Broschiert: 352 Seiten
Verlag: Wunderlich
erschienen am 21. Mai 2016
zum Inhalt:
Jule Meyer ist geschieden und ihre 21jährige Tochter Lotte zieht gerade zu ihrem Freund. Demnächst ist sie also in ihrer Wohnung wieder allein. Auch beruflich hat sich Routine eingeschlichen. Seit 18 Jahren arbeitet sie bei derselben Firma für denselben anspruchsvollen und schlecht gelaunten Chef. So kommt das Angebot des Frollein-Salon-Orchesters gerade zum richtigen Zeitpunkt. Deren Ukulelespielerin ist ausgerechnet vor der großen Tournee in Mexiko ausgefallen und Jule soll sie nun ersetzen. Doch statt mit den anderen Damen musikalische Unterhaltung zu bieten, kommt alles ganz anders. Gleich nach der Ankunft wird Jule vom Fahrer eines Luxuskonzerns mit der Vorstandsvorsitzenden verwechselt. Bevor auch Jule das Missverständnis aufklären kann, steckt sie schon zu tief drin. Ihre neuen Freunde Richard und Ada, die sie auf dem Flug kennengelernt hat, unterstützen sie bei dem Theaterspiel. Zu dumm nur, dass Jule auch dem attraktiven Dolmetscher Carlos gefällt.
meine Meinung:
Mia Sassen stellt mit „Plötzlich mächtig“ ihren zweiten Roman vor. Auch hier geht es nicht um reine Unterhaltung, sondern um Entscheidungen im Leben, denen sich wohl jeder irgendwann einmal stellen muss. Die Protagonistin ist mit Mitte 40 wieder ungebunden und nutzt die Chance auf eine Reise über den Atlantik. Was nur eine Auszeit vom Alltag bedeuten sollte, stellt hinterher alles in Frage. In Mexiko darf sich Jule, die sonst als Angestellte alle möglichen Statistiken errechnet, als Vorstandsvorsitzende mächtig fühlen. Ihr wird von einen auf den anderen Tag Personal an die Seite gestellt und Entscheidungen um das weitere Vorgehen einer Firma abverlangt, die sie gar nicht kennt. Außerdem besteht immer die Gefahr, dass jemand anderes Jule als Hochstaplerin entlarvt. Vielleicht hätte sie den Fehler doch gleich aufklären sollen, aber es reizt natürlich auch, einmal die wirklichen Problemfälle im Sinne der Angestellten zu bearbeiten. Bei all dem Trubel kann man auch schon mal die Belange des Orchesters vergessen. Diese skurrile Situation birgt natürlich auch viel Potential für humorvolle Einlagen. Zudem ist die Mexikanische Firmenkultur nicht mit der Deutschen identisch, sodass auch hier viele Lacher entstehen. Fein beobachtet wurde hier aber der zwischenmenschliche Umgang. Jule nimmt den Leser eindeutig mit ihrer sympathischen Art für sich ein. Immer wieder stellt man sich beim Lesen die Frage, ob man wohl ebenso gehandelt hätte.
Die Handlung wird mit Witz temporeich erzählt. Zur Verwechslungskomödie kommen noch zwei Portionen Freundschaft und eine Portion Traummann. Jule überzeugt bei den Sitzungen genauso wie beim Tanz auf dem Dorfplatz von Merida. Die Hauptfiguren werden lebendig gezeichnet, sodass sofort zwischen Palmen, Tortillas und türkisblauem Wasser ein Kopfkino startet. Das Versteckspiel wird zudem logisch aufgebaut, sodass es stets auch plausibel ist. Keiner würde allerding annehmen, dass Jule einfach so für immer ihren Platz im Leben eintauschen könnte. Daher erwacht der Leser irgendwann aus der atemlosen Spannung und drückt ihr ganz fest die Daumen. Wenn ein Buch so sehr emotional berührt, kann es nur eine unbedingte Leseempfehlung bekommen.