niemandem mehr vertrauen und jeder war latent verdächtig. Mir kommt auch gerade der Gedanke, dass Kühne durchaus aktiv Informationen weitergegeben hatte, um seine Disco zu veranstalten. Und wenn er das gemacht hat, wird er das weder bei einer Lesung noch in seinem Buch zugeben. Ein richtig böses Gift, dass da einem in den Kopf gesetzt werden kann. :-(

  • Zitat

    Original von LauraJane
    Seite 77 bis 151; Kapitel 11 bis 20
    Was mich fasziniert ist, dass Anton zwar alles hinterfragt und schrecklich findet aber unbedingt bleiben will. Er denkt gar nicht an Flucht. Er will etwas verändern. Ich glaube solche Leute gab es nicht viele.


    Das ist mir auch aufgefallen. Ich glaube, dass liegt an der Einsamkeit und der panischen Angst allein zu sein, die er als Kind beschrieben hat. Für ihn ist dieses "Nest" unglaublich wichtig.

  • Zitat

    Original von Clare
    Seite 230 bis 307 (Kapitel 30 bis 42)


    Und Anton kämpft, stemmt sich gegen den Wind, ohne große revolutionäre Theorien, aber mit viel Herzblut und großer Sehnsucht.
    Er ist ganz unten und ist schon auf den Gleisen, und er steigt hoch mit seinem Club, der "Held des Fortschritts". Diesen Teil des Buches beherrschen Saufen, Sex und Antons Traum vom Einzug der Musikszene und des neuen Lebens ins Dorf, oh Verzeihung, nach Düsterbusch.


    Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wann FDJ und Polizei mal eingreifen, kontrollieren und alles auffliegt.


    Und ich habe mich dazu noch die ganze Zeit gefragt, wann der Kerl endlich mal Verantwortung für sich, seine Taten oder auch seine Tochter übernimmt, anstatt sich ständig selbst leid zu tun. Mir ging hier sein Verhalten ziemlich auf die Nerven. Das hat sich dann auch leider bis zum Ende des Buches durchgezogen. Ich finde Anton ziemlich ätzend.