Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
Verlag: Knaur HC (1. April 2016)
Klappentext:
Ihr Spiegelbild in einer Schaufensterscheibe öffnet Akelei die Augen: Sie ist nicht mehr das junge Mädchen, dem die ganze Welt offen steht, sondern eine pummelige, mittelalte Frau im pastellgrünen Mantel. Als Finn, ihre Sandkastenliebe, als Spiegelung in der Scheibe hinter ihr auftaucht, kann sie es nicht glauben. Denn auf mysteriöse Weise verschwand er vor 18 Jahren aus Akeleis Leben. Sie erkennt ihre letzte Chance – auf Abenteuer, auf Glück, auf Liebe – und folgt Finn, ohne nachzudenken. Ohne zu wissen, wohin. So geht sie auch einen Weg zurück: in ihre Kindheit, in die Erinnerung und in die Allee der verbotenen Fragen.
Die Autorin:
Antonia Michaelis wurde in Kiel geboren und ist in Augsburg aufgewachsen. Sie hat in Greifswald Medizin studiert und unter anderem in Indien, Nepal und Peru gearbeitet. Heute lebt sie mit Mann und zwei Töchtern gegenüber der Insel Usedom im Nichts, wo sie zwischen Seeadlern, Reet und Brennnesseln in einem alten Haus lauter abstruse Geschichten schreibt.
Meine Meinung:
Johann ist 18, lebt mit seinen Eltern in England und möchte Europa bereisen. Da er in Deutschland geboren wurde, fängt seine Reise auch dort an. In Wieck, einem kleinen Dorf, in dem er aufgewachsen ist, entdeckt er ein Grab. Merkwürdigerweise trägt dieses Grab seinen Namen: Johann Fin Paul. Und zudem stimmt der Geburtstag des Toten auch mit seinem überein: der 3. April.
Und wäre dies nicht schon seltsam genug, überreicht ihm der Pfarrer des Dörfchens auch noch einen geheimnisvollen Koffer, den er beim Umgraben gefunden hat. In dem Koffer sind Gegenstände, die Johann unbekannt sind. Oder vielleicht doch nicht? Er macht sich auf die Suche nach seiner Vergangenheit, nichtsahnend, dass am Ende nichts mehr so sein wird wie vorher.
Was er nicht weiß, ist, dass sich Akelei, eine 36-jährige Hausfrau, an seine Fersen geheftet hat, die in ihm den Jungen Fin erkennt, in den sie als Teenager verliebt war. Doch kann das sein? Eigentlich müsste Fin so alt wie Akelei sein. Alles andere ergibt doch keinen Sinn, oder?
Als Fan von Antonia Michaelis war ich wieder einmal sehr gespannt auf das neue Buch, Und was soll ich sagen? Ich wurde wieder nicht enttäuscht.
Mit viel Feingefühl, einem hohen Krimianteil (man rätselt das ganze Buch über, wie die Handlung weitergeht und inwieweit alles zusammenhängt) und so mancher Überraschung erzählt die Autorin aus dem Leben einer Frau, die auf der Suche nach sich selbst ist.
Akelei ist unglücklich und kinderlos verheiratet, hat keine perfekte Figur, macht nichts aus sich und stellt ihr Leben plötzlich in Frage. Was bleibt noch, wenn man nur für Mann und Haushalt lebt? Nicht mehr viel. Und deswegen ist es nicht verwunderlich, dass sie ihrem alten Traum nachläuft, getrieben von den Schatten der Vergangenheit.
Und darum dreht sich auch die Geschichte. Um das, was geschehen ist, was man sucht, verdrängt und vielleicht sogar wiederfindet.
Hier wird auch die Kindheit in der DDR beleuchtet; in all den Rückblenden taucht der Leser in die Zeit ein, in der es die Stasi gab, Republikflüchtlinge und Bilder von Lenin an den Wänden.
Der Star des Buches ist wohl zweifellos das weiße Huhn, das Akelei in ihrer geblümten Tasche dabei hat. Ich musste oft schmunzeln, denn die Situationen, in denen es auftritt, sind recht witzig geschildert.
"Die Allee der verbotenen Fragen" ist ein Buch, das sich von der Masse absetzt, das am Ende Erstaunen hervorruft und schön undurchsichtig bleibt.
Der Schreibstil ist äußerst gelungen, er hält stetig die Spannung.
10 Punkte.