Thilo Sarrazin - Wunschdenken. Europa, Währung, Bildung, Einwanderung - warum Politik so häufig.....

  • Titel: Wunschdenken. Europa, Währung, Bildung, Einwanderung – warum Politik so häufig scheitert
    Autor: Thilo Sarrazin
    Verlag: DVA
    Erschienen: April 2016
    Seitenzahl: 576
    ISBN-10: 342104693X
    ISBN-13: 978-3421046932
    Preis: 24.99 EUR


    „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorherzusagen, sondern gut auf sie vorbereitet zu sein. (Perikles im 5. Jahrhundert vor Christus)“.


    Thilo Sarrazin gehört zu den Menschen, die sehr polarisieren – denen man zumeist vollgestopft mit irgendwelchen Vorurteilen begegnet. Und so wird es wahrscheinlich auch bei diesem Buch so sein. Man wird darüber wettern, es niedermachen – ohne es ggf. gelesen zu haben. Aber das wäre ja nichts Neues.
    Wie sagt man doch so schön: „Je weniger einer weiß – je mehr glaubt er jeden Scheiß!“
    Und so ist es auch bei diesem Buch: Man bildet sich eine „Meinung“ - ohne es gelesen zu haben.


    Dabei lohnt es sich dieses Buch zu lesen, sich mit den Aussagen von Thilo Sarrazin vorurteilslos zu beschäftigen.


    Es macht wenig Sinn, hier jetzt auf die konkreten Aussagen von Sarrazin einzugehen, das würde den Rahmen dieser Meinungsäußerung zu diesem Buch sprengen. Sarrazin argumentiert durchaus logisch, untermauert seine Argumente mit Zahlen und mit Beispielen aus der Geschichte. Sicher kann man dagegen oftmals auch Gegenargumente anführen, die sollten sich aber nicht in irgendwelchen Vorurteilen oder plakativen Äußerungen erschöpfen. Es macht vielmehr Sinn, sich den Ansichten von Sarrazin sachlich auseinanderzusetzen.
    Egal wie man auch zu ihm stehen mag: Dieser Mann hat etwas zu sagen – im Gegensatz zu so vielen anderen, von denen nichts anderes kommt als irgendwelche linken Sprüche.


    „Die meisten Menschen sind leicht beeinflussbar. Sie schwanken in ihren Gefühlen, sind getrieben von ihren Vorurteilen und überkommenen Einstellungen, wollen anderen gefallen und bei den Gewinnern sein, haben nur zu ganz wenigen wichtigen politischen Fragen eine originäre Sachkunde oder fundierte Meinung.“


    Diese Aussage von Sarrazin stützt sich sehr auf die Erkenntnis von Karl Popper „das Demokratie nicht die Vernunft selbst herstellen kann. Die Frage der intellektuellen und moralischen Standards ihrer Bürger ist in weitem Ausmaß das Problem von Personen.“


    Und immer wieder begegnen uns in diesem Buch die Erkenntnisse und Aussagen von Karl Popper, ohne Frage einer der brillantesten Denker.


    Sehr interessant übrigens auch diese Aussage von Thilo Sarrazin:
    „Wir schulden uns selber, dass wir die Verhältnisse in unserem Land zum bestmöglichen gegenseitigen Vorteil seiner Bürger regeln. Selbstverständlich sollte sein, dass wir dabei demokratische Regeln achten und zu Kompromissen fähig sind. Anderen Ländern schulden wir, das wir ihnen nicht auf der Tasche liegen und das wir sie nicht bedrohen, Sonst schulden wir ihnen grundsätzlich nichts, ebenso wenig wie sie uns.“


    Thilo Sarrazin sieht erhebliche Fehler in der deutschen Politik und in der deutschen Politikgestaltung durch Angela Merkel. Er kritisiert den unkontrollierten Zuzug von Flüchtlingen, er kritisiert den politischen Islam und der macht überzeugend auf die Gefahren aufmerksam, die diesem Land dadurch entstehen.


    Thilo Sarrazin hat ein notwendiges und wichtiges Buch geschrieben und man sollte dieses Buch als Teil der politischen Auseinandersetzung sehen. Und natürlich hat auch Sarrazin jedes Recht dazu seine Meinung in einem Buch zu äußern.


    Dieses Buch eignet sich geradezu perfekt als Diskussionsgrundlage – aber nur dann, wenn man auch an einer sachlichen Diskussion interessiert ist.


    Auf dem Buchrücken ist zu lesen:
    „Thilo Sarrazin beschreibt die Bedingungen und Möglichkeiten guten Regierens und untersucht typische Formen politischen Versagens. Und er verdeutlicht, warum die Träume von einer besseren Welt meist nichts Gutes hervorbringen. Dabei zeigt sich: Die gravierenden Fehler der aktuellen deutschen Politik lassen sich häufig auf gute Absichten und weltfremde Vorstellungen zurückführen.“


    Folgende Anmerkung sei noch erlaubt:
    Man sollte sich nur etwas zu diesem Buch äußern, wenn man es auch gelesen hat. Man sollte sich nicht von den geäußerten Vorurteilen der linken Medien beeinflussen lassen. Das Buch lesen und sich eine eigene Meinung zu bilden, kann dazu auch ein spannender Vorgang sein.


    Und noch eines:
    Weil man sich mit einem Buch von Thilo Sarrazin beschäftigt, mit einigen seiner Ansichten auch übereinstimmt – bedeutet nicht, dass man der „braunen Ecke“ zuzuordnen ist. Ein solcher „Nazi-Vorwurf“ ist nur der Beweis für unglaubliche Dummheit, Unwissenheit und Bösartigkeit.


    Ein sehr lesenswertes, ein sehr interessantes Buch – ein Buch als Diskussionsgrundlage bestens geeignet. 7 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für diesen Beitrag, Voltaire. Passt gut, weil ich gerade das ausgezeichnete Interview mit ihm in der FAS von heute gelesen habe. Ich werde das Buch auf jeden Fall lesen.

  • Nachdem SPD-Politiker in der Realität angekommen sind, erkennen sie das politisch Richtige. Haben Sie Mut, versuchen sie auch das politisch Richtige zu realisieren. Im besten Fall folgt eine Politik, die Konservative und Liberale niemals durchsetzen könnten, weil ihre Gegner schon auf Barrikaden stiegen, bevor die Urheber sich überhaupt getraut haben, an die Realisierung dieser Reformpolitik zu denken. Denn nur die Linken können Reformen durchsetzen. Bei anderen Politikern hieße eine Reform „Neoliberalismus“. Gut, bei der SPD letztendlich auch, aber erst, nachdem Reformen durchgesetzt worden sind, weshalb die Partei sich recht bald wieder in der Opposition wiedergefunden hat. Leider wird das Richtige so gut wie nie vom Wähler honoriert. Macht nichts, immerhin profitiert das Land davon.


    Der Autor ist ein gutes Beispiel für diese These. Er hat Geschichte gemacht, obwohl das nur wenige wissen. Ohne ihn hätte es die deutsch-deutsche Währungsunion vermutlich kaum gegeben, zumindest wäre sie nicht so schnell und relativ harmonisch umgesetzt worden. Am Ende seines aktiven Lebens hat der Mann, um den es hier geht, Bücher geschrieben, die ihm und seiner Frau den Arbeitsplatz gekostet haben. Und nicht nur das: Kaum ein anderer wurde so oft angefeindet und verleumdet wie er.


    Warum? Er hat zwei Fehler gemacht. Er hat eine große Schnauze, was ihm viele verübelt haben. Aber der größte Fehler, den man in Deutschland überhaupt machen konnte, war, über „genetische Identität“ zu schwadronieren. Er selbst hat es sehr bedauert und in seinem neuen Buch, um das es hier geht, schreibt er auf Seite 36:


    „Die Frage, wie sich beim Herausragen (oder Zurückbleiben) bestimmter Herkunftsgruppen genetische Faktoren und kulturelle Dispositionen mischen, wird an dieser Stelle nicht weiter erörtert.“


    Das ist auch gut so, schließlich sollte man sich nicht leichtfertig auf dünnes Eis begeben. Zweitens würden die auf jeden Fehler lauernden Kritiker sich sofort darauf einschießen, ohne auf den Inhalt seines Buches einzugehen.


    Nun, wer weder Ideologe noch Utopist ist, sondern Realist, kommt kaum daran vorbei: In Sarrazins neuem Buch stehen viele gute Gedanken. Besonders stark ausgefeilt ist das zweite Kapitel, das Formen des glücklichen Zusammenlebens beschreibt. Sarrazin begründet seine These mit der Philosophie Poppers und wir verstehen nun das philosophische Fundament seiner Erkenntnis. Hier folgt er Helmut Schmidt und allen anderen SPD-Politikern, die nichts von ideologischen Politikkonzepten wissen wollen.


    Doch nun zum Buch: Sarrazin hat sechs „menschliche Fehlerquellen“ identifiziert, die sich bei allen politischen Katastrophen wiederholen: Unwissenheit, Anmaßung, Bedenkenlosigkeit, Egoismus, Betrug und Selbstbetrug. Daran misst er die Missgeschicke deutscher Politik: Berliner Flughafenskandal, Währungsunion, Energiewende, Flüchtlingspolitik und Integration.


    Dabei verzichtet auf Gefühlsduselei, meidet Gesinnungsethik oder Utopien und begründet seine Haltung mit der Verantwortungsethik. Den Vertretern des „Laisser-Faire-Konzepts offener Grenzen“ und der „Multikulti-Blauäugigkeit“ hält er Logik entgegen:


    Falls Steuern und Abgaben von Einwanderern über den von ihnen verursachten Ausgaben liegen, schaffen sie mehr Werte als sie verbrauchen. Andersherum lösen sie unser demographisches Problem nicht.


    Das verstehen nicht alle und das ist auch ganz okay so, aber eine Physikerin sollte das schon kapieren. Wenn die Kanzlerin meint, ein Buch sei „nicht hilfreich“, dann unterschätzt sie nicht nur den Verfasser, sondern auch den Ernst der Lage. Ich schätze Frau Merkel als engagierte Vorsitzende der „Deutschland AG“, die sich 24 Stunden den Arsch aufreißt und dafür, verglichen mit Vorstandsvorsitzenden kleinerer Unternehmen, nur mit einem Almosen abgespeist wird.


    Umso mehr empfehle ich ihr, das Buch nicht vorzuverurteilen, sondern zu lesen und dafür zweitrangige Aufgaben, wie beispielsweise die Einweihung einer Moschee an Minister oder Staatssekretäre zu delegieren. Das Ergebnis wäre bestimmt die Heilung vom Übel „Wunschdenken“ – ganz gewiss.