Was das Meer ihnen vorschlug - Tomas Gonzalez

  • Mare-Verlag, 2016
    160 Seiten,


    OT: Temporal
    Aus dem Spanischen von Rainer und Peter Schultze-Kraft


    Kurzbeschreibung:
    Als nichtsnutzige Versager betrachtet der jähzornige, misanthropische Hotelbesitzer seine fast erwachsenen Zwillingssöhne Mario und Javier. Und nachdem sie jahrelang unter ihm gelitten haben, bringen die beiden Brüder dem herrischen Vater ihrerseits lang gewachsene Ablehnung entgegen. Schließlich hat nicht zuletzt dessen schamloses Verhältnis mit einer anderen Frau, aus dem sogar ein weiteres Kind hervorgegangen ist, ihre Mutter krank gemacht – ein offenes Geheimnis in dem kleinen Küstenort. Eines Nachmittags begeben sich Vater und Söhne zum Fischen auf hohe See. Doch vor der karibischen Küste braut sich ein schweres Unwetter zusammen, die Hitze ist drückend, die Stimmung aufgeladen. Als ihr Motorboot in Seenot gerät und der Vater plötzlich über Bord geht, erkennen die Brüder eine Chance, die so verlockend wie grausam ist.
    In siebenundzwanzig vielstimmigen Kapiteln schildert Tomás González die schicksalsträchtigen Stunden, in denen ein fest verwurzelter Konflikt unaufhaltsam auf seinen Höhepunkt zusteuert und in denen zwei Brüder eine Entscheidung über Leben und Tod fällen müssen. Vordergündig still, erzählt González eine dramatische Geschichte von der Dimension einer griechischen Tragödie.


    Über den Autor:
    Tomás González, 1950 in Medellín geboren, zählt zu den wichtigsten kolumbianischen Autoren der Gegenwart. Er studierte Philosophie in Bogotá und begann in den 80er-Jahren mit dem Schreiben von Erzählungen, Romanen und Gedichten, von denen viele ins Deutsche übertragen worden sind. Nachdem er 16 Jahre als Übersetzer und Journalist in New York tätig war, lebt er heute wieder in Kolumbien.


    Über die Übersetzer:
    Peter Schultze-Kraft, 1937 in Berlin geboren, setzt sich seit fünfzig Jahren als Übersetzer und Herausgeber für die lateinamerikanische Literatur im deutschsprachigen Raum ein. Seit 2003 überträgt er Tomás González' Werke ins Deutsche, zusammen mit seinem Bruder Rainer Schultze-Kraft, geboren 1941, ehemals Professor für tropische Landwirtschaft und Kolumbien ebenfalls eng verbunden.


    Mein Eindruck:
    Hier stelle ich wieder mal einen Roman aus Kolumbien vor.
    Da das Buch beim Mare-Verlag erschienen ist, spielt sich die Handling viel am oder auf dem Meer ab. Die Familie, um die es geht, hat ein gut gehendes Hotel am Golf von Morrosquillo.
    Der tyrannische Vater geht mit seinen beiden erwachsenen Söhnen fischen. Zwischen ihnen bestehen Konflikte, die drohen, offen auszubrechen. An Land zurück bleibt die geistig verwirrte Mutter und einige Hotelgäste, die die Karibikküste lieben.


    Die Fischerei-Szenen haben Hemingway-Charakter. Der Fang ist reichlich, doch dann zieht ein Unwetter auf.


    Gonzales zeigt vor den Kapiteln die Uhrzeit im Stundenrythmus an und lässt immer wechselnd die inneren Stimmen der beteiligten Figuren zu Worte kommen. Damit verdichte er den Stoff zu einem wirkungsvollen Konzentrat,. Durch die Perspektivwechsel wird ein ambivalentes Bild gezeigt wird, in dem sich die Situation mehr und mehr zuspitzt.
    Ein Szenario eines Antonio Lobo Antunes gleich, wenn auch in einem kleineren Rahmen.

  • Ich durfte das Buch als WB von Herr Palomar lesen - vielen Dank dafür :wave



    Und hier meine persönliche Meinung:


    Schauplatz: ein Küstenort in Kolumbien
    Ausgangspunkt ist: Der Besitzer des Hotels Playamar fährt mit seinen Zwillingssöhnen Mario und Javier aufs Meer, um für die Hotelgäste frischen Fisch zu angeln.


    In relativ kurzen Kapiteln, die jeweils mit der Uhrzeit überschrieben sind, wird die Geschichte aus wechselnden Perspektiven erzählt. Der 71jährige Vater verachtet sowohl seine Kinder, die er für Nichtsnutze hält und die ihm nichts recht machen können, als auch seine Hotelgäste. Sich selbst hält er für gewitzt. Die Söhne hassen ihn im Gegenzug, u. a. wegen seiner Habgier. Die Zwillinge sind sehr unterschiedlich talentiert, sind zusammen aber erfolgreich im Hotelrestaurant tätig und betreiben auch noch ein Lebensmittelgeschäft. Die Ehefrau und Mutter lernt der Leser vor allem als kranke und wirre Persönlichkeit kennen – verursacht wurde dies durch die Untreue ihres Mannes. Daneben kommen immer wieder Hotelgäste zu Wort.


    Nun zieht ein Unwetter auf und kein anderer Fischer wagt sich aufs Meer. Nur diese drei Männer begeben sich mitten in die Gefahr und die Situation spitzt sich zu, sowohl von den Naturgewalten als auch von der Stimmung an Bord. Die Spannung steigt - das merkt jeder der Beteiligten und auch der Leser.


    Der Autor hat in einem schönen und eindringlichen Schreibstil seine Geschichte erzählt. Mir persönlich blieben allerdings die Figuren fremd und ich empfand keine Nähe, eher eine Distanziertheit. Ich fühlte mich nicht mitgenommen. Nichtsdestotrotz fand ich das Buch gut.

  • Mir hat dieser Roman, der vor der Kulisse der kolumbianischen Küstenlandschaft spielt, sehr gut gefallen.


    Die Geschichte, die sich zu einem kleinen Drama auswächst, wird in kurzen Kapitel abwechselnd aus der Sicht von verschiedenen Personen erzählt. Die beiden Zwillingsbrüder Mario und Javier fahren zusammen mit ihrem verhassten, herrischen Vater in einem kleinen Fischerboot aufs Meer zum Angeln. Obwohl ein Sturm vorhergesagt ist, begeben sie sich mit dem kleinen Boot aufs offene Meer. Die Mutter, die psychisch krank ist, sowie die Touristen und Angestellten der Hotelanlage erleben das aufkommende Unwetter vom Festland aus.
    Durch die vielen kurzen Kapitel aus unterschiedlicher Sicht war für mich das Buch sowohl sehr fesselnd als auch abwechslungsreich zu lesen. Von Beginn an ahnt der Leser, dass es zu einem Konflikt zwischen den Brüdern und dem Vater auf dem Meer kommen wird.


    Ganz besonders gut gefallen hat mir die Sprache des kolumbianischen Autors. Das Buch ist mit 150 Seiten relativ dünn. Trotzdem habe ich es als sehr intensiv und eindringlich empfunden. Der Autor schafft es mit wenigen Worten eine Situation sehr genau und atmosphärisch zu schildern. Ich hatte das Gefühl, dass in dem Buch kein Wort zu viel oder auch zu wenig geschrieben worden ist. Die Spannung in dem Buch wurde sehr präzise aufgebaut und auch wenn ich die Personen wie Richie nur aus einer Distanz gesehen habe, hatte ich doch das Gefühl, sie direkt und sehr intensiv vor mir zu sehen.


    Für mich war "Was das Meer ihnen vorschlug" ein Buch, dass ich sehr gerne gelesen habe und welches noch eine Zeit lang bei mir nachwirken wird.
    Ich gebe dem Buch insgesamt 8 Eulenpunkte.