Sue Hubbell: Leben auf dem Land
Verlag: Diogenes 2016. 272 Seiten
ISBN-13: 978-3257069600. 22,00€
Deutsche Erstausgabe: Ein Jahr in den Ozark Mountains. SchirmerGraf (2007)
Originaltitel: A Country Year (1986)
Übersetzerin: Barbara Heller
Nachwort: J.M.G. le Clézio
Verlagstext
Eine Hymne auf das entschleunigte Leben: Sue Hubbell, ehemals Bibliothekarin in Rhode Island, dann Bienenzüchterin auf einer einsam gelegenen Farm in Missouri, zeigt uns mit feinem Humor und naturwissenschaftlicher Kenntnis, wie viel wir von Bienen und Fledermäusen, von Insekten und Pflanzen lernen können, kurz: von den faszinierenden Beziehungen und Prozessen in der Natur. Das schönste Buch zum „Slow Life“ nun in Neuausgabe.
Die Autorin
Sue Hubbell, geboren 1935 als Tochter eines Botanikers, ist Autorin zahlreicher Werke über Naturgeschichte und Bienenkunde. Ihre Bücher “Leben auf dem Land” (A Country Year) und “A Book of Bees” wurden von der “New York Times Book Review” als Notable Books of the Year ausgezeichnet. Regelmäßige Beiträge für Zeitschriften wie „The New Yorker“,“Smithsonian“ u. a. Sie lebt heute in Maine.
Inhalt
Sue Hubbell und ihr Mann waren typische Aussteiger, denen ihre sicheren Arbeitsplätze eines Tages viel zu behaglich geworden waren. Sie kauften eine Farm in Missouris Ozark Mountains, idyllisch gelegen zwischen einem Nationalpark und einer weiteren Fläche, die unter Naturschutz steht. Da sie von Landwirtschaft nichts verstanden, begannen sie, Bienen zu halten und von der Imkerei zu leben. Sue Hubbell brachte als Biologin für das Leben auf dem Land zumindest die theoretischen Grundlagen mit. Ihr Vater war Botaniker gewesen und als Kind hatte sie die pflanzenkundlichen Spaziergänge mit ihm sehr genossen. Nach der Trennung von ihrem Mann lebt sie zur Entstehungszeit ihrer kurzen Zeitschriften-Kolumnen als Fünfzigjährige seit Jahren allein auf der Farm und erledigt fast alle schweren körperlichen Arbeiten selbst. Neben der Versorgung ihrer Bienenvölker und dem Verkauf ihres Honigs muss sie sich um das Holzmachen, die Instandhaltung der Gebäude, des Brunnens und ihres betagten Pick-Ups kümmern. Wenn man allein Bäume fällt, kann das Leben sehr schnell zu Ende sein. Wer in den Ozark Mountains lebt, hat sich gegen ein einfaches Leben und für ein geringes Einkommen entschieden. Hubbells Tauschwährung sind der Honig und gegenseitige Nachbarschaftshilfe. Ihre Nachbarn jagen, fällen Bäume, sammeln Nüsse und wertschätzen auch die bescheidenste Einnahmequelle. Sie alle machen keine großen Worte, empfinden die Befriedigung durch Können und Tun dafür umso intensiver.
In Zeiten der Muße beobachtet Hubbel die Tier- und Pflanzenwelt, sinniert darüber, wann ihre Hunde lernen werden, sich nicht mehr mit Kojoten zu prügeln und welchen Vorteil Schlangen auf einer Farm haben, wenn die Mäuse überhandnehmen. Ich weiß nicht, wen der Diogenes Verlag mit seinem verschrobenen Klappentext ansprechen wollte. Wenn mir jemand versprochen hätte, dass hier das Buch einer Berufsimkerin auf mich wartet, auf deren Land es Kojoten, Opossums, Termiten, giftige Spinnenarten (Loxosales reclusa) und Kupferkopfnattern (Agkistrodon contortrix) gibt, hätte ich dagegen sofort zugegriffen. Dass hier ein wunderbar entschleunigendes Buch seine Leser glücklich machen würde, ließ sich hinter dem merkwürdigen Begriff „lebt auf einer Bienenfarm“ nicht vermuten. Wo ein Imker lebt, ist nebensächlich, die Bienenstöcke werden ohnehin aufgestellt, wo Bienen willkommen sind und Futter finden.
Fazit
Sue Hubbell berichtet sehr nüchtern, selbstironisch und mit einem trockenen Humor, der sich sicherlich auch aus der nüchternen Art ihrer tatkräftigen Nachbarn gespeist hat. Mit passendem Vorsatzpapier und Lesebändchen äußerlich ein beneidenswert schönes Buch, zum Thema Umbrüche im Leben inhaltlich zeitlos - Naturliebhaber wird es mit Sicherheit glücklich machen.
Zitat
„Heute gibt es in meinem Leben Frösche in Hülle und Fülle, und das beglückt mich, aber so eingenommen von mir bin ich heute nicht. Zum einen ist mein Leben nicht so verlaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte, zum anderen bilde ich mir nicht mehr ein, über irgendetwas alles zu wissen. Von Fröschen beispielsweise habe ich keine Ahnung, und besonders klar wird mir das, wenn sie meine Fenster besetzen, in mein Bett springen oder meinen Schutz benötigen.“ (S. 31)
10 von 10 Punkten