ungekürzte Lesung
9:50 Stunden
Sprecher: Richard Barenberg, Cathlen Gawlich, Jacob Weigert
Hörprobe beim Verlag: *Argon Verlag*
zum Inhalt (vom Verlag)
Ein Unfall verändert die Leben dreier Menschen: Edwinna, genannt Eddie, die Verlegerin für phantastische Literatur mit besonderem Gespür für das Wunderbare. Sam, der hochbegabte 13jährige, der Klänge als Farben sieht und Menschen, Orte oder Stimmungen intensiver wahrnimmt als andere. Und Henri, Eddies einstiger Geliebter. Der ehemalige Kriegsreporter ist Sams Vater, der nach einem Unfall acht Minuten lang tot war und nun darum kämpft, aus dem Koma zu erwachen. Denn von dort, wo er beinah verloren gegangen ist, bringt er eine Botschaft für die, die er liebt.
zur Autorin (vom Verlag)
Nina George, geboren 1973, schreibt Romane, Sachbücher, Thriller, Reportagen, Kurzgeschichten sowie Kolumnen. Ihr Roman Die Mondspielerin erhielt 2011 die DeLiA, den Preis für den besten Liebesroman.Ihr Roman Das Lavendelzimmer stand weit über ein Jahr auf der SPIEGEL-Bestsellerliste, wurde in 30 Sprachen übersetzt und eroberte auch international die Bestsellerlisten, so in den USA, in England und Italien. Nina George ist Beirätin des PEN-Präsidiums und Sprecherin der Initiative Fairer Buchmarkt.
zu den Sprechern (vom Verlag)
Richard Barenberg hat in Leipzig Schauspiel studiert und fühlt sich auf der Bühne ebenso zuhause wie vor der Kamera oder vor dem Mikrofon. Seine warme, unwiderstehliche Stimme und seine kluge Interpretation garantieren ein echtes Hörerlebnis.
Cathlen Gawlich zeichnet sich in ihrer Arbeit als Schauspielerin und Sprecherin durch ausgesprochene Vielfalt aus. Sie hatte Bühnenengagements am Deutschen Theater Berlin und der Schaubühne Berlin und arbeitete mit Regisseuren wie Thomas Ostermeier und Michael Thalheimer zusammen. Im Kino war sie in u.a. in Nachtgestalten und Emil und die Detektive zu sehen. Als Hörbuchsprecherin leiht sie Autoren wie David Safier, Josh Bazell und Jennifer Donnelly ihre Stimme. Darüber hinaus ist sie regelmäßig im Kinderrundfunk und als Synchronsprecherin zu hören.
Jacob Weigert ist Schauspieler, Hörbuchinterpret und Synchronsprecher. Einem breiten Publikum wurde er durch die Rolle des Enrique Vegaz in der TV-Serie Anna und die Liebe oder durch Auftritte in der Hörspielserie TKKG bekannt. 2011 wurde er mit dem German Soap Award als Sexiest Man ausgezeichnet.
Meine Meinung
Dank der Premierenlesung in Leipzig wurde ich neugierig auf Nina Georges neustes Werk, „Das Traumbuch“ und beneide jetzt alle, die es noch vor sich haben, dieses Buch zum ersten Mal zu lesen.
Nina George stellte nach „Die Mondspielerin“ und „Das Lavendelzimmer“ ihr drittes und letztes Buch vor, in dem es um den Tod gehee. Dabei steckt dieses Buch so voller Leben, Hoffnungen und Träume, wie wenige andere Bücher, die ich bisher gelesen habe. „Das Traumbuch“ ist gefüllt mit Geschichten, auf die man sich einlassen wollen muss. Dann erwartet einen in oft poetischer Sprache ein in mehrfachem Sinne phantastischer Roman.
Im Mittelpunkt stehen Henri, seine Ex-Partnerin Edwinna, genannt Eddie, und sein 13-jähriger Sohn Samuel. Henri ist auf dem Weg zu Sams Schule, als er vor ein Auto stolpert und als Koma-Patient im Krankenhaus landet. In seiner Patientenverfügung hat er Eddie eintragen, ohne sie darüber je zu informieren.
In Henris Worten: „Eddie ist das Beste, das mir nie passiert ist“. Genau deshalb hadert Eddie besonders mit Henris Entscheidung, sie ungefragt auf seiner Patientenverfügung einzutragen – kam es doch zur Trennung direkt nachdem sie ihm eine der schönsten Liebeserklärungen machte. Inzwischen hat sie längst einen neuen Partner und die Tür für eine gemeinsame Zukunft mit Henri schon längst geschlossen. Auf der Intensivstation trifft sie zum ersten Mal Henris Sohn.
Sam hatte Henri eingeladen, um ihn endlich kennenzulernen, steht an der Schwelle zur Pubertät und hat als Synästhetiker https://de.wikipedia.org/wiki/Syn%C3%A4sthesie „mehr Welt als die meisten Anderen“ in seinem Leben. So verlockend manche Aspekte klingen, so deutlich wird auch, dass Synästhesie gleichzeitig Segen und Fluch sein. Sam steht sein skurriler Freund Scott zur Seite, mit dem ihm nicht nur die Leidenschaft für das Lesen verbindet und der auch Verständnis für seine erste Verliebtheit zeigt.
Was eine düstere Geschichte sein könnte, macht Nina George zum genauen Gegenteil, voller Licht und Hoffnung. Statt in Klischees oder auf die Tränendrüse zu drücken, nimmt sie ihre Leser mit in eine Welt, die den meisten von uns fremd ist – die der Komapatienten und deren Angehörigen. Eddie und Sam kämpfen gemeinsam mit den Angestellten des Krankenhauses darum, dass Henri aus dem Koma zu ihnen zurückkehrt.
Henri hingegen schwebt zwischen den Welten, erlebt, was war und was hätte sein können, lebt sozusagen im Koma. Während früher sein Fluchtinstinkt sehr ausgeprägt war, wandert seine Seele jetzt zwischen den Welten und er will sein Leben nicht loslassen. Henri hört und spürt seine Besucher, kann jedoch nicht mit ihnen kommunizieren.
Das Innenleben der drei so unterschiedlichen Hauptfiguren wird behutsam und überzeugend dargestellt, so wie auch die Nebenfiguren. Alle sind so facettenreich wie echte Menschen, man kennt ihre Hoffnungen und Träume, was den Abschied von ihnen am Ende des Buchs umso schwerer macht. Während Henri und Eddie schon wichtige Menschen in ihrem Leben verloren haben, erlebt Sam zum ersten Mal wie es ist, sich vermutlich von einem engen Verwandten verabschieden zu müssen. Alle drei haben sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Leben und Tod, sowie vom Leben in der Zwischenwelt. Insbesondere Sams meist unbefangener Umgang mit Henris Schicksal und dem andere Menschen im Krankenhaus hat mich nachhaltig beeindruckt. Nina George verarbeite in diesem Roman auch den Abschied von ihrem eigenen Vater, der ihr sehr nahe stand.
Richard Barenberg, Cathlen Gawlich und Jacob Weigert gelingt es, Henri, Eddie und Sam zum Leben zu erwecken, als ob sie selbst mit den Zuhörern sprechen würden. Dank ihres Vortrags wirkte „Das Traumbuch“ auf mich noch intensiver als es die gedruckte Version getan hätte.
Fazit
Nina George ist ein besonderes Buch gelungen, dessen Figuren mich berührten, deren Schicksal und Gedanken mich auch nach dem zweiten Hören noch beschäftigen. Ja, denn nach dem ersten Hören war ich sprachlos, konnte meine Gedanken und Gefühle nicht in Worte fassen und entschied, „Das Traumbuch“ ein zweites Mal zu hören. Ein phantastischer Roman, der sich mit scheinbarer Leichtigkeit intensiv und einfühlsam mit dem (Er-)Leben von Komapatienten und deren Angehörigen beschäftigt, sowie dem Tod. Im Mittelpunkt steht jedoch eindeutig das Leben mit all seinen bunten Farben, Sehnsüchten, Hoffnungen, Träumen und zahllosen Möglichkeiten, durch die Augen dreier sehr lebendiger Hauptfiguren. Ein wahrlich wundervolles Hörbuch.