Dora Heldt - Böse Leute

  • Taschenbuch: 448 Seiten
    Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
    erschienen am 19. Februar 2016


    über die Autorin:
    Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, ist gelernte Buchhändlerin, seit 1992 als Verlagsvertreterin unterwegs und lebt heute in Hamburg. Mit ihren spritzig-unterhaltenden Romanen hat sie sämtliche Bestsellerlisten erobert, die Bücher werden regelmäßig verfilmt.


    zum Inhalt:
    Die Nordseeinsel Sylt bietet zu jeder Jahreszeit Erholung. Das wissen Urlauber ebenso wie die Bewohner. Wohneigentum ist daher so beliebt wie knapp. Inge und Walter wohnen nun schon einige Zeit wieder auf der Insel und genießen die Idylle. Doch diese wird durch eine Einbruchserie gestört. Immer wieder werden die Häuser älterer, alleinstehender Frauen aufgesucht und verwüstet. Selten fehlt etwas. Auch die Polizei weiß keinen Rat und Hauptkommissar a. D. Karl Sönnigsen – ja, der Freund von Heinz und Walter – ist sowieso überzeugt, dass die Verbrechen mit seiner Hilfe viel schneller aufgeklärt werden. Als dann auch noch ein Mord verübt wird, müssen die Ermittlungen auf mehrere Teams aufgeteilt werden.


    meine Meinung:
    Dora Heldt legt mit diesem Buch ihren ersten Kriminalroman vor, bei dem sie aber ihren gewohnten Figuren um Papa Heinz treu geblieben ist. Auch der Humor ist ausreichend vorhanden, aber eben auch Mord und Einbruch. Dunkle Machenschaften versetzen ältere Damen in Angst und Schrecken und das alles vor Walters Haustür. Zu allem Überfluss passieren diese spannenden Vorfälle, während er mit seinem Schwager Heinz auf dem Festland ein Immobilienseminar besucht. Eigentlich sollten die größten Störfaktoren für die Polizei ausgeschlossen sein. Eigentlich. Denn Karl und Onno nehmen sich der Klärung des Falls an und tragen ihre Fakten auf innovative Weise zusammen.


    Die Charaktere der vorangegangenen Veröffentlichungen mischen also wieder kräftig mit und sorgen für Verwirrung auf Sylt. Der ganz große Genrewechsel ist hier dennoch nicht vollzogen worden. Auch wenn Kriminalroman auf dem Umschlag steht, ist doch eine Komödie drin. Da die Polizei auch nicht nur auf der Suche ist, bekommen Onnos Tochter und deren Freundin eine kapitelfüllende Liebesgeschichte auf den Leib geschrieben. Der Erzählstil ist also unverkennbar Dora Heldt, die mit einer bemerkenswerten Situationskomik und Lokalkolorit überzeugt.


    Besonders an diesen Romanen ist aber immer, dass aktuelle Probleme aus Politik oder Umwelt verarbeitet werden. Die aktuelle Problematik schafft eine authentische Umgebung, die aus verschiedenen Ansichten der Figuren diskutiert wird. Die Mitwirkenden werden stets tief gezeichnet, sodass sie immer wieder überraschen können. Einige sind vertraut, andere kommen neu dazu und manche sind eben die Übeltäter. Das vermeidet eine allzu große Vorhersehbarkeit, sodass man das gut 450 Seiten starke Buch lange nicht aus der Hand legen kann. Die Verdächtigen werden gut getarnt und nur weil man auf der Suche ist, werden auch schon mal unbescholtene Leute zu den Bösen gezählt. Fans der seichten Krimis werden die Lektüre mögen.

  • Eine mysteriöse Einbruchserie erschüttert Sylt. Aber nicht die Luxusvillen der Touristen sind betroffen, sondern die Häuser der Einheimischen, meist werden sie von älteren, alleinstehenden Frauen bewohnt.
    Dass die Polizei nicht allzu viel macht, ärgert den pensionierten Hauptkommissar Karl Sönnigsen und er stellt sehr schnell eine „Sonderermittlungstruppe“ auf die Beine, bestehend aus anderen Rentnern - seinem Freund Onno, dessen Tochter gerade wieder zu Hause eingezogen ist, und den Chorschwestern Charlotte und Inge.


    Wer den zum Schmunzeln einladenden Schreibstil von Dora Heldt und ihre Mischung aus aktuellen gesellschaftlichen Problemen mag, kommt bei ihrem ersten Krimi voll auf seine Kosten.


    Besonders gefreut habe ich mich, hier auch wieder vielen liebgewonnenen Personen wiederbegegnen zu dürfen. Der Kriminalfall lädt zum miträseln ein und wartet natürlich auch mit Humor auf.
    Die Geschichte ist nicht nervenaufreibend, aber allemal sehr unterhaltsam und gut zu lesen.


    Wenn es mal etwas Leichtes sein darf, ist dieses Buch auf jeden Fall zu empfeheln.


    9 Punkte

  • Dora Heldt: Böse Leute – Kriminalroman, München 2016, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN: 978-3-423-26087-9, Softcover/Klappenbroschur, 442 Seiten, Format: 13,6 x 3,7 x 21,2 cm, Buch: EUR 14,90, Kindle Edition: EUR 12,90. Auch als Hörbuch lieferbar.


    „Mit dem Flachmann in der Hand krabbelte Inge aus der Hecke. ‚Prost Karl. Guter Job. Und die Pistole hat so schön golden im Licht gefunkelt. Es war wie im Film.’“ (Seite 429)


    Wenn jetzt jemand denkt: „Ui, Dora Heldt hat das Genre gewechselt“ und sich innerlich schon auf einen härteren Ton und ganz andere Figuren einstellt, kann ich gleich sagen: ganz so ist es nicht. Wir befinden uns nach wie vor auf Sylt und bewegen uns im „Papa-Heinz“-Universum. Nur dass Heinz und sein Schwager Walter diesmal auf dem Festland weilen und das Chaos nur per Telefon ein wenig verschlimmern können. Hier stehen ihre Ehefrauen im Vordergrund. Doch der Reihe nach:


    Nach 20 Jahren zurück nach Sylt
    Um nicht ständig ihrem Ex bei der Arbeit über den Weg zu laufen und weil sie die Befürchtung hat, dass ihr verwitweter Vater nicht alleine zurecht kommt, lässt sich Polizeiobermeisterin Maren Thiele (38) von Münster zurück auf ihre Heimatinsel Sylt versetzen und zieht in die Einliegerwohnung ihres Elternhauses.


    Schnell stellt die Polizistin fest, dass sie ihren Vater Onno, den tapsigen Seebären im Ruhestand, gründlich unterschätzt hat. Der rennt zwar in den aberwitzigsten Klamotten durch die Gegend, weil er einfach keinen Geschmack hat, aber unglücklich ist er keineswegs. Er hat einen großen Freundeskreis, pflegt diverse Hobbys und hat sich in den drei Jahren seines Alleinlebens zum exzellenten Hobbykoch gemausert. Im örtlichen Kochklub räumt er einen Preis nach dem anderen ab. Dass seine Tochter nach 20 Jahren wieder zu ihm ins Haus zieht, sieht er nicht als Erleichterung an, sondern als zusätzliche Verantwortung. Er hat das Gefühl, auf seine alten Tage plötzlich zum allein erziehenden Vater geworden zu sein. Und das jetzt, wo er sich gerade neu verliebt hat!


    Problembären am Arbeitsplatz
    An Marens neuem Arbeitsplatz läuft auch nicht alles wie am Schnürchen. Ausgerechnet Robert Jensen, mit dem sie im Verlauf eines Seminar mal eine Nacht verbracht hat, verstärkt in der Sommersaison das Team. Er ist ja schon ein super Typ – allerdings 10 Jahre jünger als Maren. Da sieht sie enorme Probleme auf sich zukommen und lässt sich lieber auf nichts ein. Doch das will Robert nicht akzeptieren.


    Ein weiterer Problemfall ist Marens Patenonkel, Polizeihauptkommissar a. D. Karl Sönnigsen. Er hat noch nicht verkraftet, dass er jetzt im Ruhestand ist und nicht mehr der örtlichen Polizei vorsteht. Seinen Nachfolger, PHK Runge, hält er für einen unfähigen Schwätzer, der nicht imstande ist, die aktuelle Einbruchserie auf der Insel aufzuklären. Nicht etwa leerstehende Ferienhäuser werden ausgeraubt, nein, der Einbrecher steigt in die Häuser allein stehender einheimischer Frauen ein. Dabei überschreitet der Sachschaden, den er vorsätzlich anrichtet, um ein Vielfaches den Wert seiner Beute. Seltsame Sache.


    Polizei unfähig? Vier Rentner ermitteln selbst
    Als eine Chorkollegin von Karl Sönnigsen Opfer des Einbrechers wird, beschließt er, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Mit seinen Freunden Onno Thiele, Charlotte Schmidt (der Frau von „Papa“ Heinz) und deren Schwägerin Inge Müller („Tante Inge“, Walters Frau) gründet er ein privates Ermittlerteam, das dem Einbrecher das Handwerk legen soll. Bei Kaffee, Kuchen und dem einen oder anderen Eierlikör schmieden sie streng geheime Schlachtpläne. Dass die Rentnergang sich natürlich bei weitem nicht so professionell anstellt wie der Ex-Kommissar es von seinen Mitarbeitern gewöhnt ist, sorgt für so manchen Schmunzelmoment. Da laufen diverse Dienstbesprechungen und Befragungen vollkommen aus dem Ruder und Charlottes Sitzungsprotokolle sind einfach zum Piepen. So rasend ernst scheinen Karls Amateurdetektive die Sache nicht zu nehmen. Denen geht’s mehr ums Likörchentrinken.


    Spaß vorbei: Jetzt geht’s um Mord
    Schluss mit lustig ist, als Inges Nachbarin Jutta Holler den Einbrecher auf frischer Tat ertappt, ihn erkennt – und ermordet wird. Längst hat die Polizei mitbekommen, dass die vier Ruheständler auf eigene Faust ermitteln. Doch mehr als ihnen deutlich ins Gewissen zu reden können sie nicht tun.


    Dass ihr Vater bei diesen gefährlichen Amateurdetektiv-Spielchen mitmischt, macht Maren schwer zu schaffen. Als sie auch noch gegen den Freund ihrer besten Freundin ermitteln muss, ist sie dem Zusammenbruch nahe. Vielleicht ist es doch keine so gute Idee, ausgerechnet in der Heimatgemeinde als Polizeibeamtin Dienst zu tun.


    Schlau wäre es, wenn Karls Rentnergang und die Polizisten ihre Informationen austauschen würden. Dann könnte sich aus den einzelnen Puzzlestücken ruckzuck ein Bild ergeben und die Verantwortlichen säßen schneller hinter Gittern als sie gucken können. Aber aus Trotz, Stolz und wegen der Vorschriften ermitteln beide Teams parallel und vergeuden damit wertvolle Zeit.


    Wenn die Polizei erst wüsste, dass Karl eine seiner Mitstreiterinnen als Lockvogel aufbaut, um den Mörder in eine Falle zu locken ...!


    Die Täter? Arme Socken
    So wirklich böse sind die bösen Leute hier nicht. Eher arme Socken, die irgendwann ein paar unkluge Entscheidungen getroffen haben und sich nun bei dem Versuch, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen, immer tiefer in die Sch*** reiten. Da sind ein paar richtig tragische Figuren darunter.


    Für den Fan spannender, actionreicher Kriminalromane ist dieser Roman eher nichts. Dafür sind zu viele Comedy-Elemente, Familien- und Liebesgeschichten darin. Das gefällt eher Freunden von Dora Heldts schnurrigen Familiengeschichten rund um die Schmidts und die Müllers. Ganz so abgedreht wie URLAUB MIT PAPA, TANTE INGE HAUT AB und Co. ist BÖSE LEUTE nicht, was, wie gesagt, daran liegen mag, dass die Chef-Chaoten Heinz Schmidt und Walter Müller diesmal nicht mit von der Partie sind.


    Eine Variation des Vertrauten
    Wenn man Dora Heldts Romane schätzt und weiß, dass man hier eine Variation des Vertrauten bekommt, wird man BÖSE LEUTE mit Vergnügen lesen. Das Chaos tobt, die Dialoge sind zum Brüllen und diesmal sind eben ein paar Ganoven und ein ebenso ehrgeiziger wie unsensibler Pensionär daran schuld statt, wie sonst, der Vater oder Ehemann. Wer einen klassischen Kriminalroman erwartet, dürfte mit diesem Heinz-Spin-off wohl nicht so recht glücklich werden.


    Die Autorin
    Dora Heldt, gelernte Buchhändlerin, wurde 1961 auf Sylt geboren, wohnt inzwischen in Hamburg und bezeichnet sich selbst als großen Inselfan und Familienmenschen. So kommen ihre Geschichten nicht von ungefähr: Die Nordsee-Eilande Sylt und Norderney etwa spielen in ihren Romanen "Tante Inge haut ab" und "Urlaub mit Papa" zentrale Rollen. Seit 1992 arbeitet Dora Heldt, wenn sie nicht gerade an ihren eigenen Geschichten schreibt, als Verlagsvertreterin.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Gleich vorneweg - ich hatte vorher noch kein Buch der Autorin gelesen, so daß mir die Figuren auch nicht vertraut waren.


    Allerdings bei 19 % war für mich Schluß, es konnte mich absolut nicht begeistern. Die Krimihandlung muß wohl später richtig losgegangen sein :gruebel

  • Ich bin Fan von Dora Heldt Büchern, aber dies war mein erster Krimi von ihr. Ich glaube, es war auch ihr erster. So richtig ihr Genre ist das nicht, zumindest habe ich das Buch als einigermaßen zäh empfunden, jedenfalls wenn man einen Krimi erwartet. Die Krimihandlung war nämlich recht vorhersehbar und mit einer nur flachen Spannungskurve versehen. Da wurde sich keine Mühe gegeben und von einem Pageturner ist das etwa so weit entfernt wie Karl vom aktiven Polizeidienst: Gerne gewollt, aber nicht gekonnt. War das Buch deshalb für mich ein völliger Reinfall? Nein. Denn ihre bewährten Stärken, ein heimeliges Sylt-Feeling, vertraute und schrullige Personen und einen guten Schuss Humor hat Dora Heldt auch in diesem Buch wieder ausgespielt, so dass ein versöhnlicher Leseeindruck zurück bleibt. Bücher von Dora Heldt werde ich mir auch weiter kaufen, wenn da nicht Krimi drüber steht.

  • An "Böse Leute" hatte ich viel Freude. Es ist kein Krimi im klassischen Sinne, es ist ein Kriminalroman mit ein paar bösen, aber auch vielen netten, sympathischen Leuten. Aber vor allem ist es eine lustige Wohlfühlgeschichte rund um Liebe, Freundschaft und Streit.


    Die Rentnertruppe ist einfach unterhaltsam. Karl ist herrlich rechthaberisch und hört aber den anderen dafür nie richtig zu und Onno ist einfach süß. Und Maren und Rike sind so sympathisch und richtig gute Freundinnen, auch wenn ihre Freundschaft wirklich auf eine harte Probe gestellt wird. Sina und ihre Mutter sind dagegen herrliche Kotzbrocken.


    Es war schön mal aus Sicht von Christines Mutter Charlotte und Tante Inge vom Geschehen zu erfahren und nebenbei viel von anderen Bekannten zu lesen. Das Buch hat zwar nichts mit Christine zu tun, allerdings kennt man die vielen Leute aus ihrem Umfeld dadurch schon gut. Die Statistik am Ende hat mir auch sehr gut gefallen.


    Im Juni erscheint ein weiterer "Kriminalroman" mit den bewährten Ermittlern, auf den ich mich freue: Wir sind die Guten

    Zitat

    Ein Jahr ist vergangen, seit das Ermittlerteam um Karl Sönnigsen der Polizei von Westerland erfolgreich gezeigt hat, wie man einen Serientäter stellt. Jetzt bekommt Karls Bekannte Helga einen Anruf von einer Freundin: Deren Mieterin Sabine ist spurlos verschwunden ... Die Polizei von Westerland indes ermittelt im Fall eines unbekannten Toten am Fuß der roten Klippen, und so kann Karls Truppe in aller Ruhe auf die Suche nach Sabine gehen. Die Ermittlungen nehmen ihren turbulenten Lauf, als herauskommt, dass beide Fälle miteinander zu tun haben.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)