Bernhard Hennen, Robert Corvus - Nordwärts (Die Phileasson-Saga, Band 1)

  • Ich habe lange überlegt, ob ich wirklich eine Rezension schreiben soll, da ich die Phileasson-Saga schon einmal gemeistert habe und mit ganz anderen Voraussetzungen an das Buch herangehe als jemand, der oder die von Aventurien und DSA noch nie etwas gehört hat, aber mich dann doch dafür entschieden. Manchmal muss ein Text einfach raus, und die Phileasson-Saga ist bei mir eine Herzensangelegenheit, schließlich sind der Käptn und ich schon mal drei irdische Jahre lang gemeinsam um Aventurien geschippert.



    Worum geht es?


    Zwei verfeindete Thorwaler Drachenschiffkapitäne, eine Wettfahrt in 80 Wochen rund um Aventurien, zwölf dabei zu lösende Aufgaben, sich einmischende höhere Mächte und einen Haufen zusammengewürfelter Abenteurer, die mit auf große Fahrt gehen.



    Wer hat's geschrieben?


    Bernhard Hennen, in der Deutschen Fantasyszene und darüber hinaus bekannt durch zahlreiche Elfen-Romane und Autor der ursprünglichen Phileasson-Kampagne für das DSA-Rollenspielsystem , und Robert Corvus, unter verschiedenen Pseudonymen Autor für unter anderem DSA und Perry Rhodan, sowie Verfasser der Schattenherren-Reihe (und außerdem ein Mensch mit sehr gutem Musikgeschmack).



    Und wie fand ich das nun?


    Vor der eigentlichen Geschichte steht ein etwa 80 Seiten langer Prolog, der einem mehrere der mitreisenden Abenteurer etwas näher bringt. Dieser hat mich zwiespältig zurückgelassen. Ich freue mich zwar immer über Charakter-Hintergrundgeschichten, aber der Prolog erinnerte mich eher an A Song of Ice and Fire als an Aventurien, bis hin zu einem Satz, an dessen Ende eigentlich nur noch ein 'Valar Morghulis' gefehlt hätte. Außerdem hat mich irritiert, dass die ganze Zeit nur von Jungmannen die Rede war und Frauen nur zum Füllen des Methorns auftauchten und abfällig Weiber genannt wurden. Die Thorwaler sind zwar ein raues Völkchen, aber eigentlich sind bei ihnen Männer und Frauen komplett gleichberechtigt.


    Dann ging es endlich mit der richtigen Geschichte los, die 10 Jahre nach dem Prolog spielt und ziemlich genau dem Abenteuerband folgt. Ich konnte immer mitblättern und hatte endlich mal keinen Grund, über fehlendes Kartenmaterial zu mosern, was ich bei Fantasyromanen sonst gerne tue. Da auf die meisten bekannten Meisterfiguren unter der Schiffsbesatzung verzichtet wurde, sind einige interessante neue Figuren dabei. Leider wurde ausgerechnet das Kernstück des ersten Bandes, die schon lange andauernde Fehde zwischen den rivalisierenden Kapitänen Asleif Phileasson und Beorn Asgrimmson, kaum thematisiert. Ein Satz, dass der Unfalltod von Beorns Schwester wohl der Auslöser der offenen Feindschaft war, das war es auch schon. Schade, da hätten die Autoren so viel mehr aus der Geschichte herausholen können. Was ist damals genau passiert? Was haben die beiden seitdem getan um sich gegenseitig das Leben schwer zu machen? Was hat Phileasson im Güldenland erlebt und war Beorn wirklich auch da oder hat er nur gelogen? Ich will Drama, Baby, Drama! Das wäre perfekter Stoff für den Prolog gewesen! Vielleicht bringen die weiteren Bände in der Hinsicht noch was, sonst wäre ich echt enttäuscht.


    Sehr gut ausgearbeitet hingegen fand ich die Figur der Travia-Geweihten Shaya Lifgundsdottir, die als Schiedsrichterin des Wettkampfs mit auf die Reise geht und mit dem rauen Umgangston auf einem Drachenschiff und ihrer durch ihre Position bedingten Außenseiterrolle in der Mannschaft hadert. Shaya hat im Vergleich zum Abenteuer wirklich an Profil gewonnen, und es ist schön zu beobachten, wie sie nach und nach in ihre Rolle in der Schiffsgemeinschaft hineinwächst. Mein absoluter Liebling unter den Protagonisten ist allerdings Irulla, eine Waldmenschenfrau mit extrem morbider Weltsicht und einer besonderen Beziehung zu Spinnen. Leider trat sie im ersten Band nur am Rande in Erscheinung, ich würde mich freuen, in den Fortsetzungen mehr von ihr zu lesen.


    Im Gegensatz zum Abenteuerband wird auch Beorns Geschichte viel Raum gegeben, was ich persönlich als gelungenen Schachzug seitens der Autoren empfinde. So bekommt zum Beispiel eine Stelle, die ich beim Vorbereiten des Abenteuers immer als sinnlose Meisterwillkür empfunden habe, plötzlich einen ganz anderen Kontext.


    Der Phileasson von Hennen und Corvus kommt recht nahe an 'meinen' Phileasson heran, den ich charakterlich ziemlich stark an Captain Jack Aubrey aus den Master and Commander-Romanen von Patrick O'Brian angelehnt hatte. Ehrenhaft, charismatisch, ein strenger aber gerechter Kapitän mit einer gelegentlichen Neigung zu tollkühnen Aktionen. Nur hoffe ich, wie schon geschrieben, noch auf mehr Hintergrundgeschichte. Aus dieser ikonischen Figur ist noch so viel mehr herauszuholen.


    Trotz seiner Schwächen hat mir 'Nordwärts' eine Menge Spaß und eine schlaflose Nacht beschert, und ich habe mich mit einem breiten Grinsen im Gesicht immer wieder daran erinnert, was meine Gruppe damals in der jeweiligen Situation so alles getrieben hat. Meine Rollenspielkonditionierung hat dafür gesorgt, dass immer wieder mitgerätselt habe, was die Protagonisten wohl gerade gewürfelt haben (Spontane Selbstentzündung beim Ignifaxius! Das war mindstens eine Doppel-20!). Lustigerweise erinnert die Lösung der ersten Aufgabe im Buch sehr stark an das, was meine Spieler ausgebrütet hatten. Nur der Nihilgravo und die angesengte Feder am Hut des Schwertgesellen fielen im Buch aus. Falls ich die Kampagne noch mal meistern sollte (worauf ich gerade so richtig Bock habe), werde ich definitiv auf einige der Anregungen aus der Romanfassung zurückgreifen.


    Nun bin ich gespannt auf Band 2, der im August erscheinen soll.

  • Eigene Meinung:


    Dieses Buch ist als Wanderbuch bei mir gelandet: Von Bernhard Hennen hab ich vor vielen Jahren begeistert Die Elfen -Reihe gelesen und wollte schon lange mal wieder was von ihm zur Hand nehmen, obwohl diese Abenteuer -Fantasy sonst eher nicht zu meinen bevorzugten Genres gehört.


    Rollenspiele und Aventurien sind mir bisher nicht bekannt, deshalb hätte ich mir schon mehr Infos zu der Vorgeschichte der beiden Kapitäne, bzw grundsätzlich zu allen Personen, gewünscht, aber das kommt ja vielleicht noch im Laufe der Reihe...
    Grundsätzlich fühlt sich das Buch wie ein Auftakt an : Es werden erstmal alle Personen grob vorgestellt und zusammen auf Wettfahrt geschickt, aber keiner so wirklich tiefergehend beleuchtet....So 2-3 Lieblinge hab ich aber trotzdem schon :)


    Das Buch liest sich recht flott, ich war an zwei Tagen durch, es gibt allerdings viele Personen und Begrifflichkeiten an die man sich erst gewöhnen muss, die den Lesefluss aber trotzdem nicht stören- zum Nachschlagen gibt es ein hilfreiches Glossar hinten im Buch.


    Die Geschichte ist nicht für Zartbesaitete geeignet, viele Szenen sind recht brutal und blutig. Viele Charaktere eher unsympathisch, selbst bei den "Guten" gibt es Neid und co .


    7/10 Punkten
    für einen langsamen Auftakt, von dem ich mir in Teil 2 mehr tiefergehende Infos erhoffe

  • Nordwärts


    Die Phileasson Saga Band 1


    Bernhard Hennen, Robert Corvus
    • Broschiert: 496 Seiten
    • Verlag: Heyne Verlag (11. April 2016)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-13: 978-3453317512


    Die Autoren (Verlagsangabe)
    Bernhard Hennen, 1966 geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Vorderasiatische Altertumskunde. Als Journalist bereiste er den Orient und Mittelamerika, bevor er sich ganz dem Schreiben fantastischer Romane widmete. Mit seiner Elfen-Saga stürmte er alle Bestsellerlisten und schrieb sich an die Spitze der deutschen Fantasy-Autoren. Hennen lebt mit seiner Familie in Krefeld.


    Robert Corvus, 1972 geboren, lebt in Köln. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker war in verschiedenen internationalen Konzernen als Strategieberater und Projektleiter tätig. Corvus ist Metalhead, Kinofan und Tänzer. Als Bernard Craw veröffentlichte er zahlreiche Romane in den Reihen »Das schwarze Auge« und »Battletech« sowie einen apokalyptischen Vampirthriller. Als Robert Corvus etablierte er sich mit der Trilogie »Die Schattenherren« in der Grim & Gritty Fantasy, schreibt Science-Fiction bei »Perry Rhodan« und adaptiert gemeinsam mit Bernhard Hennen die »Phileasson-Saga«.


    Inhalt und meine Meinung


    Ein rauhes Volk sind die Thorwaler und ihre Kapitäne sind die allerhärtesten Kerle. Wen wundert es, dass die beiden bekanntesten, Asleif Phileasson, genannt der Foggwolf, und Beorn der Blender eine ausdauernde Feindschaft verbindet. Um ein für alle Mal zu klären, wer denn nun der größte und beste Seefahrer ist, wird ein Wettkampf ausgeschrieben, eine Fahrt, in der sie den Kontinent Aventurien einmal umrunden und gefährliche Aufgaben lösen sollen.
    Wen wundert es, dass nicht nur seemännisches Können und Mut, sondern auch Lug und Trug, Zauberei, Hinterlist und schlichte Bosheit eine Rolle spielen.
    Es ist eine Geschichte mit Anleihen bei nordischen Sagen und anderen heldenhaften Geschichten. Die Rollen sind recht eindeutig verteilt, es gibt Gute und Böse und es geht auch nicht ohne Grausamkeit und Brutalität ab. Ein typischer Phantasy-Abenteuerroman eben.
    Auch wenn Figuren und Handlung bei mir immer wieder Erinnerungen an andere Romane wecken, es hat mich zwei Tage lang in seinen Bann gezogen, dieses Buch und ich kann es allen Freunden dieser Gattung empfehlen.
    Soweit es beim ersten Band einer Reihe überhaupt schon zu beurteilen ist, erscheint es mir lange nicht so komplex, wie die Eis und Feuer Geschichte, was für Leute, die sich nicht wochenlang in komplizierte Stammbäume und Landkarten vertiefen möchten und Schwierigkeiten mit dem Auftauchen von Dutzenden von Figuren haben, durchaus ein Vorteil sein kann.


    7 Punkte für dieses Buch

  • Die Drachenbootkapitäne Asleif Phileasson und Beorn Asgrimsson sollen in einem Wettkampf gegeneinander antreten und dabei an der Küste Aventuriens bis in den hohen Norden segeln. Als Zusatzaufgabe muss ein Mammut erlegt werden. Aus dem Tempel von Thorwal begleiten als Wettkampfrichterinnen die geweihten Frauen Lenya und Shaya die Boote. Im Gegensatz zu durchschnittlichen Wikingerbooten nehmen aventurische Drachenschiffe auch Elfen, Magiere und andere phantastische Wesen mit an Bord. Die Zusammenstellung der Mannschaft für die große Fahrt muss deshalb berücksichtigen, ob ein schmächtiger Magier die für die Arbeit an Bord fehlende Muskelmasse durch andere Fertigkeiten aufwiegen wird. In dieser 3-bändigen Saga bringt der Magierlehrling Tylstyr seine Fähigkeiten als Elementarmagier ein, wenn auch die Zauber ab und zu noch ihn beherrschen und nicht er die Zauber.


    Ein unheimlicher Prolog berichtet vom Mädchen Fianna, das von 7 Kerlen gefangen genommen und vergewaltigt wird. Die junge Frau prägt sich ihre Peiniger genau ein und schwört ihnen Rache. Der Prolog erzeugt zunächst eine düstere Stimmung, die erst wieder durch das Geplänkel innerhalb der Mannschaften aufgelöst wird. Die Personenbeschreibungen wirken auf mich bisher eher äußerlich, richten sich an Körperbau und alten Kampfspuren aus. Meine Neugier auf Entwicklung der Personen, wie genau es z. B. sich anfühlt, dieser Magierlehrling zu sein, wird im ersten Band noch nicht vollständig gestillt. Angedeutet werden jedoch schon ethische Differenzen, bei denen die Berechtigung von Kaperfahrten oder der Waljagd infrage gestellt werden. Vermutlich kommt diese Ebene Interessen heutiger Leser entgegen. Auch die Art des augenzwinkernden Humors unterhält mich angenehm locker, wenn z. B. diskutiert wird, wer bei Wikingers das Geschirr spült. Zurzeit bin ich als „Figuren-Leser“ noch unentschlossen, ob ich Nicht-Rollenspielern den Einstieg in die Trilogie empfehlen möchte.


    7 von 10 Punkten