Engelsgift - Susanne Ayoub

  • Kein Krimi/Thriller im herkömmlichen Sinn...


    Kurzbeschreibung:
    In einem Sensationsprozess wird Karoline Streicher 1938 in Wien wegen vierfachen Giftmordes zum Tode verurteilt. Als Marie Horvath sechzig Jahre später ein Drehbuch über den "Dämon mit dem Engelsgesicht" schreibt, liefert Karolines Sohn eine neue Version der Verbrechen: Seine Mutter war eine Bestie - aber keine Mörderin. Wurde Karoline Opfer eines Justizirrtums? Immer tiefer verstrickt sich Marie in die dunkle Vergangenheit, in das Geheimnis des perfekten Mordes, und ahnt nicht, welche Gefahr ihr droht.


    Über die Autorin:
    Susanne Ayoub, geboren in Bagdad, lebt als freischaffende Autorin in Wien. Nach dem Studium der Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte arbeitete sie als Sendungsgestalterin, Dramaturgin und Regisseurin bei Radio und Fernsehen. Sie schrieb Theaterstücke, Drehbücher, Hörspiele und gründete die Theatergruppe TRIO, für die sie Stücke schrieb und inszenierte. Ihr erster Roman „Engelsgift“ erschien 2004 im Hoffmann und Campe Verlag.


    Über die Sprecher:
    Ernst Konarek (geb. 1945), Lena Stolze (geb. 1956) und Victoria Trauttmansdorff (geb. 1960) sind österreichische Fernseh- und Theaterschauspieler, die außerdem auch als Hörbuchsprecher(in) tätig sind.


    Meine Meinung:
    Susanne Ayoub erzählt in ihrem Debütroman "Engelsgift" eigentlich die Geschichte eines wahren Kriminalfalls, der sich in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen in Wien ereignet hat. Auch wenn die Dame hier unter dem Namen "Karoline Streicher" auftritt, sind die Parallelen zu dem Fall der Martha Marek unverkennbar. An dieser Stelle der Hinweis: Wer sich die Spannung nicht nehmen möchte, sollte die Recherche über eben jene Dame erst nach dem Hörbuch aufnehmen, sonst wird zu viel von der Handlung vorweggenommen.


    Sowohl die Protagonistin als auch ihr historisches Vorbild wachsen in schwierigen Zeiten auf und sind - vorsichtig ausgedrückt - mindestens ebenso schwierige Persönlichkeiten. Susanne Ayoub zeichnet sie berechnend, verzweifelt und doch ein bisschen naiv - doch jedes Mal, wenn ein klitzekleiner Funken Sympathie hätte überspringen können, löscht sich dieser Funke von selbst mit nur einem Wort oder einer Handlung der Karoline Streicher. Dabei sind die anderen Figuren nicht wesentlich besser, wer sich in den Dunstkreis dieser Familie begibt, ist umgeben von Hass, Betrug, Gewalt und Rache. Die daraus zwangsläufig resultierende düstere Grundstimmung setzt sich Stück für Stück zusammen durch die Stimmen verschiedener Personen, die ein Mosaik des Grauens weben, dessen Details die Autorin dem Hörer nicht erspart.


    Daneben gibt es einen Handlungsstrang in der Gegenwart um die Journalistin Marie, die nach einem privaten Schicksalsschlag mit einer Neuauflage der Geschichte von Karoline Streicher beruflich neu durchstarten will. Diesen Handlungsstrang und seine Verquickung mit der Vergangenheit hätte ich nicht gebraucht und auch das Ende wirkt sehr konstruiert und schnell abgehandelt. Letzteres kann, muss aber nicht, an den Kürzungen der Hörbuchversion liegen. Die verschiedenen Erzähl- und Zeitebenen auseinander zu halten, ist trotz verschiedener Sprecher nicht leicht. Diese sprechen alle einen mehr oder weniger ausgeprägten Wiener Dialekt, der sich nach kurzer Eingewöhnungszeit wunderbar in die Handlung einfügt.


    "Engelsgift" ist weder inhaltlich, noch sprachlich noch stilistisch leichte Kost. Wer sich aber darauf einlässt, hört eine ebenso fazinierende wie erschreckende und grausame Geschichte, der man sich nicht entziehen kann.


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