• Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
• Verlag: Galiani-Berlin (18. Februar 2016)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-10:
ASIN/ISBN: 386971008X |
• ISBN-13: 978-3869710082
Kurzbeschreibung (Amazon)
Noch nie war Liebe so finster und Weltuntergang so unterhaltsam.
Frauen haben die Regierung an sich gerissen, Pillen geben ewige Jugend, religiöse Endzeitsekten schießen wie Pilze aus dem Boden und ein genervter Mann kettet seine Frau kurzerhand im Keller an ...
Wir schreiben das Jahr 2031: Staatsfeminismus, Hitzewellen, Wirbelstürme, Endzeitstimmung und ein 50-jähriges Klassentreffen in der Hamburger Vorortkneipe ›Ehrlich‹. Dank der Verjüngungspille Ephebo, der auch Sebastian Bürger sein gutes Aussehen verdankt, sehen die Schulkameraden im besten Rentenalter alle wieder aus wie Zwanzig- bis Dreißigjährige, und als Sebastian seine heimliche Jugendliebe Elli trifft, ist es um ihn geschehen. Wen interessiert es da noch, dass die Krebsrate von Ephebo bei 60% innerhalb der nächsten zehn Jahre liegt?
Alles könnte so schön sein, wäre da nicht Sebastians Frau, die ehemalige Ministerin für Umwelt, Naturschutz, Kraftwerkstilllegung und Atommüllentsorgung, die er seit zwei Jahren in seinem Keller gefangen hält. Dort muss sie ihm seine Lieblingskekse backen und auch sonst in jeder Hinsicht zu Diensten sein. Seiner neuen Liebe steht sie jetzt allerdings im Weg. Bei dem Versuch, sich seine Frau vom Hals zu schaffen, löst Sebastian eine Katastrophe nach der anderen aus ...
Über die Autorin
Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2005), Die entführte Prinzessin (2005) und Taxi (2008) waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt. 2011 erschien ihr Selbstversuch Anständig essen, in dem sie die Frage aufwarf »Wie viel gönne ich mir auf Kosten anderer?« und damit eine breite Diskussion über unser Konsumverhalten auslöste. Zuletzt erschien von ihr die Streitschrift Warum die Sache schiefgeht (2014). Die Verfilmung ihres Romans Taxi kam im Sommer 2015 in die Kinos.
Meine Meinung
Gar nicht so leicht, dieses Buch zu einzusortieren und zu bewerten. Ich habe es als politisch-dystopische Gesellschaftssatire empfunden, bitterböse und mutig, mit einem sarkastischen und schwarzen Humor, der einem das Lachen im Hals stecken bleiben lässt.
Man schreibt das Jahr 2031, die Menschen in Deutschland leben in einer Art feministischen Demokratie, der Klimawandel zeigt drastische Auswirkungen, Technik und Medizin haben einige befremdliche „Fortschritte“ gemacht.
Sebastian ist meiste Zeit seines Lebens einer von den „Guten“ gewesen, ein Kämpfer für die Umwelt, die Gleichberechtigung und den Erhalt unseres Planeten – nun, im fortgeschrittenen Alter (dazu später mehr) von ca. 70 Jahren hat er aufgegeben. Der Punkt, an dem eine Umkehr noch möglich wäre, ist für ihn überschritten und er geht davon aus, dass der Menschheit noch 5 bis 10 Jahre beschieden sind bis zu ihrem endgültigen Untergang. Seitdem sind bei ihm die moralischen Schranken gefallen. Er isst wieder Fleisch – und hat seine Exfrau im Keller seines Hauses eingesperrt, wo er sich in jahrelang unterdrückter männlicher Machtausübung ergeht. Daraus entwickeln sich bizarre Situationen, von merkwürdig über grotesk bis hin zu grausam und brutal. Nichtsdestotrotz trägt Sebastian seine vorwurfsvollen Thesen bezüglich der Selbstvernichtung der Menschheit beständig auf den Lippen.
Die Geschichte ist ziemlich verstörend, aber interessant und fesselnd geschrieben, die Beschreibungen ebenso anschaulich wie drastisch. Karen Duve nimmt kein Blatt vor den Mund und schont ihre Leser nicht. Sie legt den Finger schonungslos in die offenen Wunden unserer Gesellschaft - nicht nur in Bezug auf Umweltzerstörung und teilt dabei nach allen Seiten aus. Ausgehend vom Status Quo zeigt sie, wohin die Reise in den nächsten Jahren gehen könnte (ihrer Überzeugung nach sicher „gehen muss“) und dabei kriegt so ziemlich jeder sein Fett weg.
Besonderes Augenmerk legt sie dabei auf den übersteigerten Jugendwahn der Menschen, der sich ja bereits heute abzeichnet. Mit Ephebo hat man in der näheren Zukunft ein Medikament entwickelt, welches die Jugend zurückbringt. Wobei sich durch die Dosierung steuern lässt, welchen Grad an Verjüngung man erzielen will. Die überwiegende Zahl der Übersiebzigjährigen bewegt sich demnach in Körpern von deutlich Jüngeren, so auch Sebastian. Das Ganze bezahlt man mit einem exorbitant gesteigerten Krebsrisiko, was aber keinen interessiert, weil jeder denkt, ihn wird es schon nicht erwischen. Sebastian sieht die Sache durchaus realistisch, aber auch für ihn ist das nicht weiter von Bedeutung, da es nach seiner festen Überzeugung über die nächsten paar Jahre hinaus eh keine Zukunft geben wird.
Wie die Geschichte am Ende aufgelöst wird, hat mir gefallen. Es passte so. Glaubwürdigkeit und Stimmigkeit bezüglich der Figuren und der Ereignisse sollte man nicht so eng sehen. Alles ist überzeichnet, wenig subtil, ja sogar ein bisschen plakativ. Manchmal hatte ich den Eindruck, Karen Duve hat sich im Vorfeld diverse Schubladen zurechtgelegt und dann sämtliche Figuren passend einsortiert.
Ihr drastisches Anprangern der Umweltzerstörungen durch Geldgier, Gleichgültigkeit und Versagen von Wirtschaft und Politik ist mir noch geläufig durch ihre Streitschrift "Warum die Sache schiefgeht". Ihre aufrüttelnden Wahrheiten sind es durchaus wert, wieder und wieder ausgesprochen zu werden. Aber es stört mich ein bisschen, dass sie es dem Leser quasi mit dem Holzhammer eintrichtert. In den ersten beiden Dritteln des Buches gibt es kaum ein Gespräch, das sich nicht um Endzeitszenarien dreht und in welchem nicht die immer gleichen Vorwürfe fallen.
Trotz der kritischen Anmerkungen war es für mich ein interessantes Buch, das sicherlich polarisieren und so manchen er- und abschrecken wird, dem ich aber trotzdem viele Leser wünsche.
7 Punkte