'Was? Wäre? Wenn?' - Seiten 186 - Ende

  • Vorweg mööchte ich angesichts deiner leidenschaftlichen Verteidigung eines klarstellen: Ich habe den Roman nicht als "nicht schlecht" eingeordnet, sondern als "wirklich gut", und die Kritikpunkte wurden meinerseits auch als subjektiv dargelegt. Es ist dir gelungen, daß mich ein Roman aus einem Genre, um das ich normalerweise einen Bogen mit einem Lichtjahreradius mache, drei Nächte lang gefesselt und amüsiert hat!
    Das muß eine erst mal hinkriegen! :lache


    Zitat

    Original von Wiebke
    Ich weiß nicht, ob es für jeden vorhersehbar ist, da hast Du als Schreibprofi sicher den Vorteil, dass Du dramaturgische Winkelzüge schneller erkennst. Ob das eine Frage der Gattung ist? :pille Hm, das würde ich jetzt nicht sagen.


    Da spricht weniger der "Schreibprofi" aus mir als die Literaturwissenschaftlerin, die noch anders analytisch liest, weil es ihr nicht so sehr ums "Handwerk" geht als um Strukturen, die man dann beschreibend ordnet. (Wobei auch das dem Handwerk zugute kommt.)


    Jedes "Genre" (ich weiß, daß das ein wackeliger Begriff ist, aber ich nehme ihn trotzdem, weil er nun mal allgemeinverständlich ist) hat seine strukturellen, dramaturgischen, erzählerischen und stilistischen Eigenarten (nicht "Regeln" - das wäre hier der falsche Begriff!!!). Diese Eigenarten setzt jeder Autor auf seine Weise um.
    Da mir die handlungsspezifischen Eigenarten des Genres Moderner Frauenroman einigermaßen vertraut sind, konnte ich vorwegnehmen, wie es ausgeht. Und wurde nicht enttäuscht. Und das ist keineswegs ironisch gemeint! :wave


    Ganz grundsätzlich ist es ja so, daß Leser konservativ sind; es ist ein Pluspunkt, wenn man sie darin, WAS man erzählt, nicht enttäuscht. Beim WIE sind Überraschungen allerdings Pflicht -- und genau das gelingt dir m.A.n. auch!


    "Vorhersehbarkeit" ist für mich nicht per se etwas Schlechtes (dann wäre 90% der Weltliteratur schlecht), sondern sie begründet sich in den strukturellen Eingenarten des Erzählens. Jede Art von Erzählen folgt einer Logik, sonst funktioniert es einfach nicht, denn man würde es einfach nicht verstehen.
    Extremes Beispiel: Sixth Sense -- Wenn sich gegen Ende das Rätsel löst, dann haut sich nahezu jeder an die Stirn: Eigentlich war es doch von Anfang an offensichtlich, eigentlich gab es genügend Hinweise, aber man sah den Wald vor lauter Bäumen nicht! Weil man von den Machern des Films bewußt in der Perspektive des (toten) Psychologen gehalten wurde, damit man mit ihm gemeinsam des Rätsels Lösung erkennt.
    Trotzdem ist die Geschichte an sich, die Handlung, vorhersehbar, denn sie nimmt die eigentlich einzig möglichen Wege zu einer Lösung: Der Junge lernt in Ansätzen, mit seiner Begabung umzugehen, und der Verstorbene erlöst sich, indem er Abschied nimmt von dieser Welt, in die er nicht mehr gehört.
    Das Überraschende liegt immer im Wie. In der Erzählperspektive, im Stil, in der Sprache, in der Vermittlung der Informationen an den Leser.


    Noch was: Daß ich die Vorbereitung als "etwas dünn" bezeichnet habe, ist m.A.n. eher ein "Generationenproblem". Ich bin ein Kind der frühen 1960er, wir ticken anders als die Kinder der 1940er, 1950er, 1970er, 1980er, 1990er. "Die Welt ist im Wandel" -- das war sie schon immer und das wird sie bleiben, solange sie besteht. :grin
    Mir erschien die psychologische Vorbereitung zu schwach: Das Schnoddrige an Charly und ihre (schein-)oberflächliche Witzigkeit als Erzählerin überdeckten für mich die Verletzlichkeit ein bißchen zu sehr. Wohlgemerkt: ein bißchen!
    (Herrgott, ich reite jetzt schon auf einer Relativierung meiner eigenen Kritik herum! :rolleyes)


    Es war also keine Erklärung oder Verteidigung vonnöten.


    Andererseits denke ich, daß dir das Feedback einer alten Schachtel wie mir durchaus hilft, deine Zielgruppe auszudehnen und deine Romane über die eigene Generation hinaus zu einem literarischen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis zu machen. Schließlich haben Autoren immer auch etwas Missionarisches an sich -- sonst würden wir ja nicht an die Öffentlichkeit gehen, sondern nur für uns selbst dichten. :lache

  • Liebe Iris,


    keine Sorge, ich war nicht angefasst oder so - halt nur, wie du schon sagtest, leidenschaftlich :grin


    Sich hast Du Recht mit Deiner Anmerkung, dass es auch eine Frage der Generation ist, der man angehört. Werde also in Zukunft auch auf die alten Schachteln achten (duck und wegrenn ...). Kleiner Spaß, hi, hi! :lache


    Also danke für Deine Anmerkungen!


    (aber könntest Du bitte, bitte den "Mordernen Frauenroman" wegnehmen, ich hasse dieses Wort, heul!)

  • Zitat

    Original von Wiebke
    Solltest als Lektorin arbeiten (oder tust du das??).


    Erschöpfte Grüße!


    ... wenn du mir einen Job verschaffst, vielleicht! :grin

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Zitat

    Original von Wiebke
    keine Sorge, ich war nicht angefasst oder so - halt nur, wie du schon sagtest, leidenschaftlich :grin


    Na, dann ist 's ja gut, denn das solltest du auch! :knuddel1


    Zitat

    Werde also in Zukunft auch auf die alten Schachteln achten



    Zitat

    (aber könntest Du bitte, bitte den "Mordernen Frauenroman" wegnehmen, ich hasse dieses Wort, heul!)


    Sag mir, wie ich diesen Babytyp nennen soll, und ich nehm das! Ehrenwort!



    (Nein, ich lasse mir gerade keine Badewanne vollaufen! :fetch)

  • Habs die letzten Tage nicht an den PC gecshafft, aber zum Glück rechtzeitig ans Buch... :grin


    Ich bin sowiet ausgesöhnt mit mir und der Welt, habe ein paar Tränchen verdrückt, als Charly mit ihren Eltern geredet hat und vemisse Charly Maybach schon ein wenig ;-) Aber vielleicht hast Du, Wiebke, dazu beigetragen, daß ich ein bißchen Charly in meinem Charlotta-Ich wiederfinde...


    Ich fand das Buch klasse, hab gleich eins für meine Freundin zum Geburtstag bestellt und werde nun auch noch die anderen lesen :grin


    Und bei einem Neuling bin ich hier sehr gerne auch wieder dabei :wave

  • So auch ich bin fertig. Leider muß ich sagen. War ein tolles Lesevergnügen mit Tränen vor Lachen aber auch mal nachdenklich sein und ich habe fesgestellt daß ich mit meinem Leben zufrieden bin so wie es ist auch wenn es da ein paar Sequenzen zum löschen gibt, aber weiß wie es dann gekommen wäre.............. Danke Wiebke !!! :kiss

  • Ich habe heute mit dem Buch begonnen und ich finde es toll.


    @ Wiebke
    Ich hatte mir das Buch extra vorbestellt. Der Euro hat sich gelohnt, tolles Buch! :anbet

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

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  • Charly ist mir innerhalb kurzer Zeit sehr ans Herz gewachsen.


    Am 1.Abend mußte ich mit absoluten Mißmut die Lampe ausschalten, ich wollte einfach nicht aufhören zu lesen.
    aber..es sollte auch nicht aufhören, ich wollte mindestens noch einen Abend..mit Charly und ihren Leidensgenossen/genossinen verbringen..
    Das Buch..hätte ruhig noch 200 Seiten mehr haben dürfen!..*g


    Ich hatte auch schon den Wunsch, die Zeit zurückdrehen zu dürfen,
    ..mit dem Wissen von "heute",
    was daraus werden kann, hat mir das Buch wunderbar gezeigt.



    auch wenn ich nicht an dieser Leserunde teilgenommen habe,
    war es absolut interessant,Eure Meinungen..die Aussagen von Wiebke dazubegleitend nachträglich zu lesen.


    liebe Grüße
    martina

  • Ich hab ja keine Ahnung, ob Wiebke noch mal in diesen Fred gucken wird, aber ich kann mir einen Kommentar einfach nicht verkneifen.
    Das war - seit langem - ein Buch, für das ich mir die Nacht um die Ohren gehauen habe. Immer wollte ich "nur noch ein Kapitel" lesen, aber dann war es doch das ganze Buch und das bis nachts um 03.00 Uhr :grin


    Alles in Allem kann ich mich den Meinungen der anderen Leser nur anschließen. Vielen Dank für die tollen Stunden mit Charly und ihren Freunden und Feiden. :knuddel1


    Eine Frage/Anmerkung hätte ich allerdings noch zu machen. (Falls die Autorin noch mal auftaucht)
    Ich habe in der "falschen Welt" immer auf einen Knall zwischen Juli und David gewartet. Als Charly sie anruft, klingt Juli verschnupft. Daraus habe ich geschlossen, dass sie geweint hat. Also hab ich immer gehofft, dass Juli auch ohne Charlys "Hilfe" merkt, wie wenig David zu ihr passt.
    Aber das fällt wohl unter "Man kann es halt nicht jedem Leser recht machen" :grin