Wenn du geredet hättest, Desdemona - Christine Brückner

  • ungehaltene Reden ungehaltener Frauen


    Hoffmann und Campe
    Gebundene Ausgabe, 1984


    Kurzbeschreibung:
    Eine Sammlung von fiktiven Reden von aus Literatur oder Geschichte bekannten Frauen.


    In ihren ungehaltenen Reden ungehaltener Frauen setzt Christine Brückner das Jahrhundertlang übliche Bezugs-Verhältnis zwischen Männern und Frauen voraus, um es danach in seiner Absurdität sichtbar zu machen. Und wie das geschieht - mit wieviel Schalksinn. Einfallsreichtum und amüsantes Umkehren aller Verhältnisse! Und immer gegen den Strich gebürstet.


    Über die Autorin:
    Christine Brückner (1921 - 1996) zählt zu den renommiertesten Unterhaltungsschriftstellerinnen Deutschlands. Sie verfasste Romane, Erzählungen, Kommentare, Essays, Schauspiele, auch Jugend- und Bilderbücher. Besonders mit der Poenichen-Trilogie wurde sie einem großen Publikum bekannt.


    Mein Eindruck:


    Ich war nie ein Leser der Romane von Christine Brückner, aber diese kurzen Reden, die die Autorin weiblichen Figuren der Weltliteratur nachträglich in den Mund legt, sind gut gemacht und hätten den Verlauf ihrer Geschichten geändert, wenn sie so gehalten worden wären. Das trifft besonders auf Shakespeares Desdemona zu, die hier zu Othello spricht, der sie gerade erwürgen will und ihm die Leviten liest. Diese klaren Worte hätten ihr vielleicht das Leben gerettet.


    Der Untertitel des Buches lautet: „ungehaltene Reden ungehaltener Frauen“ und ist sicher zutreffend.


    Besonders gut gefallen hat mir auch die erste Story: Ich wär Goethes dickere Hälfte. Christiane von Goethe im Vorzimmer der verwitweten Oberstallmeisterin Charlotte von Stein
    Auch der Monolog von Effi Briest "Triffst du nur das Zauberwort" ist nachvollziehbar.


    Brückner versucht sich manchmal, aber nicht immer, auch darin, den Tonfall ihrer Figuren zu finden. Die Worte der RAF-Terroristin Gudrun Ensslins in der Rede gegen die Wände der Stammheimer Zelle bleiben unerbittlich.


    Ein paar Reden habe ich mir noch aufgespart, zum Beispiel Maria in der judäischen Wüste, die aber schon mal interessant beginnt.


    Es gibt anscheinend auch noch eine erweiterte Ausgabe mit zusätzlichen Reden, unter anderen die Rede der Eva Hitler, geb. Braun, im Führerbunker.
    Das würde ich bei Gelegenheit auch noch lesen.