Gebundene Ausgabe: 368 Seiten
Verlag: Kindler; Auflage: Originalausgabe (22. April 2016)
ISBN-13: 978-3463406732
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 19.95
Preis Kindle E-Book: Euro 16.99
Autor
Jochen Metzger stammt aus Baden und lebt seit vielen Jahren in Norddeutschland. Er studierte in Tübingen Philosophie und Rhetorik und in Oldenburg Germanistik, Psychologie und Soziologie. Er arbeitet als freier Journalist und Autor u.a. für die Zeitschrift "Psychologie Heute".
Kurzbeschreibung / Klappentext
Auch in Sandheim, einem kleinen badischen Dorf, hat der Krieg Spuren hinterlassen. Größere Einschläge sind ausgeblieben, aber die, die noch immer fort sind, werden schmerzlich vermisst: Väter, Söhne, Ehemänner, ohne deren Hilfe man Felder bestellen und das tägliche Leben meistern muss. Längst hat man sich den Umständen angepasst: Die Markthalle, in der einst Tabak gewogen wurde, ist zum Lazarett geworden, die Keller bieten Schutz vor Fliegerangriffen, vor den Pflug spannt man zur Not auch Kühe. Und dann heißt es, der Krieg sei verloren. Die deutschen Soldaten befinden sich auf dem Rückzug, jeden Tag erwartet man die Truppen der US-Armee.
Zur gleichen Zeit wird ein marokkanisches Regiment unter französischer Flagge über den Rhein geschickt. Zweihundert Meter über das Wasser, zweihundert Meter ohne Deckung, zweihundert Meter in einem Boot einem Feind entgegen, der seine Heimat verteidigt. Und dann naht der einzige Tag, an dem der Krieg wirklich zu Gast ist in Sandheim. Dieser Tag, der niemals hätte sein dürfen.
Meine Meinung
Es wurden unzählige Bücher über den 2. Weltkrieg geschrieben und doch gibt es immer noch Taten und Vorgänge über die kaum gesprochen und über die eine dicke Decke des Schweigens gelegt wird. Da sind beispielsweise ungesühnte Verbrechen alliierter Kriegstruppen die auf deutschem Boden begangen wurden. Einzelne der vermeintlichen Befreier vom Nazi Terror vergingen sich an der Zivilbevölkerung. Der Schriftsteller Jochen Metzger greift in diesem Buch ein finsteres Kapitel aus der Endphase des 2. Weltkriegs auf und macht ein fiktives Bauerndorf in Baden stellvertretend zum "Schauplatz" solcher Übergriffe. An und für sich ist das kleine Dorf Sandheim vom Krieg mehr oder weniger verschont geblieben. Natürlich mussten viel Männer in den Krieg ziehen und dies bedeutete einen herben Verlust für die Daheimgeblieben aber grundsätzlich ist man vom Frontverlauf weit entfernt.
Im Jahre 1945 nähert sich von Westen her das französische Heer unaufhaltsam aus dem Elsass Richtung Baden-Württemberg. Auf der Seite der Franzosen kämpfen Truppen der afrikanischen Kolonialarmee. In dieser Geschichte sind es marokkanische Soldaten die sich selbst Goumiers nennen. Sie sind bei der Überquerung des Rheins an vorderster Front und bezahlen für ihre Tapferkeit einen hohen Blutzoll. Aufputscht mit Adrenalin vom Schlachtgetümmel, dem Verlust von sterbenden Kameraden und der Verwunderung trotz heftigem Beschuss immer noch am Leben zu sein nehmen sie sich das was siegreiche Streitkräfte seit vielen Jahrhunderten tun: Sie nehmen ein Plünderungs- und Vergewaltigungsrecht für sich in Anspruch. Die französischen Offiziere ahnden diese Übergriffe auf weibliche Zivilisten aber ist Untat erst geschehen, müssen die Opfer mit den Folgen für Körper und Psyche selbst klarkommen. Notabene in einem zerstörten Land in dem es kaum medizinische Versorgung gibt.
Jochen Metzger erzählt in Teilen dieses Romans eine Greuelgeschichte die unter die Haut geht. Bei den heftigen Passagen hält er sich in Sachen Beschreibung dankenswerter Weise recht kurz. Da er aber die Figuren vorgängig dem Leser sorgsam ans Herz gelegt hat, spürt man bei der Lektüre diesen redensartlichen Kloss im Hals. Nicht nur erwähnens- sondern lobenswert ist der Schreibstil. Die ruhige Tonlage mit der er die beklemmende Geschichte erzählt finde ich unglaublich berührend. In gewisser Weise trägt dieser Erzählstil dazu bei, das Gelesene im erträglichen Rahmen zu halten und schafft eine Konzilianz von Autor und Inhalt zu den Lesern.
In diesem eindrücklichen Roman zeigt der Autor das eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit schmerzhaft sein kann. Erzwungene und selbstgewählte Entscheidungen prägen diese Geschichte und bleiben im Gedächtnis haften. Wie der Autor das Schaurige mit der Schönheit des Sprache verbindet schafft Nähe und Distanz zugleich und ist ein triftiger Grund dieses Buch zu kaufen und zu lesen. Wertung: 8 bis 9 Eulenpunkte