Brauchen wir den STAMMTISCH - Wenn ja, warum nicht?

  • Ich erlaube mir hier ein Zitat aus einem anderen Thread anzuführen - beseelt von der Hoffnung, dass der so Zitierte keine Einwände erhebt.


    Zitat

    Großer Gott. Ist man denn nirgends vor dem Stammtischgeschwätz zu diesem Thema sicher? Bonk


    Und so treibt mich seit gestern diese Frage um:


    BRAUCHEN WIR DEN STAMMTISCH NOCH?


    Schlaflos habe ich mich letzte Nacht im Bett gewälzt, immer die Befürchtung vor Augen:


    DER STAMMTISCH WIRD ABGESCHAFFT - LIEGT GEWISSERMASSEN SCHON IN DEN LETZTEN ZÜGEN!


    Wollen wir das?


    Wo soll denn sonst dummes Geschwätz abgesondert werden - wenn nicht am STAMMTISCH!


    Die Hersteller von :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier würden in tiefe Depressionen verfallen, schaffte man den STAMMTISCH ab, die Umsätze dieses edlen Getränkes würden einbrechen. Wollen wir das?


    Und was wäre die Welt ohne den STAMMTISCH?
    Stammtischleer! :-(


    Und da Stammtischgeschwätz quasi mein zweiter Vorname ist - würde ich ohne sehr leiden.


    In diesem Sinne:
    STAMMTISCHGESCHWÄTZ :anbet :anbet :anbet :anbet :anbet



    Edit: Da gab es etwas, was im Ursprung nicht zu verstehen war. :-(

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

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  • :bruell


    Natürlich brauchen wir (zwei) ihn, keine Frage. Wer ihn nicht braucht, geht nicht hin. Heute ist er sogar attraktiver geworden, da er auch virtuell ist. Deshalb braucht man keine Angst mehr zu haben, mit "ausgeschlagener Kauleiste" nach Hause zu kommen. Man kann sogar im Rippenshirt faul auf der Couch liegen, weil er jederzeit und überall erreichbar ist.


    Im Übrigen ist das Niveau in dem von crycorner eröffneten Thread gar nicht mal so schlecht. Er enthält so gut wie alle moralischen und juristischen Fragen, die im Folgenden von Juristen geprüft und diskutiert werden und von uns kommentiert werden dürfen.

  • In Bayern stellt sich so eine Frage erst gar nicht, das würde an den Grundfesten des öffentlichen Lebens rütteln. :lache
    Bayerische Politik als solche wäre ohne Stammtische auch gar nicht denk- und ausführbar. Abgesehen davon, will man wirklich, dass all diese Leute die da sonst sitzen orientierungslos durch die Strassen schlendern, verzweifelt auf der Suche nach einem Platz in dieser unserer Gesellschaft? Nein, das wäre herzlos.
    Gegen die soziale Kälte, für mehr Stammtische! :suppeln

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Das Für und Wider der Institution Stammtisch als "Weltgeschehen" zu sehen zeigt sehr schön, wie wichtig sich die Insassen solcher Lokalitäten nehmen. Deshalb ziehe ich Kaffeehauskultur vor - weniger (Bier)Ernst, mehr (Kaffee)Grund :grin

  • Es ist doch irgendwie überall das gleiche.


    Der Einzelhandel steht vor dem Aus, weil immer mehr Leute ihre Einkäufe im Internet tätigen.


    Die Buchhändler stehen vor dem Aus, weil immer mehr Leute auf Reader umsteigen.


    Und die Stammtische stehen vor dem Aus, weil man seine ungeschliffene Meinung viel einfacher und gefühlt reichweitenstärker auf Facebook rausposaunen kann.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von LeSeebär
    ...
    Und die Stammtische stehen vor dem Aus, weil man seine ungeschliffene Meinung viel einfacher und gefühlt reichweitenstärker auf Facebook rausposaunen kann.


    Das stört einen echten Bayern nicht, des deppate Internet das ist ja wie Duschen und das Wasser nicht aufdrehen. Ein Leben ohne mindestens einmal die Woche - bevorzugt sonntags - am Stammtisch gesessen zu haben ist zwar vielleicht möglich - aber sinnlos !

  • Nicht zuletzt durch die "sozialen" Netzwerke hat sich die Diskussionskultur geändert, aber auch und vor allem die Sichtweise auf das, was noch eine Nachricht ist und was nicht. Was früher im engen Kreis und zuweilen nur unter Drogeneinfluss geäußert wurde, schwappt einem heute im Sekundentakt vor die Füße, mit möglichst großer Streuung. Es wird über Halbwahrheiten, Gerüchte, Verschwörungstheorien und Mythen geschwatzt, und die - vorsichtig gesagt - sehr laienhafte Stellungnahme hat eine größere Wirkung als die faktisch untermauerte Sicht. Niemand regt sich mehr über Vorverurteilungen aus, weil die Mutmaßung interessanter ist als die dann doch etwas weniger spektakuläre "Expertenmeinung".


    Was mich also anbetrifft: Ganz klares Nein. Ich verstehe das Bedürfnis, sich über das Weltgeschehen (im weitesten Sinne) auszutauschen, und ich verspüre es ja auch. Ich kann jedoch die Beleidigungs- und Mobbingkultur auf Stammtischniveau (der Stammtisch befindet sich metaphorisch in einer billigen Gardinenkneipe im Berliner Wedding) kaum noch ertragen, diesen äußerst emotionalen, die Konsequenzen völlig ignorierenden Chor der Ahnungslosen, die sich die Mäuler zerreißen, ohne viel Ahnung von der Sache zu haben.


    Diskurs: Gerne, bitte, unbedingt. Das andere nicht.

  • Tom, ich verstehe, was Du meinst. Oft genug lese ich völlig absurde Aussagen ohne jegliches Vorhandensein von Hintergrundinformationen. Besonders erstaunlich finde ich immer die Beiträge, bei denen eine Quelle angegeben wird und die verlautbarte Meinung mit der Quelle so gar nicht übereinstimmt. Man geht in unserem Informationszeitalter viel zu fahrlässig mit Informationen um. Und nutzt dennoch - anonym - die Möglichkeit, seinen Senf auf jede Wurst zu tupfen, die durchs Internet fliegt.
    Generell fällt auf, dass mit Informationen und deren Verbreitung auch von offizieller Seite her nicht mehr ordentlich umgegangen wird. Auf den Online- Plattformen namhafter Printmedien findet man keinen Artikel, bei denen ein Deutsch-Lehrer keine Sinnkrise davon trägt. Fürchterlich viele Fehler, alles schnell hingerotzt, um die Homepage mit aktuellen Inhalten zu füllen. Und wenn die Form schon so stiefmütterlich behandelt wird, ist es auch oft mit dem Inhalt nicht so weit her.
    Hin und wieder mache ich mir den Spaß (in einem anderen Forum), irgendwelche Behauptungen detailliert zu hinterfragen und meinerseits Fakten ins Spiel zu bringen. Erstaunlich, wie oft da dennoch am persönlichen Meinungsbild, so faktisch falsch es auch sein mag, festgehalten wird.
    Es gibt allerdings auch gute Plattformen, bei denen man sich mit vernünftigen Leuten vernünftig über aktuelle Themen austauschen kann und auf gutem Niveau auch mal streiten kann. Diese Foren sind das, was ich als Online- Entsprechung eines Stammtisches akzeptiere. Wobei an einem Stammtisch die Quatsch-Quote auch gerne mal hoch ist und sich zudem linear zur Uhrzeit und der Flüssigkeitsaufnahme verschlechtert. Ganz so toll ist "Real-Life"-Stammtisch dann auch nicht.

    Enttäuscht vom Affen, schuf Gott den Menschen.
    Danach verzichtete er auf weitere Experimente.

    - Mark Twain -

  • Zitat

    Original von Tom
    Nicht zuletzt durch die "sozialen" Netzwerke hat sich die Diskussionskultur geändert, aber auch und vor allem die Sichtweise auf das, was noch eine Nachricht ist und was nicht. Was früher im engen Kreis und zuweilen nur unter Drogeneinfluss geäußert wurde, schwappt einem heute im Sekundentakt vor die Füße, mit möglichst großer Streuung. Es wird über Halbwahrheiten, Gerüchte, Verschwörungstheorien und Mythen geschwatzt, und die - vorsichtig gesagt - sehr laienhafte Stellungnahme hat eine größere Wirkung als die faktisch untermauerte Sicht. Niemand regt sich mehr über Vorverurteilungen aus, weil die Mutmaßung interessanter ist als die dann doch etwas weniger spektakuläre "Expertenmeinung".


    Was mich also anbetrifft: Ganz klares Nein. Ich verstehe das Bedürfnis, sich über das Weltgeschehen (im weitesten Sinne) auszutauschen, und ich verspüre es ja auch. Ich kann jedoch die Beleidigungs- und Mobbingkultur auf Stammtischniveau (der Stammtisch befindet sich metaphorisch in einer billigen Gardinenkneipe im Berliner Wedding) kaum noch ertragen, diesen äußerst emotionalen, die Konsequenzen völlig ignorierenden Chor der Ahnungslosen, die sich die Mäuler zerreißen, ohne viel Ahnung von der Sache zu haben.


    Diskurs: Gerne, bitte, unbedingt. Das andere nicht.


    Tom, was verstehst du unter "Stammtischniveu" bzw. "Stammtischgeschwätz"? Eine kurze Erläuterung würde mich interessieren.
    Genauer gefragt - was macht für dich einen "guten", qualitativen, sachlichen Diskurs aus und was hat dieser nicht, was ein Stammtischgespräch hat bzw. andersrum? (teilweise oder evtl. auch ganz? hast du das ja beantwortet...)


    Evtl. erreicht dich zu diesem Thema in den nächsten Tagen eine PN, wenn das okay ist. Ich muss mal gucken und meine Gedanken sacken lassen. :grin


    Was die Frage angeht, halte ich mich zurück. Der eine braucht den Stammtisch, der andere nicht. Ich habe bestimmt bei vielen "Diskussionen" auch schon ein Stammtischniveau erreicht, was ich grundsätzlich nicht verteufeln würde. Generell bin ich ein großer Freund von sachlichen, fundierten Beiträgen, die meinen Horizont erweitern und mir neue Denkweisen eröffnen.


    Allerdings...den Titel des Threads finde ich interessant... "..wenn ja, warum nicht?" :lache

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  • Huhu, Gummi.


    Zitat

    Tom, was verstehst du unter "Stammtischniveu" bzw. "Stammtischgeschwätz"?


    Heute:


    "Prince ist tot."
    "Ja, habe ich auch gelesen. Wohl was mit Drogen." (das ist bislang ein Gerücht)
    "Die nehmen doch alle Drogen." (stimmt nicht)
    "Muss schlimm für seine Familie sein." (Prince war zum Todeszeitpunkt unverheiratet und kinderlos, aber sein Privatleben hielt er weitgehend geheim)
    "Aber 'Purple Rain' habe ich früher rauf und runter gehört. Dass der Drogen nimmt, wusste ich gar nicht." (unbestätigt)
    "Schuld eigene." (Kausalität unzulässig)
    (usw.)


    Vielleicht kein gutes Beispiel, war aber heute unfreiwillige Frühstückslektüre. Geschrieben von Leuten, die ich eigentlich achte.


    Kürzlich, zu Böhmermann vs. Erdoan, verhielt es sich ähnlich - abgeebbt ist das ja noch nicht. Und so weiter und so fort.


  • Ok, das hilft mir etwas mehr. Ich bin gerade am Überlegen, was ich davon halte und wie ich dazu stehe.
    Hast du Lust, mir zu schreiben, wie du dir in so einem Fall (bei diesem Thema) eine Unterhaltung vorstellen würdest, die dem nahe kommt, was du "absegnen" würdest? Bzw. wie jemand bei Facebook darüber "berichten" soll oder sich diesbezüglich verhalten sollte, damit du es als Diskurs und nicht als Stammtischniveau bezeichnest? Ist sowas in "Kurzbeiträgen" auf einer Pinnwand - ohne eben eine längere Diskussion anzuzetteln - möglich?
    Und darf nur derjenige eine Meinung sagen und haben, der sich vorher umfassend informiert hat?


    Edit: Dieter bringt es auf den Punkt. :chen


    Edit 2: Fehler im Text. Hoffe, jetzt passt es.

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    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Gummibärchen ()

  • Zitat

    Original von Gummibärchen
    [quote]Original von Tom


    Und darf nur derjenige eine Meinung sagen und haben, der sich vorher umfassend informiert hat?


    Nein, dürfen tut das jeder. Die Frage ist: Sollte er?


    Das Problem liegt meiner Ansicht nach in der Faulheit der Leute, sich wirklich zu informieren bevor irgend ein halbgarer Mist verbreitet wird.


    Der Umgang mit all den vielen Meinungen und Meldungen des Internets wurde nie wirklich gelernt, Schlagzeilen ersetzten die Information, und auch diese wird kaum noch hinterfragt.


    Heute kann jeder alles zur "Tatsache" erheben und sicher sein, das eine breite Masse ihm folgen wird, nicht auf Grundlage von Fakten, sondern weil es einfach geil ist.

  • Zitat

    Das Problem liegt meiner Ansicht nach in der Faulheit der Leute, sich wirklich zu informieren, bevor irgend ein halbgarer Mist verbreitet wird.


    Leute, die Menschen werden wir nicht ändern und ihre Liebe zum Stammtischgeschwätz schon gar nicht.


    Das Geschwätz, das Gerede und die Ressentiments sind menschlich, allzu menschlich. Fast alles ist Glauben und Meinen, fast nichts ist Wissen. Ein Mensch, der jedes Geschwätz missachtet und ständig nur sein (Halb)Wissen absondert, wirkt kalt und herzlos wie ein Außerirdischer.


    Wo gibt es denn eine sachliche Diskussion? Selbst in den Wissenschaften wird getreten und denunziert, um Paradigmen zu verbreiten, die vom Wissen weit entfernt sein können. Die von Tom geschilderte klassische "Kommunikation über Nichtwissen" ist so alt wie die Menschheit. Früher gab es den Dorfplatz oder den Brunnen, heute gibt es Facebook. Das Medium ändert sich, aber doch nicht der Inhalt.


    Um nochmal auf die von crycorner ausgelöste Diskussion zurückzukommen: Vom Ablauf und von der Qualität der Wortmeldungen her ist sie ja fast schon ein Musterbeispiel für eine, die das Prädikat "Besonders wertvoll" verdient.

  • Ich sitze hier und staune ein wenig.


    Also - eigentlich war mein Eingangsbeitrag eher scherzhaft gemeint. Und dann folgte eine eher ernsthafte Diskussion.


    Dabei hat Dieter es doch perfekt ausgedrückt:


    Zitat

    Ein Stammtisch ist zum Saufen da


    und um eben dummes 2,8-Promille-Geschwätz abzusondern.


    In diesem Sinne.... :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Bodo


    Nein, dürfen tut das jeder. Die Frage ist: Sollte er?


    Das habe ich damit nicht sagen wollen, aber die Frage war bewusst provozierend gestellt. Ich unterschreibe deine Worte voll und ganz.


    Voltaire : Ich finde die Diskussion trotzdem spannend und interessant. Für mich geht es weniger um den richtigen Stammtisch gerade als den Umgang mit Informationen usw. Also danke fürs Anzetteln. :grin ;-)

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  • Der Vorteil des klassischen Stammtisches ist, dass er, für gewöhnlich, örtlich sehr begrenzt ist und auch keine weitere Auswirkungen als bierseliges Gebrabbel hat und alle Beteiligiten sich danach befreiter fühlen.
    Der gleiche Umgangston auf öffentlichen Plattformen hat eine ganz andere Auswirkung und man erlebt ja auch ganz oft eine Art Schneeballeffekt, indem sich brisante Themen und Polemik immer weiter aufschaukeln. Das hat dann leider sehr wohl negative Effekte für die Allgemeinheit.
    Ich würde mir auch einen bewussteren und sensibleren Umgang mit "Informationen" wünschen, muss allerdings auch sagen, dass mein Glaube in die sogenannten seriösen Medien nicht mehr so - möglicherweise naiv - ist wie er mal war. Ich behalte mir für mich selbst inzwischen ganz oft vor überhaupt eine Meinung zu vertreten, weil ich ganz oft das Gefühl habe, gar nicht wirklich zu wissen, was für Hintergründe eine Rolle spielen. Frei nach dem Motto: Ich weiß, dass ich nicht weiß.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda