Fabio und Tom verbringen ihre Ferien gemeinsam mit ihren Eltern in Island. Ein kleiner Schatten liegt auf der sympathischen Familie. Klein, im wahrsten Sinne des Wortes, denn Fabio ist – obwohl der ältere der beiden Brüder – viel kleiner, als Tom, der in der Schule super gute Leistungen abliefert, sportlich ist und dem sowieso alles gelingt, was er anpackt.
So auch in Island. Schnell findet Tom Kontakt zur struppigen Elin, die sich wie ein wildgewordener Troll aufführt, während Fabio erst einmal stiller Beobachter ist. Die Kinder, denen er begegnet verhalten sich fremdartig. Da ist z.B. ein Junge, der immer einen Wolfskopf auf dem Kopf trägt und dessen Laptop bei Berührung Stromschläge aussendet. Alles sehr seltsam. Fabio gehen diese Verhaltensmuster nicht aus dem Kopf und während er Islands Kultur, Landschaft und Mythen erkundet, kommt er einem dunklen Geheimnis auf die Spur.
„'[…] Und du weißt, wie es mit dem Zwergenvolk ist. Wir verbinden Dinge, die zu verbinden unmöglich sind. Wir vereinen Gegensätze – auch Menschen und Elfen.Und wen wir zum Freund haben, den lassen wir nie im Stich.'“
Meine Schwiegereltern sind im vergangenen Jahr in Island gewesen und haben dort viele Bilder gemacht. Von einer Landschaft, die in ihrer Art einmalig ist. Felsig, karg, sagenumwoben. Island strahlt eine Atmosphäre aus, die selbst via Fotos zu spüren ist. Genau diese Stimmung hat Nina Blazon mit ihren Worten eingeschlossen und auf's Papier gebannt, so dass ich mit aufschlagen der Buchseiten dieses kleine mystische kribbeln spüren konnte, das in der isländischen Luft liegt.
Zu Beginn gleicht jedoch nicht nur die Atmosphäre der in Island, sondern auch die Länge des Einstiegs in die Geschichte der Ödnis der isländischen Straßen. Ich gebe zu, ich habe mich etwas schwer getan und sogar ein wenig gelangweilt. Nina Blazon verwendet ziemlich viel Zeit darauf, zwischenmenschliche Szenen und Gespräche einzubauen, um dem Leser so die Figuren näher zu bringen. Diese gut zu kennen, ist für den weiteren Verlauf sehr wichtig, hat mich am Anfang aber etwas ermüdet.
„'[…] Es bedeutet, dass irgendetwas in meinem Gehirn falsch verschaltet ist. Als würde ständig eine Sicherung rausknallen. Ein Arzt hat gesagt, deshalb denke ich so komisch. Meine Mutter will, dass ich Tabletten nehme, die mich ruhiger und langsamer machen. […] Damit ich mehr bin wie die anderen und besser klarkomme.'“
Doch zum Glück habe ich mich nicht abschrecken lassen und ist die erste Hürde an Geplänkel genommen, gewinnt der Roman plötzlich an Fahrt. Nun bin ich froh darüber die beiden Jungs und auch Elin so genau betrachtet zu haben, denn sie alle sind sehr besonders. Sympathische Figuren, die aufgrund ihrer Äußerlichkeiten oder ihrer Verhaltensweisen nicht der Norm entsprechen und deswegen ganz ordentlich mit ihrem Umfeld zu kämpfen haben. Anders sein ist nicht schlimm, denn kein Mensch gleicht dem anderen und für Freunde ist es nicht ausschlaggebend wie jemand aussieht, sondern nur, wie man im Herzen zusammenpasst.
Freundschaft und Selbsbewusstsein werden zum zentralen Thema der Geschichte und sind so schön verarbeitet, dass ich mir gut vorstellen kann, dass viele kleine Leser Mut daraus schöpfen können.
Eingebettet in eine spannende, mystische Geschichte, in der ich viel über Islands Sagen und Mythen erfahren habe ist „Silfur“, obwohl es sprachlich eher für jüngere Leser ausgelegt ist, ein sehr schöner Roman, mit dem es Nina Blazon gelingt Bücherwürmern jeden Alters ein bisschen Gänsehaut zu verursachen.