Ulysses - James Joyce

  • Ich habe jetzt mit dem 14. Kapitel begonnen. Auf dieses Kapitel war ich sehr neugierig gewesen, da es einen Durchlauf durch die Entwicklung der Sprache nimmt. Ich habe mir erhofft, dass der gesprochene Text mir hilft, den schriftlichen besser zu verstehen. Und tatsächlich erkenne ich beim Hören zusammengehörende Satzteile besser, aber auch manches Wort wird durch die Aussprache verständlich.
    Doch nur allein vom Hören würde ich vermutlich viel weniger verstehen als vom Lesen. Das geht mir zu schnell.



    Was ich allerdings überhaupt nicht verstehe, ist, was Bloom dazu treibt, Mina Purefoy in der Geburtsklinik zu besuchen. So nahe steht er ihr doch gar nicht.

  • Ich habe das 14. Kapitel und damit die 4. CD beendet.


    Da freut man sich, dass der Text mit zunehmender Sprachentwicklung immer verständlicher wird, doch dann kommen inhaltliche Verständnisschwierigkeiten.


    Ich weiß immer noch nicht, wer Herr Harry ist und der Bulle von Irland. Ich habe die vage Vermutung, dass es sich um den englischen König Heinrich II. handeln könnte, der die Eroberung Irlands begonnen hat. Oder Heinrich der VIII.? Ich meine, Andeutungen zu Religionsfragen (Kirchenspaltung) herausgelesenen zu haben. Nicholas ist ja gar kein so seltener Name damals gewesen.
    Aber der Bulle? Bürokraten, Kleriker oder Lehensmänner?


    Wer ist es, der als "dein Herr" seine Rede an Erin richtet?
    Hier spielt die Mythologie um die Landnahme Irlands hinein.


    Wieso ist Haines der Mörder von Samuel Childs? (Auch wenn es nur eine Vision ist.)


    Und dann wandern Tiere (Sternzeichen, Tierkreiszeichen?) über den Himmel. Als Symbol für den Lauf der Zeit?


    Fragen über Fragen!

  • Youtube ist doch ein unerschöpflicher Quell des Wissens. Allerdings nur, mit gescheiter Internetverbindung.
    Bei uns soll tatsächlich Glasfaser gelegt werden. Auf dem Land!! Unglaublich.


    Kapitel 4 habe ich fertig. Es gab zwar auch etliche völlig unklare Äußerungen, aber dank Google und einiger Recherchen wurde ich doch klüger.


    Was mich zunehmend beschäftig ist, ob denn irgendeine Verbindung zum klassischen Odysseus zu finden ist. Zufällig habe ich Mitte des Jahres mal wieder die Lesung gehört. Bisher habe ich nichts entdecken können.


    Die Gedanken über die Katze mochte ich auch besonders. Joyce beschreibt die alltäglichsten Dinge höchst ausführlich - eine sehr anschauliche Beschreibung des Plumpsklo-Ganges!
    Habe ich selbst als Kind noch erlebt.
    Nachttopf unter dem Bett und Plumpsklo. Diesen Zeiten traure ich nicht nach.


    edit sagt: manchmal hat man doch die besten Ideen, wenn man etwas hinschreibt. Da ist doch einmal die Rede von einem Bild über Blooms Bett. Was ist drauf - schau an, eine Nymphe. Wie Kalypso. Immerhin - ein kleiner Hinweis.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Was mich zunehmend beschäftig ist, ob denn irgendeine Verbindung zum klassischen Odysseus zu finden ist. Zufällig habe ich Mitte des Jahres mal wieder die Lesung gehört. Bisher habe ich nichts entdecken können.


    Diese Bezüge habe ich auch gesucht und nicht selbst gefunden.
    Dazu habe ich im Internet nachgelesen, ich weiß gar nicht mehr, wo, einiges in wikipedia. Also ehrlich, manches finde ich an den Haaren herbei gezogen.


    Stephen soll wohl Telemachos darstellen, der sich auf die Suche nach seinem Vater macht. Mit Stephens leiblichem Vater ist ja nicht viel Staat zu machen.
    Bloom hingegen "irrt", wie Odysseus, durch Dublin. Er leidet daran, dass er keinen Sohn hat, und sieht die Möglichkeit, für Stephen Ersatzvater zu sein.
    Mr. Deasy ist Nestor, bei dem sich Telemachos Rat holen will, aber nichts erfährt.
    Im 4. Kapitel stellt Molly Kalypso dar.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Joyce beschreibt die alltäglichsten Dinge höchst ausführlich - eine sehr anschauliche Beschreibung des Plumpsklo-Ganges!


    Das war grandios. Ich glaube nicht, dass es in der Literatur noch so eine gelungene Beschreibung eines Toilettengangs gibt.

  • Schon interessant, was "Poldi" so alles durch den Kopf geht. Ich würde ja gerne mal meine eigenen Gedanken so festhalten - wie man von einem aufs andere kommt und ganz woanders landet.
    In Kapitel 5 finde ich die vielen unbekannten Personen schwierig. Dauernd taucht jemand Neues auf und ich habe keine Ahnung, wer und was das sein soll.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Schon interessant, was "Poldi" so alles durch den Kopf geht. Ich würde ja gerne mal meine eigenen Gedanken so festhalten - wie man von einem aufs andere kommt und ganz woanders landet.


    Ich hab auch mal versucht, mich bei meinem Gedankenstrom zu beobachten und dabei festgestellt, dass sich meine Gedanken dadurch verändern.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    In Kapitel 5 finde ich die vielen unbekannten Personen schwierig. Dauernd taucht jemand Neues auf und ich habe keine Ahnung, wer und was das sein soll.


    Die vielen Personen finde ich auch verwirrend. Ich schau gelegentlich hier nach: Personenliste
    Leider auf englisch, aber immerhin.

  • Ich denke, das 15. Kapitel geht man am besten so an, dass man sich bei allem, was passiert, offen lässt, ob es sich um Realität, Erinnerungen, Halluzinationen, geheime Wünsche oder Ängste geht.


    Dieses Kapitel ist als Theaterstück verfasst. Da bietet es sich für das Hörbuch an, in verteilten Rollen zu sprechen. Allerdings werden auch die Regieanweiungen und der Name der jeweiligen sprechenden Figur gesprochen. Vor allem letzeres finde ich manchmal störend, gerade wenn die Sprecher sehr schnell wechseln. Andererseits ist es bei der großen Anzahl von Rollen nötig, sonst weiß man oft wirklich nicht mehr, wer gerade spricht.
    Regina Lemnitz, u. a. Synchronsprecherin von Whoopi Goldberg, ist als Puffmama eine sehr gut Wahl. :anbet
    Ein Genuss ist es, wenn Gegenstände sprechen. :lache Da übertrifft das Gestaltungsgeschick der Hörbuchmacher meine Phantasie beim Lesen eindeutig.
    Andererseits habe ich mich beim Lesen gut amüsiert, wenn das Pferd, das endlich nach Hause möchte, wiehert: Heiheiheiheiheim.

  • Zu viel Ruhe ist manchmal auch nix! :grin


    Ich befinde mich derweil im Hades. Hier brauche ich mich nicht zu fragen, wo die Verbindung zu Ulysses ist. Sogar die Flüsse, die bei der Fahrt ins Reich des Todes überquert werden müssen, sind vollzählig versammelt. Heißen eben anders.
    Die Unterhaltung in der Kutsche wandert von hier nach da. Nicht immer nachvollziehbar für mich.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Ich befinde mich derweil im Hades. Hier brauche ich mich nicht zu fragen, wo die Verbindung zu Ulysses ist. Sogar die Flüsse, die bei der Fahrt ins Reich des Todes überquert werden müssen, sind vollzählig versammelt. Heißen eben anders.
    Die Unterhaltung in der Kutsche wandert von hier nach da. Nicht immer nachvollziehbar für mich.


    Schon amüsant, was einem auf dem Weg zur und bei der Beerdigung alles durch den Kopf geht. :grin Und schließlich die Selbstermahnung "Wir sollten lieber wieder ein ernsteres Gesicht machen".
    Und immer wieder diese Seife, die Bloom im Weg umgeht! :lache

  • Die Themen sind ja durchaus ernst - manchmal jedenfalls. Oder auch makaber - die Vorstellung vom Sarg, der vom Wagen kippt und den Leichnam auf die Straße leert. Da schüttelt es mich.
    Und das Stück Seife muss riesengroß sein!


    Noch immer bin ich bei der Beerdigung des armen Paddy. Bloom denkt darüber nach, dass er möglicherweise die ganze Zeit noch lebendig gewesen ist. Und man vorsichtshalber das Herz durchbohren sollte.


    Das erinnert mich an eine Stelle in Malte Laurids Brigge, den ich vor einer Weile gehört und gelesen habe. Maltes Vater hat angeordnet, sein Herz nach seinem Tode zu durchstoßen. Muss eine verbreitete Sorge in dieser Zeit gewesen sein.
    Überhaupt erinnern mich einige Stellen im Ulysses an den durch Paris streifenden Malte. Auch die Art des Erzählens, von der Betrachtung einzelner Szenen aus wandern die Gedanken in ganz andere Richtungen.


    Das sechste Kapitel ist ganz schön lang.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen


    Noch immer bin ich bei der Beerdigung des armen Paddy. Bloom denkt darüber nach, dass er möglicherweise die ganze Zeit noch lebendig gewesen ist. Und man vorsichtshalber das Herz durchbohren sollte.


    Das erinnert mich an eine Stelle in Malte Laurids Brigge, den ich vor einer Weile gehört und gelesen habe. Maltes Vater hat angeordnet, sein Herz nach seinem Tode zu durchstoßen. Muss eine verbreitete Sorge in dieser Zeit gewesen sein.


    Es war ja früher durchaus üblich, einen Herzstich zu verfügen, um im Falle eines Scheintodes dem Erstickungstod im Grab zu entgehen. Andere setzten lieber auf technische Vorrichtungen, mit denen der vom Scheintod Erwachte aus dem Sarg heraus auf sich aufmerksam machen konnte.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Das sechste Kapitel ist ganz schön lang.


    Es gibt noch längere! :chen

  • Das 16. Kapitel ist tatsächlich durchgängig seeeeehr ruhig und bedächtig und thematisch ausschweifend. Sprachstil und Sprechweise passen überhaupt nicht zum Handlungsort, eine Kutscherkneipe.
    Bei diesen unendlichen Schachtelsätzen ist das Hörbuch leichter verständlich als das gedruckte, finde ich. Der Sprecher variiert die Tonhöhe, Geschwindigkeit, Tonfall sehr geschickt, so dass Sinnzusammenhänge zumindest meistens klar werden.


    Doch obwohl alles distanziert wirkt, kommt die Fürsorge Blooms für Stephen gut rüber. Als er ihm den Kaffee umrührte, wurde mir ganz warm ums Herz. Das ist doch eine sehr innige Vater-Kind-Geste.

  • Ich hänge ungefähr in der Mitte des 17. Kapitels. Mir ist die Lust vergangen. Folglich kann ich mich schwer darauf konzentrieren. In diesem Frage- und Antwortspiel reihen sich Fremd- und Fachwörter aneinander, alles schön ausschweifend, so dass ich oft den Faden verliere. Die Themen sind mal wissenschaftlich, mal banal. Die Sprache verbreitet eine distanzierte Stimmung. Schade! Gerade jetzt, wo Bloom und Stephen sich kennenlernen. Was das alles mit ihnen zu tun hat, erschließt sich mir oft nicht. Außer dass sie sich unterhalten.


    Na ja, ein paar nette Formulierungen sind schon dabei. Aber im Hörbuch rauschen die viel zu schnell vorbei.

  • Also nachdem ich jetzt immer mal wieder hier reingeschaut und euch über die Schulter gelinst habe, weil das Buch hier auch noch im Original steht, habe ich entschieden es für die nächsten Jahre auch ungelesen stehen zu lassen.
    Das klingt mir alles zu abgedreht, vielleicht irgendwann mal, wenn ich viiiieeel Zeit habe.. :grin Jedenfalls danke für die Entscheidungshilfe! :wave