Verlag: Suhrkamp
Gebundene Ausgabe: 54 Seiten
Kurzbeschreibung:
Kein Aufsatz, keine Szene, keine Geschichte – ein Gedicht an die Dauer, als sei sie ein Lebewesen, etwas Leibhaftiges, als sei mit ihr zu reden. Das Gedicht als ein Angebot, als eine Werbung, als bedürfe es lediglich der Bereitschaft beider, ›ja‹ zu sagen.
Was ist Dauer? Was war sie? Denn sie gründet auf Vergangenem, entsteht, da sich »das flüchtigste aller Gefühle« verflüchtigt hat, in der Gegenwart und wird zur vollendeten Zukunft.
Das Gedicht an die Dauer (Erstveröffentlichung 1986) ist ein Exerzitium, eine geistige und körperliche Übung. Die Dauer ist kein zu erbittendes, zu erbetendes Geschenk, sie ist das Ergebnis, ein Zustand, der sich erreichen lässt.
Über den Autor:
Peter Handke, geboren am 6. Dezember 1942 in Griffen (Kärnten), Sohn einer zur slowenischen Minderheit in Österreich gehörenden Mutter und einem deutschen Vater, besuchte zwischen 1954 und 1959 das Gymnasium in Tanzenberg und das dazugehörige Internat. Nach dem Abitur im Jahr 1961 studierte er in Graz Jura. Im März 1966, Peter Handke hat sein Studium vor der letzten und abschließenden Prüfung abgebrochen, erscheint sein erster Roman, im selben Jahr erfolgt die Inszenierung seines inzwischen legendären Theaterstücks "Publikumsbeschimpfung" in Frankfurt in der Regie von Claus Peymann. Seitdem hat er zahlreiche Erzählungen und Prosawerke verfasst. Darüber hinaus hat Peter Handke viele Prosawerke und Stücke von Schriftsteller-Kollegen ins Deutsche übertragen. Sein Werk wurde mit vielen internationalen Preisen geehrt, u. a. 2014 mit dem Ibsen Award und 2015 mit dem Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis.
Mein Eindruck:
Peter Handke bezeichnet sich selbst nicht unbedingt als Lyriker, aber er schafft es, in diesem lyrischen Text von 1986 einem Thema zu folgen. Hier ist sein Ziel, sich dem Wesen der Dauer zu nähern.
Er sagt: Kein Aufsatz, keine Szene, keine Geschichte. Die Dauer drängt zum Gedicht.
Deswegen wurde es dieses Langgedicht.
Außerdem zielt er vielleicht darauf ab, das Vergängliches durch Literatur bewahrt werden kann.
Wichtig ist ihm auch: Durch Dauer kann man zur Ruhe kommen.
Dauer
Meine Ruhe
Dauer
Mein Rastplatz
Das Gedicht an die Dauer ist voller Prosa. Es enthält Erinnerungen Handkes z.B. an Erlebnisse seiner Kindheit. Es gelingt ihm, dem Leser Bilder dieser Kindheit und der Natur zu vermitteln, z.B. dem See, den heute kaum noch einer kennt.
Auszug:
In der Kindheit begleitete ich den Großvater dorthin zum Futterschneiden.
…
Wir stießen vom Ufer ab
in einem fast viereckigen Nachen,
der in der Mundart Schinakl hieß.
und stakten durch dichtes Schilf hinaus zu der Stelle,
…
wo die grünlichen saftigen Wasserpflanzen standen,
Im Augenblick liegt ein Halm, längst vertrocknet,
Handke stellt Zusammenhänge zu einem anderen See (in Triest) her. Daran erinnert ihn ein Halm, der auf seinem Schreibtisch liegt.
Aus diesen Zusammenhängen stelle ich Handkes Absicht fest, das Vergangene, verflüchtigte mit seinen Worten zu erhalten.
Handke Ziel, sich dem Wesen der Dauer zu nähern, vermag man zu teilen.
Dazu gehört, die Dauerorte zu finden. Ob er sie heute wirklich nicht mehr benötigt, sei dahingestellt.
Hier noch einmal ein überzeugender Ausschnitt:
Die Dauer ist meine Ablöse,
sie läßt mich gehen und sein.
Von der Dauer beseelt,
bin ich auch jene andern,
welche schon vor meiner Zeit an dem Griffener See standen,
welche nach mir die Porte d’Auteuil umkreisen werden,
mit denen allen ich zu der Fontaine Sainte-Marie gegangen sein werde.
Von der Dauer gestützt,
trage ich Eintagswesen
meine Vorgänger und Nachfolger auf meinen Schultern,
eine erhebende Last.
Fazit:
Wer nie die Dauer erfuhr, hat nicht gelebt
Aber an einer Stelle heißt es auch: Auf die Dauer ist kein Verlaß!
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ASIN/ISBN: 3518242385 |