Jogging Hosen Henry - Hannes Finkbeiner

  • Jogging Hosen Henry


    Hannes Finkbeiner
    • Broschiert: 352 Seiten
    • Verlag: Heyne Verlag
    • ISBN-13: 978-3453418684


    Der Autor (Verlagsangabe)
    Hannes Finkbeiner, geboren 1977 in Freudenstadt im Nordschwarzwald, absolvierte eine Ausbildung zum Restaurantfachmann und arbeitete mehrere Jahre als Bankett- und Restaurantleiter. In Hannover studierte er Journalistik, wo er mittlerweile auch als Dozent tätig ist. Neben seiner Haupttätigkeit als freier Autor und Journalist – er schrieb u.a. für die FAZ, Spiegel Online oder die Stuttgarter Zeitung – arbeitet er als Hoteltester.


    Inhalt und meine Meinung


    Henry erzählt diese Geschichte als Rückblick. Nach seinem Umzug nach Sorge bei Elend. „Kein Witz, die Orte heißen wirklich so.“ Über drei Jahre ist es her und alles begann am Tag vor der Abfahrt zum Hardbeat Open Air. Sein Freund Felix, genannt Schalter-Felix (wegen seines Arbeitsplatzes bei der örtlichen Sparkasse) stürzt ins Zimmer, fassungslos darüber, dass Henry eine nicht unbeträchtliche Geldsumme einfach so gespendet hat und verschwindet nicht etwas durch die Tür sondern klettert durch den Lichtschacht wieder hinaus.
    Henry lebte damals in Bad Harzburg, im Keller seines Elternhauses, arbeitete in einem Supermarkt und als echter Heavy Metal Fan ist der Besuch des Hardbeat Festivals Pflicht. Mit seinen Freunden Schalter-Felix und Grabriel (ihr kommt sicher drauf, wie dieser Spitzname entstanden sein könnte) packt er die notwendigen Utensilien in seinen 1er Golf und los geht’s. Wegen eines Staus kommen sie so spät auf dem Festivalgelände an, dass nur noch ein ungünstiger Platz in der Nähe der Toiletten frei ist und auch der ist so klein, dass er für ein Zelt nicht mehr reicht. Ausgerechnet auf diesem Festival begegnet Henry seiner Traumfrau, die genauso schnell wie sie auftauchte, auch wieder verschwunden ist. Ehrensache, dass die Freunde bei der Suche nach ihr helfen.


    Es ist die Geschichte dieser Freundschaften und seiner Liebe zu dieser Traumfrau Janka, die Henry uns erzählt. Schnodderig und flapsig im Ton, der Humor wird bisweilen ziemlich schwarz, so begleiten wir sein Leben (hauptsächlich seine Festivalbesuche) über drei Jahre und erfahren in etlichen Rückblicken so einiges über das Leben eines unangepassten Kindes in der Provinz.


    Für Leser, die mit Heavy Metal gar nichts anfangen können, ist dieses Buch sicher nicht die geeignete Lektüre und auch die Festival Atmosphäre, ihr Mix aus dröhnender Musik, viel Alkohol, Leben im Matsch und nächtefüllenden, mehr oder weniger sinnvollen Gesprächen sollte man wenigstens interessant finden.
    Ich gestehe es, ich hatte keine großen Erwartungen an dieses Buch, war dann beim Lesen aber angenehm überrascht. Es ist witzig und locker, die Entwicklung des Erzählers ist besonders zum Ende hin spannend zu lesen. Gelegentlich ist es mit dem Witz ein bisschen viel des Guten, darüber konnte ich aber gut hinweglesen
    Ich habe unterhaltsame Lesestunden mit diesem Buch gehabt und vergebe 7 Punkte.

  • Danke für die aufschlussreiche Rezension, Rumpelstilzchen!


    Zitat

    Schnodderig und flapsig im Ton, der Humor wird bisweilen ziemlich schwarz,


    danach hätte es mir schon gefallen können -


    Zitat

    Für Leser, die mit Heavy Metal gar nichts anfangen können, ist dieses Buch sicher nicht die geeignete Lektüre und auch die Festival Atmosphäre, ihr Mix aus dröhnender Musik, viel Alkohol, Leben im Matsch und nächtefüllenden, mehr oder weniger sinnvollen Gesprächen sollte man wenigstens interessant finden.


    aber damit bin ich wohl raus ;-).

  • Lumos, die Musik spielt einfach ein große Rolle in diesem Buch und wenn man so gar nicht nachvollziehen kann, was der Reiz an der Sache sein soll, wird man wohl wenig Spaß daran haben.
    Als Alternative kann man sich mal kurze Filmchen vom Wacken Festival anschauen - dann weiß man ungefähr, worum es geht :grin

  • x Autor: Hannes Finkbeiner
    x Originaltitel: Jogginghosen-Henry
    x Genre: Roman
    x Erscheinungsdatum: 11. April 2016
    x bei Heyne
    x 352 Seiten
    x ISBN: 3453418689
    x Erste Sätze: Ich werfe die Kellertür ins Schloss, schmettere sie regelrecht zu, in der Hoffnung, dass der jämmerliche Knall durch die Decke dringt und das künstliche Kniegelenk meines Vaters zum Scheppern bringt. Er steht wahrscheinlich noch am selben Platz wie eben, im Wohnzimmer, erstarrt neben dem Ohrensessel, die Stirn sorgenvoll in Falten gelegt, die Brille in der Hand, ewige Ölreste unter seinen Fingernägeln.


    Klappentext:


    Jogginghosen-Henry und der ewige Krach des Lebens


    „Im Rückspiegel wurde das Ortsschild von Bad Harzburg kleiner. Die Provinz war nur noch ein trüber Fleck, der sich in unseren Abgasen auflöste. Wir waren mutig, wir waren wild, wir waren unsterblich, wir waren Metal-Fans, zu allen Schandtaten bereit, und nichts konnte uns aufhalten. Dann kam der Stau.“


    Rezension:


    Ein Buch, das als Kombi aus Heavy Metal und feinem Sprachgefühl beworben wird, und dazu noch direkt im Klappentext einen Lacher mitbringt? – Ich konnte gar nicht anders, als „Jogginghosen-Henry“ von Hannes Finkbeiner zu lesen. Und meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen.


    Dass es der Autor versteht, mit Worten umzugehen, zeigt sich von Anfang an – einerseits fliegt man nahezu durch den Text, er liest sich quasi von selbst, und andererseits feierte ich die genialen, witzigen Vergleiche. Durch die komplette Geschichte zieht sich ein Humor, der mir absolut liegt – trocken, etwas schwarz und einfach typisch für die Metalszene.


    Die Beschreibungen der Szenen erinnerten mich an eigene Festivalerfahrungen im Kreise etwas rauer, völlig verrückter und großteils liebenswürdiger Personen. Daran hat sich Finkbeiner auch mit seinen Charakteren gehalten, die zwar sehr verschieden sind, aber durch eine große Leidenschaft – die Musik – miteinander verbunden sind.


    Von der Geschichte an sich wurde ich völlig überrascht, und das immer wieder. Es fängt schon damit an, dass sich die Story über mehrere Jahre zieht und immer wieder das fiktive Festival, das Hardbeat Open-Air, als Ausgangspunkt findet. Hier begegnet Henry jedes Jahr wieder seiner Traumfrau, die immer mit anderen seltsamen Persönlichkeiten anreist. Ich habe hier vor allem Henrys Ausdauer bewundert, jedes Jahr erneut darauf hinzufiebern, das Mädchen zu sehen.


    Immer mit von der Partie sind Henrys Freunde – der etwas arrogante Felix und Gabriel, der von allen Grabriel genannt wird, weil er im Beerdigungsinstitut seines Vaters arbeitet und wegen seiner Vorliebe für Gothic regelmäßig Spott erntet – den er aber einfach an seiner Schminke abperlen lässt.


    Am meisten faszinierte mich aber, dass es trotz des Humors auch einige sehr ernste Aspekte in Form von z. B. Schicksalsschlägen gibt, was die Geschichte noch authentischer zeichnet. Abgerundet wird das Ganze noch mit Karten aus der Vogelperspektive vom Festivalgelände, welche sich am Anfang und am Ende des Buches befinden.


    Ich kann mir auf jeden Fall nicht vorstellen, dass es auch nur einen Metalhead gibt, der dieses Buch nicht toll finden wird.


    Fazit:


    Ein Buch, das für mich alles hat, was ein Lieblingsbuch braucht: sprachliche Klasse, authentische Charaktere und Sznenarien, genialer Humor und überraschende Wendungen.


    Bewertung:


    10 von 10 Sternen