'Freiheit' - Seiten 657 - Ende

  • Na, wenn das kein Abschluss ist!


    Zuerst dachte ich, dass in diesem Abschnitt die Geschichte kommt, die Richard Patty für Walter zu schreiben empfiehlt. Aber es kommt doch anders. Dieses Manuskript bekommt W. zwar dann doch noch, aber erst wird offen, wie W. gelebt hat in diesen Jahren ohne P. und auch ohne Lalitha, die tot ist.
    Sein Umweltkampf, den man in der Mitte des Romans noch für aus seiner Lebensmitte-Krise resultierend halten konnte, ist wirklich in ihm verwurzelt und sein Anliegen.
    Die Sache mit dem Kater...nun ja ;-)


    Dass Walter und Patty am Schluss doch wieder zusammen sind, kam für mich nicht überraschend. Das Wie fand ich gut gelöst. Ich bedanke mich beim Autor für seinen Realismus bei der Auflösung dieses Problems und dafür, dass er dabei ohne Zuckerguss ausgekommen ist.
    So rundet sich ein wirklicher Lesegenuss für mich gelungen ab.


    Es geht hier zum Schluss noch mal viel um Pattys Familie, die Mutter, die alles wollte für ihre Kinder, die Schwestern, die einander in ihrer Verschiedenheit so schwer verstehen. Gerade in ihren Vermittlungsversuchen zeigt Patty, dass sie sich wirklich verändert hat, stabiler geworden ist und reifer, mehr sie selbst als ein Bild für jemand anderen.

  • Yo, ich bin auch ganz angetan davon, wie das Zusammenkommen der beiden gelöst ist.


    Sehr ungewöhnliches und schönes Abschlusskapitel! Und genau die Art von kitschfreiem, aber Hoffnung gebendem Schluss, die ich sehr mag. :-]



    Dass Patty sich um ihre eigene Familie kümmert und sich auf jeden einzelnen einen Weile einlässt, um dann bei der Lösung der Erbschaftsfrage eine kluge Lösung anzuregen, m,it der alle leben können, hilft ihr auch aus der eigenen Kindheitsfalle herauszukommen. Aber natürlich auch ihre Arbeit als Lehrerin - ich glaube, das hat sie wesentlich verändert - zu merken, was sie gut kann und dies zu ihrem Beruf zu machen. Sie hat etwas Eigenes gefunden, ich glaube, das ist ganz wesentlich für ihre Entwicklung.
    Dass sie schließlich von Walter gerettet wird, aber eigentlich i h n rettet (nach dem Auftauen), indem sie die scheinbar ausweglose Feindschaft der Nachbarn so leicht und locker in Wohlgefallen auflöst, zeigt, dass sie Walter versteht und ihn so lassen kann, wie er ist, ohne sich selbst unglücklich und depressiv zu fühlen, wie früher.

  • Ich hatte dieses Ende absolut nicht erwartet, nach sechs Jahren totalem Schweigen, aber es hat mir sehr gut gefallen, ein wunderschönes Happy End ohne Sch´malz und Zuckerguss, super!


    Vor allem Patty hat sich in der Zeit der Trennung extrem weiter entwickelt und sich sogar mit ihrer Familie versöhnt, erstaunlich, wie sie es geschafft hat, die verzwickte Erbschaftangelegenheit aufzulösen, soviel Empathie für alle Beteiligten hätte ich ihr gar nicht zugetraut.
    Sie konnte, nachdem sie ganz unten war, wohl endlich das ewige Konkurrenzdenken ablegen und hat dann auf ganzer Linie gewonnen.

  • Zitat

    Original von Zwergin
    Ich hatte dieses Ende absolut nicht erwartet, nach sechs Jahren totalem Schweigen, aber es hat mir sehr gut gefallen, ein wunderschönes Happy End ohne Sch´malz und Zuckerguss, super!


    Vor allem Patty hat sich in der Zeit der Trennung extrem weiter entwickelt und sich sogar mit ihrer Familie versöhnt, erstaunlich, wie sie es geschafft hat, die verzwickte Erbschaftangelegenheit aufzulösen, soviel Empathie für alle Beteiligten hätte ich ihr gar nicht zugetraut.
    Sie konnte, nachdem sie ganz unten war, wohl endlich das ewige Konkurrenzdenken ablegen und hat dann auf ganzer Linie gewonnen.


    Das kann sie nur, weil sie inzwischen frei ist von dieser Gier nach Anerkennung, die sie ihr Leben lang begleitet hat. Sie will kein Geld, sie will Frieden und zur Ruhe kommen.

  • Zitat

    Original von Clare


    Das kann sie nur, weil sie inzwischen frei ist von dieser Gier nach Anerkennung, die sie ihr Leben lang begleitet hat. Sie will kein Geld, sie will Frieden und zur Ruhe kommen.


    Und gerade dadurch bekommt sie endlich auch Anerkennung, beruflich als Lehrerin und auch privat, z.B. bei den Nachbarn am "Namenlosen See", die sich ihr direkt öffnen.

  • Ende gut, alles gut.


    Durch den Tod von Ray, hat sich Patty mit den Eltern und Geschwistern ausgesprochen und vor allem mit Joyce und Ray versoehnt.
    Was wäre wenn, Ray nicht gerade jetzt gestorben?

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Zwergin
    ...
    Und gerade dadurch bekommt sie endlich auch Anerkennung, beruflich als Lehrerin und auch privat, z.B. bei den Nachbarn am "Namenlosen See", die sich ihr direkt öffnen.


    Ihre Lehrertätigkeit finde ich interessant, nicht das, was ich erwartet hätte, aber irgendwie sehr passend und wahrscheinlich sehr erfüllend für sie. Patty kann etwas für andere tun, jetzt wo sie sich vom Druck auf sich selbst befreit hat. Sie hat sich so verändert. Das freut mich sehr für sie.

  • Zitat

    Original von Clare


    Das kann sie nur, weil sie inzwischen frei ist von dieser Gier nach Anerkennung, die sie ihr Leben lang begleitet hat. Sie will kein Geld, sie will Frieden und zur Ruhe kommen.


    :write
    Und auch dass Walter und sie nicht am Haus am See geblieben sind, sondern er auch aus Rücksicht auf ihren Beruf mit ihr nach Brooklyn zieht, ist ein Zeichen dafür, dass beide sich frei gemacht haben.


    Mir hat dieses Ende sehr gut gefallen. Das war für mich ein echtes Hörerlebnis! Tolles Buch!

  • Entschuldigt, dass ich erst jetzt diesen Absatz kommentiere - in den letzten Tagen hatte ich einfach zu wenig Zeit, um in Ruhe zu posten.


    Ich habe mich auch gefreut, dass es einen Neustart für Patty und Walter gibt. Wie ich vorher schon mal irgendwo geschrieben habe, ich glaube nicht, dass Beziehungen gekittet werden können, aber ich glaube an Neustarts auf anderer Ebene. Beide haben sich weiterentwickelt, Erfahrungen gemacht und können nun, wie man so schön sagt, auf Augenhöhe neu beginnen. Patty rettet Walter vor dem Leben als grumpy old man, der sich und seiner Nachbarschaft das Leben zur Hölle macht und sie selbst hat einige ihrer alten Baustellen abschließen können und ist jetzt frei für etwas neues.


    Insgesamt ein sehr gutes Buch - an manchen Stellen war er mir allerdings zu ausführlich und es gab auch ein paar Wiederholungen. Etwas kürzer wäre vielleicht besser gewesen. Der einzige wirkliche Kritikpunkt für mich ist die Art, wie er Handlungsstränge beendet - Jenna und ihr Bruder werden nach der missglückten Reise überhaupt nicht mehr erwähnt, Lalitha hat einen tödlichen Unfall, Joeys Ehe funktioniert auf einmal. Dieses "schnell alles zu einem Ende bringen" gefällt mir nicht so wirklich.

  • Zitat

    Original von Ellemir
    Der einzige wirkliche Kritikpunkt für mich ist die Art, wie er Handlungsstränge beendet - Jenna und ihr Bruder werden nach der missglückten Reise überhaupt nicht mehr erwähnt, Lalitha hat einen tödlichen Unfall, Joeys Ehe funktioniert auf einmal. Dieses "schnell alles zu einem Ende bringen" gefällt mir nicht so wirklich.


    Im Prinzip gebe ich dir da recht, nur dass Jenna und ihr Bruder so sang und klanglos aus der Geschichte verschwinden, finde ich schon passend, Joey ist da 19 oder 20, weiß nicht mehr genau, in dem Alter können vorher ganz wichtige Freunde schnell völlig aus dem Leben verschwinden.
    Warum seine Ehe aber so perfekt funktioniert, das wüsste ich auch gerne näher.

  • :fetch :nono Oh nein, ein Happy End! Ich finde, das passt gar nicht! So schade! Walter als alleinlebender Kauz und Patty als glückliche Lehrerin, jeder eigenständig, das wäre doch wunderbar gewesen. Aber dieses halbgare Happy End versaut mir das Buch ein wenig.


    Zitat

    Original von Clare
    ...
    Dass Walter und Patty am Schluss doch wieder zusammen sind, kam für mich nicht überraschend. Das Wie fand ich gut gelöst. Ich bedanke mich beim Autor für seinen Realismus bei der Auflösung dieses Problems und dafür, dass er dabei ohne Zuckerguss ausgekommen ist.
    So rundet sich ein wirklicher Lesegenuss für mich gelungen ab.
    ...


    So unterschiedlich sind Geschmäcker! :lache
    Ich finde, diese Erfrierungsnummer total überzogen, deshalb unrealistisch. Walter sträubt sich und kaum berührt er Patty, fallen sie übereinander her. So hormongesteuert schien Walter mir gar nicht. Nun ja...


    Ich finde den Titel wirklich sehr passend und auch gelungen, wie vielschichtig Franzen diesen Faden immer wieder aufnimmt und weiterspinnt. :anbet


    Zitat

    Original von Zwergin


    Im Prinzip gebe ich dir da recht, nur dass Jenna und ihr Bruder so sang und klanglos aus der Geschichte verschwinden, finde ich schon passend, Joey ist da 19 oder 20, weiß nicht mehr genau, in dem Alter können vorher ganz wichtige Freunde schnell völlig aus dem Leben verschwinden.
    Warum seine Ehe aber so perfekt funktioniert, das wüsste ich auch gerne näher.


    :write
    Joey hat sich weiterentwickelt und Connie ist nicht mehr sein einziger Lebensinhalt. Außerdem studiert sie. Ich habe das so verstanden, dass sie dadurch die Kurve gekriegt haben.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    So unterschiedlich sind Geschmäcker! :lache
    Ich finde, diese Erfrierungsnummer total überzogen, deshalb unrealistisch. Walter sträubt sich und kaum berührt er Patty, fallen sie übereinander her. So hormongesteuert schien Walter mir gar nicht. Nun ja...


    Bei allem, was passiert ist, kommen sie doch nicht voneinander los, auch nicht nach all den Katastrophen und Verletzungen. Vielleicht klingt das platt, aber das ist wohl Liebe.
    Aber ich gebe dir Recht: die Draußen-ist es-kalt-Szene fand ich auch etwas zu viel.


    Zitat


    Ich finde den Titel wirklich sehr passend und auch gelungen, wie vielschichtig Franzen diesen Faden immer wieder aufnimmt und weiterspinnt. :anbet


    Franzen hat mich wieder mit der Art, wie er seine Geschichte sich entwickeln lässt und seine Figuren entblättert, wieder fasziniert. Er beginnt mit einem Knall und einer Flut von Fakten und Personalien und gibt dann nach und nach Lebendigkeit und Konflikte dazu. Ich mag das sehr.

  • Walter war tief verbittert und in seinem Selbstmitleid selbst komplett eingefroren. Franzen arbeitet nach meinem Empfinden sehr viel mit Metaphern. Die Katze und Haustiere allgemein war ja auch eine. Über die nahende Erfrierung seiner Frau erkennt er erst seine eigene innere Vereisung.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen und die Rätsel der ersten 40 Seiten lösten sich beim zweiten Lesen auch alle auf.


    Welches war Franzens anderes Buch, dass ihr in einer LR gelesen habt? War das Korrekturen?

  • Zitat

    Original von xexos
    Walter war tief verbittert und in seinem Selbstmitleid selbst komplett eingefroren. Franzen arbeitet nach meinem Empfinden sehr viel mit Metaphern. Die Katze und Haustiere allgemein war ja auch eine. Über die nahende Erfrierung seiner Frau erkennt er erst seine eigene innere Vereisung.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen und die Rätsel der ersten 40 Seiten lösten sich beim zweiten Lesen auch alle auf.


    Welches war Franzens anderes Buch, dass ihr in einer LR gelesen habt? War das Korrekturen?


    "Die Korrekturen" haben mir noch besser gefallen. :wave

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von xexos
    Daneben gibt es noch Unschuld, das habt ihr aber nicht gelesen, oder? In einer Amazon-Rezession las ich, dass die drei Bücher sehr ähnlich sein sollen. :gruebel


    Meine Chor-Nachbarin hat gerade Unschuld gelesen und war sehr begeistert. Das könnte doch ein Querbeet-Buch im nächsten Jahr werden. Habe ich schon notiert. :write

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • "Unschuld" ist noch nicht vorgeschlagen, aber das hatte ich mir auch für das nächste Jahr gemerkt.


    Schön, das dir das Buch gefallen hat, xexos! Mir geht es auch wie Frau Fisch: ich fand "Die Korrekturen" noch besser. Die Konflikte und die Figuren liegen da noch offener und nackt (EDIT für xexos - gemeint ist bloß, ihrer schützenden Masken beraubt, mit grellem Scheinwerferlicht ausgeleuchtet ohne die Möglichkeit des Versteckens) vor dem Leser, und es bleibt trotzdem genügend Raum für Interpretationen.

    - Freiheit, die den Himmel streift -

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