Liebste Fenchel - Peter Härtling

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    Im Schatten des berühmten Bruders


    Fanny ist ein Mädchen mit dunklen seelenvollen Augen und großer musikalischer Begabung. Aber Komponieren ist nichts für Frauen, befindet der Vater und später auch ihr Bruder, Felix Mendelssohn-Bartholdy. Doch unverdrossen und gefördert von ihrem Ehemann komponiert und dirigiert sie.


    Einfühlsam zeichnet Peter Härtling das Leben von Fanny Hensel-Mendelssohn nach und entwirft zugleich ein Gesellschaftsporträt, da die Familie mit vielen berühmten Persönlichkeiten verkehrte, von Heine, Kleist und den Varnhagens bis zu Geheimrat Goethe.


    Nach den hochgelobten Romanen über Hölderlin, Schubert, Hoffmann und Schumann: Härtlings Porträt von Fanny Hensel-Mendelssohn, Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy.


    Meine Meinung


    Das Buch wurde in unserem deutschen Lesekreis gewählt und so musste ich mitlesen. Alleine hätte ich es mir nie ausgesucht, lese sonst keine Biographien und auch das Thema sagte mir erst nicht wirklich was.


    Mein erster Versuch mich ins Buch einzulesen schlug dann auch prompt fehl. Ich war total verwirrt. Dann hab ich erstmal gegoogelt, sowohl zur historischen Person von Fans Hensel-Mendelssohn als auch zu Härtlings ungewöhnlichen Einstieg mit seinen eigenen Gedanken.


    Der zweite Versuch, noch einmal von vorne, hatte mich dagegen von Anfang an überzeugt. Es ist Härtlings wunderschöne poetische Sprache, die den Leser gleich mitzieht.


    Dazu bietet das Leben der Mendelssohn Familie auch allerhand Stoff für einen Roman: eine prominente jüdische Familie, Verbindungen mit Größen der Geschichte wie Goethe, gleich zwei musikalische Wunderkinder, zu einer Zeit, in der Frauen als Musiker/Komponisten nicht zu sehen waren.


    Härtling hat da eine sehr gute Balance gefunden zwischen historischen Fakten (z.B. Briefe der Familie) und seinen eigenen Ideen, mit denen er die Lücken für diesen Roman füllt. Der Leser erhält ein sehr umfassendes Bild von der Zeit, den Menschen - und natürlich von der Musik. Ich bin gar nicht mal so sehr auf klassische Musik eingespielt, dennoch konnte mich Härtling für die musikalischen Ausflüge hier gewinnen.


    Ganz mit Absicht verzichtet der Autor weitgehend auf die Nennung von Jahreszahlen im Text. Das hat einerseits den Vorteil, dass man sich voll auf die Menschen konzentrieren kann. Aber andererseits fehlte mir die Einbettung in den historischen Hintergrund doch etwas dadurch. Von den Beschreibungen des Lebens her, die beschwerlichen Reisen nach Italien u.a. kommt natürlich schon sehr viel rüber, wie das Leben im 19. Jhd. aussah, aber die Jahreszahlen hätten mir persönlich da etwas mehr bodenständiges gegeben.


    In unserem Lesekreis wurde es allgemein sehr positiv aufgenommen. Eine Leserin war so begeistert, dass sie nun alles andere von Härtling unbedingt lesen will. Wir hatten allerdings auch eine Leserin dabei, die einfach nicht an der Zeit interessiert war.


    Ich war froh, dass ich hier sozusagen zu meinem Glück gezwungen wurde. Ich glaub nicht unbedingt, dass ich mehr von Peter Härtling lesen werde, einfach weil das nicht wirklich mein Beuteschema ist. Aber es war ein wunderschöner Ausflug in eine etwas andere Welt. Ein etwas langsameres Lesen, ein langsameres Leben damals. Und sehr interessante Persönlichkeiten, die ich gerne kennengelernt habe.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

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