Vorneweg:
Ich lese selten lustige Bücher, weil sie mir meist zu profan oder nicht lustig genug sind. Auch tue ich mir oft mit schräger Realsatire schwer und bin kein Fan von Geschichten über Seelenwanderungen, Widergeburt, religiöse Themen und spirituelle Ergüsse.
Um beim Thema zu bleiben bin ich fast „wie die Jungfrau“ zu diesem Buch gekommen. Ich mag die historischen Romane von Ewald Arenz und habe das Buch in einem anderen Forum in einer Leserunden gewonnen.
über den Autor:
Ewald Arenz wurde 1965 in Nürnberg geboren, studierte englische und amerikanische Literatur sowie Geschichte und publiziert seit Beginn der neunziger Jahre. Er gehört zu den profilierten Autoren im süddeutschen Raum und wurde für sein literarisches Werk vielfach ausgezeichnet. In seinen Romanen und Erzählungen wahrt er "bemerkenswert die Balance zwischen Anspruch und Unterhaltung", wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. Seine literarischen Neigungen sind vielfältig: Er liebt die großen romantischen Begebenheiten wie in "Der Duft von Schokolade" ebenso wie die heiter-ironischen Geschichten aus "Meine Kleine Welt" oder in dem Familienroman "Ehrlich & Söhne".
Ewald Arenz, geboren 1965 in Nürnberg, wurde für sein literarisches Werk unter anderem mit dem Bayerischen Staatsförderpreis ausgezeichnet.
Inhalt:
Die unsterbliche Seele von Kurt Müller geht bei einem tödlichen Fenstersturz verloren, und ihr spurloses Verschwinden droht unversehens den Beginn der Apokalypse auszulösen.
Erzengel Jehudi kann jede Hilfe gebrauchen auf der Suche nach dieser Seele. Neben zwei arabischen Selbstmordattentätern, die gerade erst im Himmel angekommen sind, werden sowohl Kurts Tochter und deren beste Freundin als auch der gefallene Engel Abaddon in die verzweifelte Suche zwischen Himmel und Erde verwickelt. Aber selbstverständlich macht auch die höllische Fraktion nebst Höllenhund jagt auf Kurts Seele, die derweilen eine überraschende Reinkarnation erlebt hat. Schließlich mischt sich noch Erzengel Uriel mit einem ganz speziellen Plan ein und die Rettung der Menscheit wird dadurch nicht unbedingt einfacher.
Und wo ist überhaupt Gott in dieser Notsituation abgeblieben?
Meine Meinung:
Wer sich nicht sicher ist, ob das Buch etwas für ihn ist, sollte einfach die ersten Seiten der Leseprobe genießen. Ich war danach überzeugt, wenn das Buch nur ansatzweise meine Erwartungen erfüllt, könnte es eine nette Geschichte werden. Am Ende musste ich dann sagen: Ewald Arenz hat hier Alles richtig gemacht.
Ihm ist es gelungen, mich auf jeder Seite erneut zu überraschen mit seinem Wortwitz, dem beißenden Sarkasmus, der fröhlichen Ironie, den eingestreuten Schenkelklopfern, dem feinsinnigen Humor. Nebenbei gibt er einen realistischen, klugen Blick auf Weltreligionen im Allgemeinen, die Kirche und den Popantz, die Gesellschaft mit ihrer Verlogenheit und ihren einfältigen Ansichten über fremde Religionen, andere Glaubensrichtungen. Mutig strickt er aus Texten der Bibel und der Evangelien und seiner überbordenden Phantasie einen Himmel, in dem das Internet Einzug gehalten hat und die doppelte Buchführung praktiziert wird. In dem coole Engel keinen leichten Job haben und so manche illustre Seele auf ungewöhnliche Art und Weise dem göttlichen Auftrag dient. Man erfährt, wo derzeit die Verwaltungszentrale des Himmels ihren Hauptsitz hat und wo die Hauptzugänge zur Hölle zu finden sind. Dabei schreckt er auch vor real brisanten Themen nicht zurück. z.B. sind zwei der Hauptdarsteller muslimische Selbstmordattentäter, was einem ganz kurz mal ungut aufstoßen könnte.
O-Ton des Autors in der Leserunde hierzu: …. Aus menschlicher Sicht …. sind Selbstmordattentate… das Ende der Vernunft. Und mir steht leider kein anderes Mittel als der Humor zur Verfügung, um zu zeigen, wie unendlichen dumm ein vermeintlich politisches Mittel wie ein Selbstmordattentat ist…
Wie wahr gesprochen.
So hatte ich auch nie den Eindruck, Arenz würde sich über den Glauben oder die Gläubigen der verschiedenen Religionen lustig machen. Vielmehr schafft er es, den Blickwinkel so zu verändern, dass man tatsächlich auch über ernste und heikle Sachverhalte schmunzeln kann oder gar ins Grübeln gerät, was man denn selber für Gedanken dazu hätte. Bei aller Unterhaltung also durchaus eine Menge zum Nachdenken und genauer draufschauen.
Die Fülle der charmanten Einfälle und der funkensprühende Witz machen das Buch definitiv zu einem meiner Jahreshighlights. Ich liebe die Protagonisten dieser Geschichte und bin fast ein bisschen traurig, dass ich sie nur einmal so unvorbereitet kennenlernen kann. Ich wünschte mir, es gäbe diese Erzengel wirklich und der Himmel wäre so ähnlich, wie Arenz ihn ersonnen hat.
Ein Buch für Gläubige und Zweifler gleichermaßen, konfessionsübergreifend.
Von mir volle Punktzahl und eine ganz dicke Leseempfehlung.
Hier der Tipp vom Bayerischen Rundfunk. Tipp