Die Angst vor der Ungewissheit

  • Das insofern das völlig gleiche, weil auch hier dieser Selbstmord als Schwäche tituliert wird.


    Ich finde es allgemein falsch, Selbstmord als dumm darzustellen.


    Wenn sich jemand das Leben nimmt, dann ist das sehr ernst zu nehmn, und zu hinterfragen, und nicht nicht schon wieder das alte Laster, die sind doch selber schuld, hervorkramend.


    Gruß

  • Zitat

    Original von Historikus


    Vielmehr versuche ich mir vorzustellen, wie ich handeln würde, gäbe es für mich keine Hoffnung, keine Perspektive mehr.



    Wann gibt es denn keine Hoffnung und keine Perspektive mehr?


    Wenn man z.B. unheilbar krank ist?


    Oder wenn die derzeitige Arbeitsmarktsituation nicht soo rosig aussieht?


  • Ok. Als Schwäche und als dumm würde ich es im Fall deines Beispieles von Anno 1935 oder ähnlichen Fällen auch nicht bezeichnen. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen könnte.


    Es ist aber weniger klug ( :-]), sich das Leben zu nehmen, "nur" weil sich die finanzielle Situation ändert. Ronjas Beitrag über unser Luxusleben, das wir eindeutig führen, kann ich zustimmen. Wir sind verwöhnt und lassen uns nur ungerne unsere Luxusgüter nehmen.

    Momo


    Alles Wissen und alle Vermehrung unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondern mit einem Fragezeichen.
    -Hermann Hesse-

  • Zitat

    Original von Ronja
    Wann gibt es denn keine Hoffnung und keine Perspektive mehr?


    Wenn man z.B. unheilbar krank ist?


    Oder wenn die derzeitige Arbeitsmarktsituation nicht soo rosig aussieht?


    Das ist für jeden Menschen anders, dafür gibt es keine allgemein gültige Antwort.
    Da spielen wahrscheinlich soviele Dinge eine Rolle............

  • Zitat

    Original von Rosenstolz


    Das ist für jeden Menschen anders, dafür gibt es keine allgemein gültige Antwort.
    Da spielen wahrscheinlich soviele Dinge eine Rolle............




    Wenn da andere Dinge noch eine Rolle spielen, dann sieht die Situation wieder anders aus.


    Aber wenn es "nur" um eben die Arbeitssituation oder eben die finanzielle geht, dann kann ich doch heute nicht sagen, dass ich nie wieder einen Fuß in die Türe bekomme.

  • So, wie ich den Artikel lese, habe ich den Eindruck, dass beide unter einen Art Depression litten (bei ihm steht es ja sogar auch), die sie quasi handlungsunfähig gemacht haben. Es scheint, als hätten beide sich schön länger aufgegeben, weshalb hat sie sonst nicht die Steuerklasse gewechselt, warum hat er nicht auf seine Unterhaltspflicht hingewiesen und dem Bescheid widersprochen? Das klingt mir alles sehr nach Kraftlosigkeit. Und wenn jemand nicht mehr die Kraft hat, sein Leben zu leben (denn es IST anstrengend, sein Leben zu bewältigen), kann ich schon verstehen, dass er als Ausweg den Tod wählt.


    Schlimm finde ich allerdings, WIE dieser Artikel geschrieben ist. Diese Polemik finde ich absolut unpassend, das klingt ja wie ein Lore-Roman! Gerade das Ende, wenn genau geschrieben wird, wie der (angebliche) Verlauf des Tages war, an dem die beiden sich umgebracht haben:


    "Als sie Zerpenschleuse erreichen, fahren sie über das Kopfsteinpflaster der Hauptstraße, vorbei an Schuberts Lebensmittelmarkt, der Gaststätte "Zum alten Amt", der Sprint-Tankstelle, der Kita Eichhörnchen und "Pascha's Eiscafé", wo samstags abends die Senioren Rommé spielen."


    Und so weiter und so fort, bei so etwas kommt mir die Galle hoch und ich wundere mich, warum der "Spiegel" derartige Boulevard-Texte abdruckt. Das hat nichts mehr mit einem sachlichen Bericht zu tun!

  • Zitat

    Original von Wiebke
    So, wie ich den Artikel lese, habe ich den Eindruck, dass beide unter einen Art Depression litten (bei ihm steht es ja sogar auch), die sie quasi handlungsunfähig gemacht haben. Es scheint, als hätten beide sich schön länger aufgegeben, weshalb hat sie sonst nicht die Steuerklasse gewechselt, warum hat er nicht auf seine Unterhaltspflicht hingewiesen und dem Bescheid widersprochen? Das klingt mir alles sehr nach Kraftlosigkeit. Und wenn jemand nicht mehr die Kraft hat, sein Leben zu leben (denn es IST anstrengend, sein Leben zu bewältigen), kann ich schon verstehen, dass er als Ausweg den Tod wählt.



    Da gebe ich dir recht. In diesem Fall scheint diese Krankheit eventuell in der Familie schon häufiger vorgekommen zu sein.


    Ich würde das hier auch auf die Krankheit beziehen.


    Nur im Allgemeinen halte ich den Grund "Armut" für keinen, der so eine Tat rechtfertigt.


    Und darauf hat ja His´Frage abgezielt.





    Zitat

    Schlimm finde ich allerdings, WIE dieser Artikel geschrieben ist. Diese Polemik finde ich absolut unpassend, das klingt ja wie ein Lore-Roman! Gerade das Ende, wenn genau geschrieben wird, wie der (angebliche) Verlauf des Tages war, an dem die beiden sich umgebracht haben:


    "Als sie Zerpenschleuse erreichen, fahren sie über das Kopfsteinpflaster der Hauptstraße, vorbei an Schuberts Lebensmittelmarkt, der Gaststätte "Zum alten Amt", der Sprint-Tankstelle, der Kita Eichhörnchen und "Pascha's Eiscafé", wo samstags abends die Senioren Rommé spielen."


    Und so weiter und so fort, bei so etwas kommt mir die Galle hoch und ich wundere mich, warum der "Spiegel" derartige Boulevard-Texte abdruckt. Das hat nichts mehr mit einem sachlichen Bericht zu tun!



    Das hat mich auch schockiert. Bin solche Artikel vom Spiegel eigentlich nicht gewohnt.

  • Selbstmord kann verschiedenes sein: ein Ausweg aus einer ausweglosen Situation, ein Hilfeschrei, jemandem den ultimativen Denkzettel verpassen oder Rache an der bösen Umwelt. Im vorliegenden Fall tippe ich auf letzteres.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Zitat

    Bin solche Artikel vom Spiegel eigentlich nicht gewohnt.


    Richtig.
    Irgendwo zu Beginn stand doch was von einem BILD-Bericht, der das Paar als Hartz 4 Opfer tituliert und die Fotos der Leichen zeigt.
    Schrecklich und sensationsgeil und vermutlich ohne jegliche Hintergrundinformationen.

    Momo


    Alles Wissen und alle Vermehrung unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondern mit einem Fragezeichen.
    -Hermann Hesse-

  • solche artikel, die in die eine oder andere richtung wertend sind - oder auch gefühle wecken sollen - sind standard beim spiegel. manchmal finde ich das ganz gut, manchmal voll daneben. ist halt immer eine gratwanderung.


    diesen beitrag habe ich gestern auch gelesen und ständig das gefühl, dass der autor hier vermitteln will, dass es eigentlich nicht notwendig war, sich das leben zu nehmen, weil man nicht mehr seinen mittelschichtstandard halten kann. sicher hat er auch recht. aber diese beiden haben die entscheidung für sich getroffen, sie haben - oberflächlich betrachtet - niemanden damit geschadet, also muss ich ihre entscheidung respektieren. daraus eine sensation zu machen, halte ich für verwerflich.


    bo

  • Was geht in einem Menschen vor, wenn sein Selbsterhaltungstrieb dem Sterbewunsch weicht? Der Selbsterhaltungstrieb ist naturgemäß das stärkste Gefühl, das ein Mensch entwickelt. Diese Schranke zu durchbrechen ist eigentlich nur möglich, wenn eine Krankheit (tiefe Depression) oder aber ein extreme Verzweiflung vorliegt. In jedem Falle bedarf der Betreffende einer Hilfe von außen, denn er selbst kann seine Handlungen nicht mehr steuern.
    Ich finde es schon stark, den Tod solcher Menschen zu vermarkten oder aber so oberflächlich zu beurteilen, wie ich es in einigen Beiträgen gelesen habe. Niemand ist vor einer solchen Phase im Leben gefeit, man kann höchstens dankbar sein, wenn es einen nicht trifft. Allerdings von Einzelfällen, die es immer wieder mal gibt, auf die Gesellschaft zu schließen, halte ich ebenso für falsch. Auch wenn sich die Suizidrate in den letzten Jahren etwas erhöht hat, wie neulich mal irgendwo las.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Auch wenn es etwas abgedroschen klingt, aber sich unter diesen Umständen umzubringen, finde ich feige.
    Gut, immerhin haben sie keine Kinder, die sie mit in den Tod gerissen haben, aber gleich den Hund mitzutöten?
    Das klingt nicht bloss wie Existenzangst sondern eher nach einer Todessehnsucht.
    Gemessen an unserem Lebensstandard, scheint dieses Ehepaar anscheinend nicht viel gehabt zu haben, wobei es Menschen gibt, denen es deutlich schlechter geht - und damit meine ich Deutsche!
    Generell gesehen, können wir uns eigentlich jeden Tag nach dem Aufstehen freuen, dass es uns so gut geht!
    Ich persönlich wäre viel zu ehrgeizig, denn es gibt immer einen Weg!
    Selbstmord sehe ich hier nur als eine Art wegzulaufen, weil man keine Einschränkungen machen will.
    Traurig ist es natürlich, ich würde diese Leute jedoch nicht als Opfer sehen...


    Nur meine Meinung!

    Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt.
    Albert Einstein


    Ich lese gerade:
    Michael Theurillat - "Im Sommer sterben"

  • Anhand eines Zeitschriftenartikels über die Hinter- und Beweggründe für einen Selbstmord zu philosophieren, artet in Küchenpsychologie aus. Da sind schon die persönliche Einstellung des Journalisten zum Thema mit eingeflossen und dessen Intention für den Artikel. Viel zu einseitig. Bringt also nix.

  • Zitat

    Original von magali
    Die meisten Menschen bringen sich nicht um, weil sie sterben möchten, sondern weil sie so, wie sie leben, nicht mehr leben möchten.


    Im Deutschen gibt es die landläufige Formulierung »sich das Leben nehmen«.
    Grundsätzlich halte ich Selbstmord für die falsche "Lösung" -- er ist nämlich keine! Man läßt zwar quasi die Schwierigkeiten zurück, aber das eigentliche Problem -- sich selbst -- nimmt man mit.
    Andererseits gibt es in der Tat Situationen, wo Selbstmord eine Option sein kann -- allerdings im Wissen um die Konsequenzen für einen selbst wie auch für die Hinterbliebenen (z.B. imFalle der Sterbehilfe).


    Ich halte es für reichlich verwegen (und empirisch völlig unzulässig!), wie hier vom Selbstmord eines Ehepaares mit psychopathologischer Zukunftsangst auf eine gesamtgesellschaftliche Stimmung im Zusammenhang mit der Hartz-IV-Problematik gebracht wird. Hier versucht jemand (in diesem Falle mal nicht der Springer-Konzern mit seinen Organen, sondern die liberale "Kampfpresse") mit einem billigen Boulevardartikel Politik zu machen.


    Mir geht es wie Ronja: Das notorische Nörgeln und Jammern geht mir gewaltig auf die Nerven, dieses Getue, wie schlecht es uns doch heute gehe, daß wir auf dem absteigenden Ast sind und all dieser Scheiß! Medienlügen, geschaffen, um Quoten und Absatzzahlen zu erreichen, weil sich schlechte Nachrichten ja besser verkaufen als gute. :pille


    Ich möchte jetzt hier beileibe keinen Vortrag darüber halten, wie das war zu meinen Kinder- und Jugendzeiten. Daß wir uns nicht ständig neue Klamotten, Handy, CDs, DVDs, Zweitautos, Marken-Fahrräder etc. leisten konnten. Na und? Geschenkt! Wir hatten trotzdem eine gute Zeit!


    Wenn einzelne Menschen sich das Leben nehmen, weil sie ihren durchaus gehobenen Lebensstandard nicht halten zu können glauben, dann ist das für mich ein vorgeschobener Grund, hinter dem sich ganz andere Probleme verbergen -- aber bei deren Aufdeckung und Lösung zu helfen, ist die Aufgabe von Ärzten!


  • Ich denke, dass diese beiden Menschen ganz andere Probleme hatten und die Angst vor Arbeits- bzw. Mittellosigkeit nur das Tüpfelchen auf dem i war.


    Menschen, die nahe Angehörige (in diesem Fall Elternteile) durch Selbstmord verlieren leiden unter einem Trauma. Wer jemals Menschen in seiner Umgebung hatte, die Selbstmord vorgetäuscht oder wirklich vollendet haben weiß wovon ich spreche.


    Diese beiden Menschen hatten, so wie ich es gelesen habe, keine Kinder. Also haben sie immer nur für ihr eigenes Leben gearbeitet und gekämpft und nie wirklich Verantwortung für einen weiteren Menschen in ihrem Leben übernehmen müssen. Es spricht für sich, dass der Hund ebenfalls getötet wurde und dass er sterben würde in naher Zukunft war ja aufgrund eines Befundes sowieso schon klar.


    Sie haben wie fast alle anderen Selbstmörder Hinweise gegeben, Zeichen gesetzt und niemand hat darauf reagiert. Das ist ein gutes Beispiel für unsere Wegsehgesellschaft, man interessiert sich nicht mehr wirklich für den Nächsten. Nur Selbstmorde im Affekt und unter Drogen- oder Alkoholeinfluß werden nicht 'angekündigt'.


    Ich gehe stark davon aus, dass die beiden sehr wohl beobachtet und registriert haben wie ihre Umwelt mit dem vorab geschenkten 'Nachlaß' umging und als niemand Fragen stellte war die Konsequenz daraus zu ziehen. Das muss für sie so ähnlich gewesen sein, als hätten sie schon am Abgrund gestanden und jemand hätte ihnen noch den letzten Tritt verpasst.


    Ich selbst habe 2x in meinem Leben vor dem 'Nichts' gestanden und ich wußte keinen Ausweg aus dieser Situation aber beide Male hatte ich Kind/Kinder für die ich zu sorgen hatte. Mir fielen die nötigen Ämtergänge und das 'betteln' um Hilfen aller Art verdammt schwer und ich bin manches Mal wieder unverrichteter Dinge nach Hause gegangen. Letztendlich habe ich mir selbst in den Hintern treten müssen und nach Jobs suchen müssen. Beide Male hat mich diese Situation während der 'Erziehungszeiten' erwischt. Wenn ein Job allein nicht das nötige Geld einbrachte dann habe ich halt noch einen zweiten, dritten oder sogar vierten gemacht. Fast ein Jahr lang waren es sogar 5 Jobs TÄGLICH. Es ging, es hat mir gezeigt, dass man zu vielem fähig ist wenn man nur den eigenen Popo um die Kurve bekommt. Vielleicht waren es nur Peanuts, die ich damit verdiente aber diese Peanuts haben uns das Überleben möglich gemacht und mir meinen Stolz bewahrt.


    In meinem ganz nahen Umfeld gab es einen Menschen, der immer wieder mit Selbstmordversuchen auf sich aufmerksam machen wollte. Ich habe einen dieser 'Versuche' hautnah miterlebt und ich war geschockt. Es hat mich jahrelang verfolgt und auch die Ängste, dass es wieder und wieder passieren könnte und dass es eines Tages nicht mehr bei einem Versuch bleiben könnte. Der Versuch oder die Durchführung ist in meinen Augen feige und verantwortungslos allen anderen gegenüber. Es gibt nur wenige Lebenssituationen in denen Selbstmord eine Lösung für den Betroffenen darstellen kann aber dann sollte der Betroffene selbst mit seinen Angehörigen klären warum er/sie keinen anderen Weg sieht ............. vielleicht sehen ihn ja andere.


    Dieser ganze Artikel ist nicht wirklich hilfreich im Umgang mit Veränderungen in unserem Sozialsystem ............ zumal ja auch hier wieder angedeutet wird, dass es ganz andere 'Schmarotzerfälle' gibt als diese beiden Menschen. Daraus kann ich dann den Schluß ziehen, dass gefälligst erst andere sich den Strick nehmen sollen damit wir entlastet werden?????


    Gabi

  • Zitat

    zumal ja auch hier wieder angedeutet wird, dass es ganz andere 'Schmarotzerfälle' gibt als diese beiden Menschen. Daraus kann ich dann den Schluß ziehen, dass gefälligst erst andere sich den Strick nehmen sollen damit wir entlastet werden?????



    Versteh ich nicht, auf was du hier anspielst. Erklär dich bitte.


    Momo

    Momo


    Alles Wissen und alle Vermehrung unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondern mit einem Fragezeichen.
    -Hermann Hesse-


  • Ich hab den Artikel komplett gelesen ................ da steht es als Andeutung drin.


    Gabi