'Feine Leute' - Seiten 094 - 170

  • Es tut mir Leid, das sagen zu müssen, aber es lässt sich nicht ändern - ich bin enttäuscht.


    Aufgefallen ist mir, dass Gennat auftaucht, aber auch nur als blasse Nebenfigur, und das Haus Vaterland. Ich hatte mich gefreut, da ich vorletzte Woche auch gerade mit Volker Kutschers Gereon Rath im Berlin der Zwanziger unterwegs gewesen war. Allerdings drängte sich dabei auch der Vergleich auf... das Haus Vaterland spielte dort eine wichtige Rolle, ich habe das Gefühl, mich darin bereits schon ganz gut auszukennen... und auch Gennat ist dort eine Figur, die lebendig und sympathisch ist.
    In Feine Leute werden beide nur als nebensächliches Detail behandelt.

    Dass es jetzt auch noch zwischen Carl und Paul erneute Missverständnisse gibt, gefällt mir nicht, das ist eine Umdrehung zu viel. Und da mich eigentlich nur noch diese beiden interessierten, bin ich am Überlegen, ob ich abbreche.
    Denn es ist weiter anstrengend zu lesen, zu viel Durcheinander, noch mehr Personal, zu verschachtelt, immer wieder diese "Cliffhänger". Haufenweise eingesetzt erfüllen sie nicht ihren Zweck, sind nur noch ärgerlich. Zwar wurden einige Zusammenhänge klarer, doch interessiert es mich mittlerweile gar nicht mehr, wer der Mörder/die Mörderin ist oder ob es ein inszenierter Selbstmord aus Rache war, mein Interesse ist verbraucht.
    Werde am Wochenende unterwegs sein und deshalb ein E-Book lesen, das auf dem Tolino ist. Danach weiß ich dann, ob ich Feine Leute noch eine weitere Chance geben mag oder nicht.

  • Bin noch mitten im Abschnitt, aber auch hier habe ich mir wieder einen Satz notiert:


    Dr. Karlheinz Häßling war Kölner und fühlte schon deshalb, gewissermaßen durch Geburtsrecht, zur guten Laune verpflichtet. (S. 113) :rolleyes :lache

  • Zitat

    Original von ginger ale
    Es tut mir Leid, das sagen zu müssen, aber es lässt sich nicht ändern - ich bin enttäuscht.


    Aufgefallen ist mir, dass Gennat auftaucht, aber auch nur als blasse Nebenfigur, und das Haus Vaterland. Ich hatte mich gefreut, da ich vorletzte Woche auch gerade mit Volker Kutschers Gereon Rath im Berlin der Zwanziger unterwegs gewesen war. Allerdings drängte sich dabei auch der Vergleich auf... das Haus Vaterland spielte dort eine wichtige Rolle, ich habe das Gefühl, mich darin bereits schon ganz gut auszukennen... und auch Gennat ist dort eine Figur, die lebendig und sympathisch ist.
    In Feine Leute werden beide nur als nebensächliches Detail behandelt.


    Ich bin zwar noch nicht am Ende des Abschnitts aber mir geht es ähnlich. Nicht dass jetzt Gennat und das Haus Vaterland eher am Rande bleiben, muss ja nicht jeder Schriftsteller das so ausdrücklich und intensiv verarbeiten, aber die Handlung selber bleibt doch sehr an der Oberfläche. Mich reißt es nicht mit, weder die Personen noch die Geschichte.
    Dass dann fast jede Befragung damit endet, dass etwas nicht gesagt wurde, ist auch etwas unbefriedigend.

  • War doch schon am Ende,, mir fehlt irgendwie auch noch der Bezug zum Titel, ist ja keine Übersetzung also wer oder wo sind die "Feinen Leute"???
    Mir erscheinen die eher hochgestochen, allen voran Carls Schwester, das ist doch auch so ziemlich die Einzige, oder??

  • Zitat

    Original von Findus
    War doch schon am Ende,, mir fehlt irgendwie auch noch der Bezug zum Titel, ist ja keine Übersetzung also wer oder wo sind die "Feinen Leute"???
    Mir erscheinen die eher hochgestochen, allen voran Carls Schwester, das ist doch auch so ziemlich die Einzige, oder??


    Früher wurde doch in "feine" und "einfache" Leute klassifiziert. Carl und seine Umgebung würde ich jetzt eindeutig zu den "feinen Leuten" zählen. Ich finde, in diesem Buch wird auch deutlich, dass eben die sogenannten feinen Leute eben doch nicht immer so fein waren.

  • Wie Büchersally sagt, es gab die feinen und die einfachen Leute.


    Allerdings kann ich zum Titel sonst nicht viel sagen, den hat Aufbau ausgesucht ;) Ich denke aber, dass sie sich dasselbe wie Büchersally gedacht haben.

  • ginger ale , es tut mir arg leid, wenn Feine Leute nicht deinen Erwartungen entspricht. Es ist vielleicht einfach nicht dein Geschmack. Aber wenn du dich für das Haus Vaterland interessierst - das bei mir eben einfach nur eine Nebenrolle einnimmt- empfehle ich die von Hessel: Spazieren in Berlin. Er hat dem Haus Vaterland ein ganzes Kapitel gewidmet. Da kommst du sicher auf deine Kosten.

  • Zitat

    Original von Büchersally


    Früher wurde doch in "feine" und "einfache" Leute klassifiziert. Carl und seine Umgebung würde ich jetzt eindeutig zu den "feinen Leuten" zählen. Ich finde, in diesem Buch wird auch deutlich, dass eben die sogenannten feinen Leute eben doch nicht immer so fein waren.


    :write
    Auch das Mordopfer und dessen Ehefrau gehören dazu. Ich finde die Gegensätze und auch die Ähnlichkeiten zwischen "feinen und einfachen Leuten" blitzen hier immer wieder durch. Und dann sind da eben Paul und Carl, die das beide jeweils verkörpern, aber eben auch süffisant kommentieren. Die Stellen im Buch, an denen man ihren Gedankengängen hierzu folgen kann, gefallen mir besonders.

    "There is beauty in imperfections. They made you who you are. An inseparable piece of everything…" Arcane

  • Ich lese den Roman sehr gern, ich mag es, dass die Geschichte quasi durch die Gedankengänge verschiedener Personen, auch z. B. eines Liftboys erzählt wird. Man bekommt so auch unverstellt die Gedanken von Menschen der damaligen Zeit mit, die nicht immer nett sind.


    Nun ist auch Bernice tot, Morphinüberdosis. Ich glaube nicht, dass das ein Selbstmord war, das hätte nicht zu der Frau gepasst, die wir im Gespräch mit Carl kennen gelernt haben. Unfall käme schon eher in Betracht. Doch, warum ist der junge Mann, der offensichtlich Emil Baunzer war, so schnell und schwitzend verschwunden, weil Bernice starb oder weil er Dreck am Stecken hatte? Zumindest hat er sie ja offenbar bestohlen.


    Pauls Bruder, Willi, ist alles andere als koscher, er scheint ein Ganove zu sein. Passend zum Kommissar :lache


    Ich finde es total süß, wie Carl sich dauernd Gedanken und Sorgen um Paul macht. Scheint ja, als hätten sich die beiden versöhnt, wäre schön!


    Ich überlege, ob Gottliebs Tod doch Selbstmord war und Agatha-Christie-mäßig inszeniert, als Racheakt an Frau und Verwalter.


    Kurt war dann wohl derjenige, der Isabella überfallen hat? Wenn Jakob ihr Bruder war, was ist dann das Geheimnis? Und ist der wirklich bei einem Unfall umgekommen?


    Ich bin gespannt auf die Auflösung und freue mich aufs Weiterlesen.

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf
    Bin noch mitten im Abschnitt, aber auch hier habe ich mir wieder einen Satz notiert:


    Dr. Karlheinz Häßling war Kölner und fühlte schon deshalb, gewissermaßen durch Geburtsrecht, zur guten Laune verpflichtet. (S. 113) :rolleyes :lache


    So sind wir Kölner halt :lache (Bin zwar nur Immi, lebe aber schon seit über 30 Jahren hier, das färbt ab ...)

  • Zitat

    Original von PMelittaM
    ich mag es, dass die Geschichte quasi durch die Gedankengänge verschiedener Personen, auch z. B. eines Liftboys erzählt wird. Man bekommt so auch unverstellt die Gedanken von Menschen der damaligen Zeit mit, die nicht immer nett sind.n.


    Das freut mich arg :-) Ich habe versucht, dem Leser so ein bisschen ein Gefühl für die Mentalität der Zeit zu geben, deshalb variiert die Sprache teilweise auch so zwischen den Kapiteln. Natürlich geht das streng perspektivische Erzählen immer zu Lasten der faktischen Beschreibung - warum sollte Carl beispielsweise den Kurfürstendamm beschreiben, er sieht ihn ja jeden Tag? Eine ausführliche Beschreibung würde da leider vollkommen aus der Perspektive fallen. :-(


    Dabei langweil ich doch auf Parties so gern meine Mitmenschen mit Faktenwissen zur Weimarer Republik ;-)

  • Zitat

    Original von PMelittaM
    ....


    Ich finde es total süß, wie Carl sich dauernd Gedanken und Sorgen um Paul macht. Scheint ja, als hätten sich die beiden versöhnt, wäre schön!....


    Ja - das ist es, was mich an Carl dann versöhnt - Aber auch die Überlegungen von Paul und Carl - so klassisch, wie man oft alles gut meint - aber es nicht richtig rüber kommt - der eigene Stolz manchmal im Weg steht


    'Feine Leute' als Titel ist für mich eher ironisch gemeint - denn dass die Feinen Leute gar nicht so fein - sondern eher oft oberflächlich - sind, ist ja offensichtlich

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

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  • Zitat

    Original von Büchersally


    Früher wurde doch in "feine" und "einfache" Leute klassifiziert. Carl und seine Umgebung würde ich jetzt eindeutig zu den "feinen Leuten" zählen. Ich finde, in diesem Buch wird auch deutlich, dass eben die sogenannten feinen Leute eben doch nicht immer so fein waren.


    Ja genau, deshalb war mir das mit den feinen Leuten aus etwas zu überkandidelt. Denn diese sogenannte "feine " Gesellschaft war sowas von dekadent, dass sie eben nicht mehr fein war.
    Fein, bedeutet ja nur sowas wie: Geld haben und es entsprechend ausgeben zu können.
    Wobei Bernice ja eher wirklich zu den feinen Leuten gehörte. Schade, dass sie daran glauben musste.

  • Zitat

    Original von Findus


    Wobei Bernice ja eher wirklich zu den feinen Leuten gehörte. Schade, dass sie daran glauben musste.


    Das fand meine beste Freundin auch ;-) Sie hat sogar versucht, mich mit Sekt in unserem Lieblingsrestaurant zu bestechen. Sie fand, dass Bernice auferstehen sollte und Ferry Wolfsburg gleich mit und dann sollten sie glücklich bis an ihr Lebensende werden ;-)
    Naja, lies mal weiter - vielleicht bin ich ja drauf eingegangen...

  • Zitat

    Original von PMelittaM
    ...dass die Geschichte quasi durch die Gedankengänge verschiedener Personen, auch z. B. eines Liftboys erzählt wird. Man bekommt so auch unverstellt die Gedanken von Menschen der damaligen Zeit mit, die nicht immer nett sind.


    Das trifft es gut, finde ich.


    Es bleibt auch in diesem zweiten Abschnitt so, dass mir manches sehr gut gefällt. Wie z.B. S. 124, als Paul Frau Straumanns Zofe verhört und irgendwann in diesem schier endlosen Sermon zu ihr sagt:" Lenchen, ich weiß, sie sind keine, die tratscht, nur machen sie doch heute eine Ausnahme" :rofl - herrlich!
    Aber insgesamt trifft das Buch nicht so sehr meinen Lesegeschmack, vor allem sprachlich.
    Es stört mich ungemein, dass in "gefühlt" jedem zweiten Satz ein dann zu finden ist, meist völlig unnötig. Das vermittelt mir den Eindruck von Monotonie und sprachlicher Schlichtheit, der eigentlich nicht so wirklich passt. Denn ich habe hier das Gefühl, dass du, Joan, tiefspapelst und dich sehr viel eloquenter ausdrücken kannst, wie auch an vielen Stellen zu spüren ist.
    An dieses bemüht und betont Umgangssprachliche, noch unterstützt durch häufig eingestreute Schimpfwörter, kann ich mich nicht gewöhnen, es gefällt mir nicht.


    Auf S. 158 wird die Sache mit dem Attacke auf Frau Leiser wieder aufgenommen. Hatte ich schon völlig vergessen. Der Kleine hat also gekratzt, da war doch irgendwo in diesem Abschnitt ein Hinweis auf ungewöhnliche Kratzspuren im Gesicht eines Protagonisten :gruebel?


    Zitat

    Original von PMelittaM
    Kurt war dann wohl derjenige, der Isabella überfallen hat? Wenn Jakob ihr Bruder war, was ist dann das Geheimnis? Und ist der wirklich bei einem Unfall umgekommen?


    War Kurt der mit den Kratzern im Gesicht?

  • Lumos : :-] Danke für das Kompliment hinsichtlich meiner Eloquenz :-] Du hast natürlich recht, das Umgangssprachliche ist gewissermaßen tiefgestapelt, genau wie die vielen danns und die Ausdrücke. Aber ich bin nun mal ein Anhänger des streng perspektivischen Schreibens und deshalb bedingt für mich immer der Inhalt und der Erzähler der jeweiligen Szene die Form. Wenn du darauf achtest, wirst du sehen in einer Urte Szene gibt es beispielsweise weder Ausdrücke, noch gehäufte danns, erzählen aber Pix oder Greta, ist die Sache eine andere. Du musst auch einmal ansehen, bei welcher Figur welche Worte benutzt werden, "sagenhaft top" ist zum Beispiel bei Urte nicht zu finden.


    Die danns treten anderseits auf, wenn die erzählende Person gerade in diesem Moment etwas erlebt, eine geschliffene Erzählweise Würde in diesem Fall für mich aus der Perspektive fallen. Zumindest geht es mir persönlich so, dass ich, wenn ich sehr schnell etwas erzählen will, sehr viele danns vewende ;)


    Aber unter uns, ich persönlich finde Leute, die ständig Schimpfworte verwenden grauenhaft, aber naja, es ist eben die Art wie solche Menschen in meine Vorstellung, die Welt erleben und für sich kommentieren.

  • Ich finde es richtig gut, sich so ins Milieu zu versenken, dass sogar die Sprache und Ausdrucksweise passen. Musste mich zwar daran gewöhnen aber jetzt passt es. Ich hatte schon vermutet, dass es gewollt ist, weil es eben nicht auf allen Erzähl- und Gesprächsebenen vorhanden ist.

  • Danke Joan für die Erläuterungen zu Deiner Wortwahl -


    ich fand sie intuitiv passende - insbesondere zu Greta - ich finde es immer spannend, wenn etwas zur Technik des Schreibens klar wird - beim nächsten Mal kann ich dann auch bei anderen Büchern darauf besser achten -


    Darüber freue ich mich sehr.


    Dem Wirrwarr um die Personen bin ich hier gerne gefolgt.


    Die Bedrohung durch den §175 wird hier in Berlin ja wohl fast aufgehoben - ist das wirklich so plausibel? Immer die Bedrohung - ... das kann sich ja auch schnell ändern, wie man ein paar Jahre später so merkt ...

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)