'Feine Leute' - Seiten 001 - 093

  • Oh, bin ich die Erste? Na, dann fange ich mal an.


    Ein Prolog, der einen Mord oder Selbstmord andeutet, dabei vieles offen lässt.
    Im wird ersten Leseabschnitt in vielen Splittern immer nur ein kleines Stück erzählt, dabei zeichnet sich ab, dass es zwei Figuren gibt, um die sich im Kern alles dreht: Paul, der Polizist und Carl, der Schauspieler - die beiden sind ein heimliches Liebespaar.
    Allerdings nur in den Erinnerungssplittern der beiden, denn, wie sich zeigt, sind sie momentan getrennt, eine Eifersuchtsszene, Streit. Dies alles nicht geradeaus erzählt, sondern in verschachtelter Form, als heimliche Gedanken während eines Gespräches, ein andermal während eines Interviews...
    Die Krimihandlung wird noch mehr zersplittert, da auch sie verschachtelt erzählt und kunstvoll vergeheimnisst wird. Dazu wird jede Menge Personal aufgefahren, allerdings so, dass ich beim Lesen nei wusste, ob das jetzt ein Name ist, den ich mir merken muss oder nur eine unwichtige Randfigur, die zu irgendeinem Zwecke nur einmal kurz auftritt. Da fast jeder der vielen kurzen Abschnitte mit einem offenen Ende a la Kurzgeschichte noch mehr Fragen aufwirft, wurde es für mich nach einiger Zeit extrem unübersichtlich.
    Also, trotz sehr schöner Passagen - mir gefiel die Liebesgeschichte von Carl und Paul - war es kein reines Vergnügen für mich, den ersten Leseabschnitt zu lesen. Wenn ich so überschüttet werde mit angerissenen und offengelassenen Handlungssplittern und einer Menge Nebenfiguren, deren Bedeutung im Rahmen der Handlung sich nicht oder kaum erschließt, dann komme ich mir vor wie in einem Insider-Roman, den ich gar nicht verstehen soll.
    Aber da der erste Leseabschnitt i.d.R. dazu dient, die Protagonisten vorzustellen, etc. und den Rahmen aufzubauen, Andeutungen zu machen, erste falsche Fährten zu legen usw. hoffte ich, dass ich im 2. Abschnitt dann belohnt werde mit einem übersichtlicheren Fortgang der Handlung.


    Inhaltlich gesehen hoffte ich auf eine Versöhnung der beiden Turteltäubchen und dass sich die Rätsel um den Pastor und seine Frau, um Alfons Buchholz aufklären und ich eine Chance bekomme, entspannt lesen zu können, weil es unterhaltsam wird.


    Stilistisch gesehen gibt es vieles, was mir gefällt, raffiniert schöne Formulierungen ganz beiläufig eingestreut und geschickte Kunstgriffe wie die Erinnerung an das Liebesfrühstück während man in einem anderen Gespräch steckt.
    Weniger dieser ineinander verflochtenen Stränge wären allerdings in einem Roman sinnvoller um der Verständlichkeit willen.

  • Zitat

    Original von Knoermel
    Da wir NRW-Eulen ja schon in den Genuss einer tollen Lesung gekommen sind, habe ich beim Lesen immer die Stimme von Joan im Hinterkopf :-]


    Ich bin noch nicht durch mit dem ersten Abschnitt, aber das kann ich so :write. Das hat mir das Lesen der ersten paar Seiten sehr versüßt. :grin

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf


    Ich bin noch nicht durch mit dem ersten Abschnitt, aber das kann ich so :write. Das hat mir das Lesen der ersten paar Seiten sehr versüßt. :grin


    :grin Es ging mir ganz genauso. Ich bin auch noch mitten im Abschnitt und habe Joans Stimme im Kopf.

  • Da seid ihr NRW-Eulen echt im Vorteil, ich höre nix :chen


    Richtig gepackt hat es mich noch nicht. Carl kommt mir wie ein 22jähriger Gockel vor und dann diese Eifersüchteleien zwischen den beiden, wohin das wohl noch führen wird? :gruebel

  • Mir gefällt es bisher gut.


    Mein Lieblingszitat steht auf S. 66, auf der Carl erzählt, er habe seinem 'Mädchen' auf die Schuhe gekotzt:
    "Es geht doch nichts über einen verheerenden ersten Eindruck. Da kann man hinterher nur noch gewinnen." So wahr! :lache


    Paul ist mir am sympathischsten, Carl ist mir noch zu grün hinter den Ohren. Wie alt ist Paul eigentlich? Ist er wirklich so viel älter als Carl, der ja glaube ich 22 oder 23 ist?


    Die Szene zwischen Carl und Urte fand ich herrlich. Der Dialog hat mich oft grinsen lassen. Das war auch bei späteren Szenen so, diese eingestreuten Kommentare über die gesellschaftlichen Konventionen machen richtig Spaß zu lesen.


    Ich kann verstehen, dass einige Schwierigkeiten mit dem Roman haben, man muss sich auf ihn konzentrieren und kann schlecht mal grade nebenher lesen. Besonders die Handlung, die bisher so am Rande stattfindet und durch die wir viele Personen kennenlernen, kann man noch schlecht miteinander verknüpfen.
    Emil Baunzer (der Werbetexter) und Kurt Flamm (der Junkie, der anscheinend auf dem Land war und jemanden getötet (?) hat) sind ja schon mal zusammen aufgetreten. Mich irritiert bisher Alfons Buchholz am meisten, der auf der Suche nach irgendwelchen Briefen ist. Die Liebesbriefe? Aber da ist ja der Öffentlichkeit bekannt, dass sie verbrannt wurden. Sehr merkwürdig. :gruebel

  • Nur Joans Lesung hat mich bewogen das Buch - nach der Leseprobe - doch lesen zu wollen - ihre Interpretation des Urte-Dialogs am Anfang war grandios ...


    Ist es noch jemandem so gegangen, dass er sich an die Plapperei von Mrs. Palmer aus Verstand und Gefühl von Jane Austen erinnert hat? - Da waren so einige Analogien drin - Liebe Joan ist das Absicht? Hast Du das auch so im Hinterkopf gehabt? :gruebel


    Na gut - Verstand und Gefühl ist mein LieblingsAusten - daher hab ich die Passage schon öfter gehört ...

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

  • Ich komme nicht so recht rein, muss mich erst an den Stil, bzw. an die altertümlichen Dialoge gewöhnen. Das ist ja nicht so meins, dieses gutsherrschaftliche Gedöns.


    Allerdings scheinen die Morde interessant zu werden.

  • Mir gefällt das Buch bisher sehr gut, und ich war auch schnell in der Geschichte "drin". Besonders die verschachtelten Sätze sind einfach herrlich!


    Auch die Idee, die Hintergrundgeschichte (Paul und Carl) in Erinnerungen und Rückblicken zu erzählen passt für mich. Es sind schon recht viele Personen, die vorgestellt werden. Hier wäre ein Personenregister wirklich von Vorteil!


    Paul und Carl sind schon ein interessantes Paar! Beide so unsicher in ihrer Beziehung zueinander. Eigentlich sollten sie selbstsicherer sein, der eine als Filmstar und der andere als Kommissar...


    Zitat

    Original von Schwarzes Schaf
    Die Szene zwischen Carl und Urte fand ich herrlich. Der Dialog hat mich oft grinsen lassen. Das war auch bei späteren Szenen so, diese eingestreuten Kommentare über die gesellschaftlichen Konventionen machen richtig Spaß zu lesen.


    Die Szene hatte es wirklich in sich!


    Ich bin neugierig, wie der Roman sich weiterentwickelt... :wave

  • Der erste Leseabschnitt hat es wirklich in sich...


    Im Vordergrund lernen wir das Pärchen Carl und Paul kennen, die zur Zeit aber getrennt sind und permanent versuchen, dem anderen weis zu machen, wie gut es ihnen ohne den anderen geht. Sind sie dann wieder alleine, schwelgen sie in Erinnerungen, wie "schön doch alles war" und vermissen den jeweils anderen. Paul gefällt mir hier definitiv besser als Charakter. Carl kommt mir sehr "gockelhaft" und verwöhnt vor.
    Bei diesem ganzen Herz/Schmerz Geplänkel geht der Mord (?) an Gottlieb Strautmann fast ein wenig unter. Warum sollte jemand (oder der Geliebte der Gattin) einen Mann ermorden, der sowieso fast tot ist? Und dann noch auf so dilettantische Weise, Briefe nur halb verbrennen und die Mordwaffe mit sich rumschleppen? Das ergibt bisher alles keinen Sinn, aber die hiesige Polizei hat sich offenbar auf den Geliebten eingeschossen...Ist ja auch so hübsch einfach. Dabei scheint Gottlieb Strautmann alles andere, als ein netter Mensch gewesen zu sein. Eine ganze Familie soll er ruiniert haben und auch Alfons Buchholz, ein Bankier, wünschte ihm einen leidvolleren Tod.
    Und was hat es mit Isabella und einem gewissen Jakob auf sich?


    Irgendwie sehr verwirrend bisher. Trotzdem hat es Spaß gemacht zu lesen und bei manchen Passagen musste ich doch schmunzeln...meine Lieblingspassage war, als Urte mit Paul über den Tod von Strautmann erzählt:


    "Stell Dir mal vor, wir waren gewissermaßen Nachbarn von den Strautmanns. Ihr Gut ist gar nicht weit von unserem gelegen. Vielleicht VIER Stunden..."


    Schön fand ich auch die Überlegung von Kurt:..."Wer sollte denn über so ein Leukoplastgesicht drüberrutschen wollen, dem müsste man ja noch was zahlen."....


    Ich bin gespannt wie es weitergeht und hoffe, dass Carl und Paul sich wieder vertragen und das Hauptaugenmerk auf den Mord gerichtet wird....


    :wave
    Sweetie

  • Lässt sich ja sehr gut und flott lesen und gefällt mir auch bisher. Mir gefällt das Verhältnis zwischen Carl und Paul, die beide gerne wieder mit dem Anderen zusammen wären, das aber dem Anderen gegenüber partout nicht zugeben wollen, sondern im Gegenteil so tun, als würde es sie nicht weiter rühren. Um Paul zu imponieren ermittelt Carl und hat schon einige Dinge aufgedeckt, die begründeten Zweifel hervorrufen.


    Ich musste den Prolog zweimal lesen, denn beim ersten Mal ging ich davon aus, dass Gottlieb Selbstmord beging. Wer hatte einen Grund, ihn zu töten, obwohl er sowieso bald sterben musste? Bernice und der Verwalter doch sicher nicht, auch Alfons, den Gottlieb offenbar mit Briefen erpresst hat, hätte eher einen Grund gehabt, ihn am Leben zu lassen. Die verbrannten Briefe, die Duellpistole mit den Fingerabdrücken halte ich für absichtlich gelegte Spuren. Gibt es nicht immer zwei gleiche Duellpistolen?


    Sorgen mache ich mir um Isabella, bei der Gottliebs Kind nun ist. Wer war der Fremde, der sie beobachtet hat? Wer ist Jakob? Ein ehemaliger Geliebter? Und was war mit dem Messer?! Ob es eine Rolle spielt, dass ihr Ehemann Pastor in einer Anstalt für Geisteskranke (womöglich durch den Krieg geistig Verwirrte) ist?


    Auch Kurt Flamms Rolle interessiert mich. War das wirklich Marmelade an seinen Händen oder etwa Blut?


    Ich freute mich, hier wieder von Gennat zu lesen, der treibt sich in einigen Romanen rum :-)


    Dann lese ich mal gleich weiter ...

  • Die Beziehung zwischen Carl und Paul steht sehr im Mittelpunkt der Geschichte. Ich mag die beiden irgendwie, wie sie da so umeinander herum schleichen. Allerdings gefällt mir Carl ein bisschen besser, Paul ist mir zu gewalttätig. Wandschränke eintreten ... puh :yikes


    Wer von den ganzen Figuren nur eine nebensächliche Rolle spielt, wird sich ja noch herausstellen, hoffe ich. Ich versuche, alle im Auge zu behalten :help


    Ich mag die Dialoge, ich mag den Humor, mußte oftmals grinsen beim Lesen, ich mag das Buch. :-)

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf


    Mich irritiert bisher Alfons Buchholz am meisten, der auf der Suche nach irgendwelchen Briefen ist. Die Liebesbriefe? Aber da ist ja der Öffentlichkeit bekannt, dass sie verbrannt wurden. Sehr merkwürdig. :gruebel


    Ich denke, das sind andere Briefe, denn einige hat Alfons ja schon zurück bekommen und drei hatte Gottlieb noch. Warum sollte Gottlieb ihn mit Briefen erpressen, die Gottliebs Frau ihrem Geliebten geschrieben hat?

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Die Beziehung zwischen Carl und Paul steht sehr im Mittelpunkt der Geschichte. Ich mag die beiden irgendwie, wie sie da so umeinander herum schleichen. Allerdings gefällt mir Carl ein bisschen besser, Paul ist mir zu gewalttätig. Wandschränke eintreten ... puh :yikes


    Wer von den ganzen Figuren nur eine nebensächliche Rolle spielt, wird sich ja noch herausstellen, hoffe ich. Ich versuche, alle im Auge zu behalten :help


    Ich mag die Dialoge, ich mag den Humor, mußte oftmals grinsen beim Lesen, ich mag das Buch. :-)


    Ich musste auch schon öfter schmunzeln, der Humor tritt nicht offensiv zu Tage, aber er ist definitiv da. Carl mag ich auch bisher am meisten, irgendwie erinnert er mich an Lord Peter Wimsey, wenn der auch nicht schwul war ...