Ulysses - James Joyce

  • Gestern und heute habe ich das erste Kapitel gelesen. Viel kann ich jetzt noch nicht sagen, mein bisheriger Eindruck ist aber gut. Es waren hauptsächlich mehr oder weniger gelehrte Wortgeplänkel in mehr oder weniger gelehrter Ausdrucksweise. ;) Die Sprache ist natürlich etwas antiquiert, trotzdem problemlos zu lesen.


    Über die Kommentare bin ich jetzt doch dankbar. Wenn auch nicht alle (in meinen Augen) notwendig sind, so sind viele doch hilfreich. Ich hätte sonst vermutlich angefangen, manche Namen zu googeln und dann wäre ich kaum in einen Lesefluss gekommen. Die Kommentare unterbrechen zwar auch, aber sie stehen wenigstens auf der gleichen Buchseite.


    Rumpelstilzchen

    Welche Ausgabe vom Hörbuch hattest du denn?

  • Ich habe das zweite Kapitel gelesen. Mit der Sprache habe ich mich gut angefreundet. Mir gefällt auch der Wechsel zwischen Außen und Innen, also zwischen Dialog und inneren Gedanken.


    Stephens Schulalltag als Lehrer erscheint deprimierend, sowohl für mich als Leserin als auch für ihn selbst. Aber er scheint noch genügend Motivation zu haben, was in der Szene durchscheint, als er dem Schüler Cyril Sargent bei den Rechenaufgaben hilft. Die Szene hat mir gut gefallen.


    Sein Vorgesetzter Mr Deasy erscheint dagegen recht borniert, zudem ist er Antisemit. Kein Sympathieträger ...


    Der Autor klotzt ganz schön mit historischen und religiösen Anspielungen, ist da möglicherweise etwas Angeberei darunter? ;) Aber ich find's interessant.

  • Ach, wie schön, dass wieder Leben in diesen thread eingekehrt ist. Jetzt hab ich das Buch auch wieder hervorgeholt und das erste Kapitel gelesen.


    Was ist das für eine Leistung des Übersetzers! Wenn man den Satz "Und der weinte Buttermilch" nimmt, der eine Andeutung an "Und er weinte bitterlich" im Neuen Testament ist, da interessiert es mich schon, wie das wohl in der Originalspache heißt.

    Oder die Verse und andere gedichtartige Passagen wie "weiter draußen weißte sich der Wasserspiegel".

  • made

    Schön dass noch jemand da ist. :wave


    Im Gutenberg-Projekt findet man den Ulysses im Original: KLICK

    Der Satz heißt hier: "And going forth he met Butterly."

    Jetzt müsste man natürlich wissen, was das für eine Anspielung ist, um ihn mit der Übersetzung zu vergleichen ... :/

  • Danke für den link. Ich hab dann gleich ein paar Stellen nachgelesen.

    Der Satz heißt hier: "And going forth he met Butterly."

    Jetzt müsste man natürlich wissen, was das für eine Anspielung ist, um ihn mit der Übersetzung zu vergleichen ...

    Butterly scheint ein häufiger Nachname in Irland zu sein. Ich denke, das ist keine Anspielung auf irgendwas, sondern nur eine Verhohnepipelung der gläubigen Christen. Es gibt ja mehr solche Stellen im 1. Kapitel. Ich kann mir gut vorstellen, dass manche sehr verletzt sind, wenn sie so etwas lesen.

  • Ich habe diese Interpretation gefunden, hier gibt es doch einen Bezug auf ein Bibelzitat:

    Zitat

    And going forth, he met Butterly: this is just Joyce playing around with a line from the Bible, “And going forth, he wept bitterly” – “he” being Peter after denying Jesus three times.

    Die Quelle ist recht vielversprechend, muss ich mir abspeichern:

    So you're going to read Ulysses

  • In den letzten beiden Tagen habe ich das dritte Kapitel gelesen.


    Wir sind in der Gedankenwelt von Stephen Dedalus, zuerst fand ich es ein bisschen schwierig, aber das Kapitel hat eine hypnotische Wirkung, der ich mich kaum entziehen konnte. Mal sehen, ob das immer noch so ist, wenn die Kapitel länger werden.


    Stephen spaziert am Strand entlang und nimmt seine Umgebung beiläufig wahr: hier kommen ein paar Frauen zum Strand, da springt ein Hund herum, und Muschelsucher stehen im Wasser. Wir sind die ganze Zeit aber in seinem Kopf und hören seine Gedanken. Sie schweifen in seine Vergangenheit in Paris, hin und wieder schießt ihm durch den Kopf, dass er ja den Brief von Mr Deasy weitergeben muss, dann sinniert er über das Meer. Wieder sind viele religiöse, philosophische und mythologische Bezüge vorhanden.


    Ich finde es großartig gemacht. Ich überlege mir, zusätzlich das Hörbuch zu kaufen und dann erst den Text selbst lesen, danach hören. Diese Gedankenfetzen und die Sprache dabei stelle ich mir gelesen sehr schön vor.


    In der vergangenen Leserunde zu Ulysses haben die Teilnehmer von den Reaktionen ihrer Umwelt erzählt, wenn die erfahren hat, dass sie Ulysses lesen, das war teilweise sehr witzig. Ich werde das auch machen, allerdings habe ich noch nicht vielen Leute erzählt, dass ich Joyce lese. Nur einer Freundin, sie sagte nur:


    "Oh Gott! Warum?" :lache

  • Manchmal finde ich es schwierig zu unterscheiden, was Gedanken sind und was Realität.


    Ich hab auf onleihe das Buch "Blooms Schatten" entdeckt. Ich hab die ersten Seiten gelesen. Es scheint eine Zusammenfassung zu sein, bei der der Autor Joyces Sprache nachempfindet: kreative Formulierungen und endlose Schachtelsätze. Zum Glück nur ca. 60 Seiten.

    Für jemanden, der bei "Ulysses" mitreden, sich aber nicht das ganze Buch antun will, vielleicht genau das Richtige. :lache


    ASIN/ISBN: B00J2DIATE

  • Das vierte Kapitel ist gelesen. Die letzte Woche war hektisch, ich kam erst heute wieder dazu, in Ruhe was zu machen.


    Auftritt Mr und Mrs Bloom. Ich fand Mr Blooms Gedankengänge leichter zu lesen als die von Stephen - sie drehten sich mehr um das Alltägliche. Das war mir näher als Stephens philosophisches Sinnen. Und ich kann verstehen, dass die Fans des Buches die Wege der Protagonisten nachwandern - in meiner Ausgabe sind Karten zu finden, auf denen diese Wege nachgezeichnet sind. Ich glaube, das muss ich auch mal machen, Joyces Beschreibungen bzw. Blooms beiläufige Gedanken auf seinem Weg lese ich gerne.


    Ob Mrs Bloom ihren Mann betrügt? Warum versteckt sie sonst den Brief? Mal sehen, ob es dazu was in den nächsten Kapiteln gibt. Schön fand ich zu lesen, wie Mr Bloom ihr das Frühstück zubereitet und ans Bett bringt, das hat etwas Liebevolles.


    Teilweise waren die Abschnitte in dem Kapitel witzig zu lesen - ich hätte vorher nicht gedacht, dass in dem Buch auch Humor steckt. Warum weiß ich nicht, vielleicht, weil das Buch als so hochliterarisch gilt und Humor nicht so richtig dazu passt? Scheint aber ein Vorurteil von mir zu sein ...


    Inzwischen freue ich mich aufs Weiterlesen. Aber das wird frühestens morgen was.

  • Gerade habe ich das 5. Kapitel (Lotophagen) beendet und ich kommt immer besser mit dem Wechsel zwischen Innen und Außen klar. Mr Bloom spaziert weiter durch Dublin und besucht einen Gottesdienst - erst habe ich gedacht, dass es sich schon um Dignams Beerdigung handelt, aber das ist sie noch nicht. Später geht er noch in ein Badehaus.


    Zuerst habe ich mich gefragt, warum er überhaupt in die Kirche geht, aber dann habe ich es gelesen: "Der kalte Geruch geweihten Steins lockte ihn an." Er geht also wirklich der Nase nach. Überhaupt geht es in diesem Kapitel viel um Gerüche - Blumen, Parfum, Seifen, aber auch nicht ganz so schöne Düfte wie Pferdeurin.


    Und Bloom scheint wie seine Frau fremdzugehen. Der Brief einer "Martha" deutet jedenfalls darauf hin, dass sie seine Geliebte ist. Mal sehen, ob später mehr dazu kommt.


    Im nächsten Kapitel müsste es um die Beerdigung gehen - mal sehen, was ihm da durch den Kopf geht.


    Rumpelstilzchen hat mir netterweise ihr Hörbuch von Ulysses geliehen. Bevor ich das nächste Kapitel lese, werde ich erstmal die ersten fünf nachhören.


    Man darf aber nicht erwarten, es in ein paar Tagen durch zu haben. Es braucht Ruhe und Geduld.

    Sehr wahr. Die nötige Ruhe und Geduld habe ich erst jetzt.

  • Ganz vergessen: ich habe mir noch zwei in dem Kapitel erwähnten Musikstücke notiert, die Bloom gefallen:


    Stabat Mater von Rossini,

    Le Sette Ultime Parole von Mercadante.


    Die werde ich mir bei Gelegenheit anhören.

  • So, ich habe gestern das Hörbuch/Hörspiel angefangen und höre die Kapitel, die ich schon gelesen habe. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich das wirkt!


    Mulligan kommt ganz anders bei mir an, was im Buch witzig war, klingt mir in den Ohren jetzt sehr ordinär. Und auch Stephens Gedankengänge wirken nicht so wie aus einem Guss, wenn mir die Unterbrechungen der realen Welt so plötzlich in die Ohren dröhnen. Die Nebengeräusche sind manchmal recht laut - das mag ja Absicht sein und ist für die jeweilige Gegend in Dublin ja auch nah an der Wirklichkeit, aber ich kann mich noch nicht so richtig damit anfreunden.


    Jetzt komme ich zu den Kapiteln mit Bloom - die haben mir im Buch schon besser gefallen, vielleicht kann ich mich dann auch mit dem Hörbuch mehr anfangen.


    Die Musik zwischen den Szenen ist aber ziemlich furchtbar.

  • Interessant!

    Irgendwie ist doch ein Hörbuch schon eine Interpretation, ein Hörspiel noch viel mehr.

    Stimmt, eine Hörspielfassung ist oft ein ganz eigenes Ding. Hat aber auch seine Berechtigung finde ich.



    Annabas die Geräuschkulisse ist oft tatsächlich laut. Es macht die Szenen für mich allerdings gleich viel realistischer. Egal ob die Möwen schreien, die Kirchenglocken läuten.

  • Nach einer ungewollten Unterbrechung habe ich nun auch das sechste Kapitel beendet.


    Hier geht es um Dignams Beerdigung. Blooms Gedanken und die Gespräche mit den anderen Besuchers beschäftigen sich also überwiegend mit dem Tod, dem Auferstehungsglauben und allem, was damit zusammenhängt. Ein etwas makabres Kapitel, auch wenn es am Anfang in der Kutsche auf der Fahrt zum Friedhof teilweise lustig zugeht.


    Mir gefällt, wie wir ganz nebenbei immer mehr über Bloom erfahren - dass sein Vater Selbstmord begangen hat (haben soll?), vom Tod des kleinen Rudy. Das macht die Figur greifbarer. Es sind nur Kleinigkeiten, aber die sammeln sich zu einem Bild. Ich habe ja noch viele Seiten vor mir, ich bin gespannt, wie das Bild am Ende aussehen wird.


    Gerade mit diesem Kapitel kann ich mir auch etwas erklären, warum das Buch verboten war, denn die ungefilterten Gedanken von Bloom zu Tod und Auferstehung haben sicher die Moralwächter erbost. Aber Gedanken lassen sich nicht zensieren, sie purzeln durch den Kopf und stehen hier gerade so auf dem Papier.


    Mit dem Hörbuch stehe ich etwas auf Kriegsfuß, damit pausiere ich erstmal.


    Ich schätze, dass ich diese Woche noch ein Kapitel lesen kann, ich habe sonst kaum was vor und das möchte ich nutzen.