Fragen an Sylvia Lott

  • Hallo Sylvia, schön, dass du auch bei diesem Buch die Runde hier unterstützt. :wave


    Auffällig bei deinen Romanen sind ja immer die starken Frauen, die unter irgendwelchen Umständen ihr Leben meistern. Ob sie sich gegen den Willen den Eltern auf einen anderen Kontinent davon machen, einem Verlobten hinterher reisen oder jetzt eben 40 Jahre trauern.


    Wie entstehen diese Protagonistinnen für deine Romane? Hast du Vorbilder oder kreierst du sie am Schreibtisch?

  • Hi, liebe Büchersally!


    Also, bei der Glücksbäckerin war ganz klar meine Großtante Marie das Vorbild, gepaart mit den positivsten Eigenschaften der Frauen aus meiner Familie mütterlicherseits ;-)
    Bei der Rose von Darjeeling... tja, die Kathryn ist einfach so entstanden... die hat sich beim Schreiben so entwickelt, ich wollte natürlich gern, dass sich alle in sie verlieben (auch die weiblichen Leser), nicht nur meine beiden Helden und so ist sie eine charmante, sympathische und mitfühlende bzw hilfreiche Frau geworden. Ein wenig, das fällt mir jetzt gerade ein, hat bei der Charakterbildung die Mutter einer guten Freundin hineingespielt... Äußerlich hab ich eine junge schweizer Schauspielerin in der Liste einer Schauspieler-Vermittlung entdeckt, deren Aussehen mir gefiel und deren Fertigkeiten (wie das Harfespielen) und Eigenheiten (rauhe Stimme) ich zum Teil übernommen habe.
    Bei der Lilie von Bela Vista, die historische Frauengestalt Sophie... ja, wo ist die eigentlich hergekommen? Etwas von den historischen Fotografien aus Südbrasilien, ich hab mir lange die Gesichter der deutschen Einwandererfrauen angesehen. Aber der Rest? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich habe mir vorgestellt, was sie erlebt hat und wie eine kluge, aber ungebildete junge Frau mit dem Herzen auf dem rechten Fleck zu jener Zeit wohl darauf reagiert haben könnte.
    Und bei der Nina? Sie ist eine Mischung, etwas hat sie von einer älteren Kollegin, einer Journalistin, die für mich jahrzehntelang ein role-model war, abbekommen, etwas von einer jüngeren Schriftsteller-Kollegin, ein wenig spricht sie wohl auch mir selbst aus der Seele, der Rest ist recherchierter Zeitgeist und Fantasie.
    Bei Tant' Theda kamen Einflüsse meiner Ex-Schwiegermutter und jener Borkumerin zusammen, in deren Café und Pension ich als Schülerin mal in den Sommerferien mit meiner besten Freundin (die wiederum Daggy inspiriert hat) gejobbt habe. :chen
    Du siehst, alles kann irgendwann mal Verwendung finden ;-)


    Herzliche Grüße aus Hamburg!
    P. S. Wie lange bleibst Du denn noch in der Ferne?

  • Dass deine Erinnerungen irgendwie fest verankert sind, konnte man an den Träumen, die Nina noch hat, erkennen. Da will sie die Fehnroute befahren, sich im Hunsrück umschauen und sogar das beste Rezept für den Käsekuchen suchen. Versierte Leser fallen da sofort wieder ein paar Szenen aus den vorangegangenen Romanen ein. :lache Ich habe übrigens an den Stellen auch beschlossen, Sonntag mal wieder in das Café mit dem New Yorker Style zu gehen.


    Das Zusammenbasteln der Figuren stellt dann also doch eine gewisse Vorstellungskraft dar. Bei Klaas Mutter hätte ich vermutet, dass sie existiert hätte. Sie wurde so deutlich beschrieben mit ihren Erlebnissen.


    Wir haben dann vermutlich 1969 gemeinsam Zeit auf der Insel verbracht. Mein Vater meinte vorhin, die Vermieter hießen Ackermann. :lache


    Den Rest schreibe ich jetzt wieder in die entsprechenden Abschnitte.


    P.S.: Vermutlich können wir nächstes Jahr mal einen Alsterspaziergang machen. :wave

  • Schön, dass die Andeutungen, die sich auf frühere Romane beziehen, ein Schmunzeln hervorgerufen haben! Die Fehnroute baue ich ja in alle meine Bücher ein (sogar in Ratgeber wie "Vom Umgang mit chinesischen Geschäftleuten" für die DIHK-Verlag ;-)) Die Flüchtlingsfrau, ja, dazu habe ich einige Interviews geführt und Protokolle gelesen und aus echten Fällen einen neuen kombiniert. Insofern ist schon viel Wahres enthalten.
    Ein gemeinsamer Spaziergang an der Alster würde mich sehr freuen. :lache

  • Hallo Sylvia,


    ich bin noch ziemlich neu bei den Büchereulen, das ist meine erste Leserunde. Ich finde es sehr aufregend und toll das du die Runde unterstützt.
    Mich interessiert wie lange es gedauert hat von der Idee zu diesem Buch bis zur Veröffentlichung.
    Schreibst du immer ein Buch nach dem anderen oder arbeitest du an mehreren Büchern gleichzeitig?
    Ziehst du dich zum Schreben zurück oder brauchst du das Chaos um kreativ zu sein?


    Vergleiche zu deinen anderen Büchern kann ich leider nicht ziehen da dies das Erste ist das ich lese.
    Ich hab so den Verdacht da habe ich ganz schön was verpasst, aber das kann ich ja noch nachholen.

  • Hallo, liebe LauraJane,


    schön, dass Du dabei bist! ;-) Also, ich mag es ja gar nicht so gerne, wenn man meine Romane miteinander vergleicht. Es ist wie mit Kindern: Man liebt jedes auf seine Art, jedes hat seine Besonderheiten, aber man möchte nicht, dass eines mehr bzw. weniger geliebt wird.
    Von der Idee bis zum fertigen Buch vergehen so drei bis zwei Jahre. Mit Pausen dazwischen, die schon wieder für das Entwickeln und Ankurbeln des (über)nächsten Romans genutzt werden. Insofern ist es schwer, die Zeit genau zu bestimmen, die ich für einen Roman brauche.
    Wenn ich dann richtig in der Schreibphase bin, habe ich gern Ruhe, Ruhe, Ruhe. Bitte kein Chaos! Aber ich liebe es, wenn ich spät nachmittags nach dem Schreiben mit dem Manuskript, also mit den neugeschriebenen Seiten des Tages, irgendwo in einem Straßencafé oder an der Alster sitzen und alles in einem Rutsch lesen (und per Hand korrigieren) kann.


    Wünsche noch einen schönen Feierabend!

  • Liebe Sylvia,


    Vielen Dank für dieses schöne Buch.
    Es hat mich von Anfang an mitgerissen. Ich konnte mir Alles so gut vorstellen und habe so sehr mitgelitten.
    Ich bin selbst depressiv und hatte heute (nachdem ich das Buch zuende gelesen habe) einen echt guten Tag. Es hat mich wieder daran erinnert nur die guten Dinge zu zählen und die schlechten zu vergessen.


    Die Welt braucht mehr von solchen Büchern.
    Ich freue mich schon jetzt darauf wieder von dir zu lesen. :wave

  • Liebe LauraJane,


    danke Dir! Das ist ja ein großes Kompliment, es freut mich aufrichtig, wenn die Lektüre ein bisschen dazu beitragen konnte, dass es Dir besser geht. Ich glaube, dann würde Dir auch "Die Glücksbäckerin von Long Island" gut gefallen. Das Buch erscheint übrigens morgen auch in französischer Übersetzung in einem Pariser Verlag – meine erste Auslandslizenz. Und in einer ersten französischen Rezension heißt es, das Buch sei "unglaublich optimistisch".
    Leider schafft man es ja nicht immer allein. Aber es ist natürlich wunderbar, wenn man sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen kann. Zum Beispiel indem man sich mit Dingen beschäftigt, die einem gut tun.


    Liebe Grüße!
    Sylvia

  • Liebe Sylvia,


    vielen Dank für den Tip, das kommt gleich auf meine Leseliste.
    Man (muss) sollte sich auf jeden Fall Hilfe holen. Ohne geht es nicht. Das Buch hat mich daran errinnert mir zu überlegen was das Gute am Tag war und schon gings mir besser. Meistens neige ich eher dazu mich an den schlechten Dingen aufzuhängen.


    Ich wünsche dir viel Erfolg in Frankreich. Ich könnte mir gut vorstellen das Borkum demnächst von franösischen Touristen überflutet wird. :wave

  • Liebe LauraJane,


    danke! Bei dem französischen Buch handelt es sich um die Glücksbäckerin, die auf dem Festland im süden ostfrieslands, im sogenannten Fehngebiet, und in New York und auf Long Island spielt. Borkum werden die Leserinnen aus Fronkreisch deshalb eher noch nicht fluten ;-). Aber wer weiß, vielleich die Region "Frise Orientale"


    Liebe Grüße
    Sylvia