'Märzgefallene' - Seiten 001 - 084

  • Gereon vergnügt sich in Köln auf dem Rosenmotagszug, während Charlie versucht, eine Zeugin in den Wittenberger Heilstätten zu vernehmen.


    (Schön fand ich da ja die Begegnung mit Adenauer, wobei ja da gleich seine eher frauenfeindliche Einstellung zu Tage tritt.)


    Denn der Tote der nach Tagen erst unter der Hochbahn entdeckt wurde, war außer einem anderen, der einzige Überlebende eines Feuers, das sie vor 2 Jahren gelegt hatte.


    Hannah, die Zeugin wird dann des nachts überfallen, und soll ebenfalls zum Schweigen gebracht werden. Glücklicherweise war sie findig und konnte dann auf dem Wege ihres erfolglosen Mörders ebenfalls der Anstalt entkommen.
    Furchtbar, wenn man bedenkt wie die Leute damals behandelt wurden. Die Wärterin und die Wärter erinnerten mich gleich an Jack Nicholson in "Einer flog übers Kuckucksnest".


    Kutscher versteht es einfach, schon auf den ersten Seiten die richtige Atmosphäre zu schaffen.

  • Findus, mir gefällt es auch sehr gut, dass Kutscher nicht seitenweise schreiben muss, um uns etwas über eine Person mitzuteilen, oft genügt ein einziger Satz.


    Auch die politische Stimmung wird ganz schnell deutlich. Gerade in der Beschreibung von Charlys Arbeitsalltag wird klar, in welchem Ausmaß Polizeiarbeit politisch ist.


    Ich habe das Buch ja schon gelesen, aber auch beim ersten Lesen hat es mich schon bei den ersten Seiten gegruselt.

  • Ja das stimmt, es gruselt. Und ich frage mich immer wieder, angesichts der Meute in Köln unterm Rathaus, die Adenauer an die Maure gerufen haben und jeder hat sich ängstlich in die Menge verdrückt, wie hätte man selber reagiert. Ich bin ja ein furchtbarer Angsthase, vor allem vor Gewalt, deshalb kann ich keinen verurteilen.


    Adenauer hatte wohl mit Hitler den richtigen Riecher, fragt sich nur, warum er nichts unternommen hat.

  • Heldentaten von einzelnen hätten in der Situation sicher nichts gebracht. Und auch ein Oberbürgermeister stand da auf verlorenem Posten.
    Das große Problem war ja, dass die Demokraten sich nicht einig waren und sich lieber gegenseitig bekriegt haben, statt sich gegen die Bedrohung von rechts zu wenden.

  • Ich meinte ja auch nicht ihn alleine. Dass die Vielparteienpolitik in der Weimarer Republik mit den Weg bereitet hat ist wohl mehr als deutlich. Ebenso und das wird im Buch genauso deutlich, die Heimkehrer aus dem 1. Weltkrieg, die Krüppel, die keinen Fuß mehr fassen konnten und natürlich, das Abkommen von Compiégne.


    Da waren die Alliierten nach dem 2. WK klüger. Zumindest im Westen.

  • Ne da verrätst Du nichts Neues, darüber wurde ja schon viel geschrieben. Aber mir gefällt es immer wieder, mehr über Geschichte unter verschiedenen Aspekten und eingebettet in die unterschiedlichsten Genre zu erfahren.

  • Ich finde auch, dass Kutscher die Gesellschaft und politische Situation sehr gut beschreibt. Wir sind jetzt im fünften Teil und die Stimmung ist von Band zu Band schwieriger und düsterer geworden. 1933 und die Machtübernahme Adolf Hitlers lassen mich immer wieder gruseln. Das KZ Dachau wurde eingerichtet. Es war erst mal Ende mit der Demokratie.


    Ich mag Charly auch sehr und bin gespannt, wie es ihr noch ergehen wird.

  • Zitat

    Original von Findus
    Gereon vergnügt sich in Köln auf dem Rosenmotagszug, während Charlie versucht, eine Zeugin in den Wittenberger Heilstätten zu vernehmen.


    Und wie er sich vergnügt. :fetch Betrügt Charly auch noch... Das hat die Arme nicht verdient so kurz vor der Hochzeit.


    Zitat

    Original von Findus
    (Schön fand ich da ja die Begegnung mit Adenauer, wobei ja da gleich seine eher frauenfeindliche Einstellung zu Tage tritt.)


    Ja, nur weil die Frauen wählen dürfen ist es jetzt so schlimm mit den Braunen. :pille



    Hannah und ihr Schweigen finde ich bisher sehr interessant. Sie musste in ihrem noch jungen Leben schon ganz schön viel durchmachen. Zum Glück konnte sie Huckebeil entkommen....


    Zitat

    Original von Findus
    Kutscher versteht es einfach, schon auf den ersten Seiten die richtige Atmosphäre zu schaffen.


    Oh ja das beherrscht er wirklich sehr gut. Man bekommt regelrecht Gänsehaut weil man ja schon weiß was kommt und möchte aklke kräftig wach rütteln.
    Chartly, Gereon & Co. Sind einem gleich wieder so vertraut als wären sie nie weg gewesen. :-]

  • Zitat

    Original von Sonnschein
    Und wie er sich vergnügt. :fetch Betrügt Charly auch noch... Das hat die Arme nicht verdient so kurz vor der Hochzeit.


    Hat sie natürlich nicht! Aber Gereon war schon immer ein schwieriger Charakter und wenn ich daran denke, welcher Kotzbrocken er im 1. Band war, wird er so nach und nach (vielleicht/wahrscheinlich auch durch Charlys Einfluss) deutlich "handsamer". Wobei ich an ihm mag, dass er so ein Querkopf ist und er somit auch gar nicht zu "brav" werden soll. Der Seitensprung passt von daher zu ihm, in Ordnung ist es natürlich trotzdem nicht!


    Zitat

    Original von JaneDoe
    Ich finde auch, dass Kutscher die Gesellschaft und politische Situation sehr gut beschreibt. Wir sind jetzt im fünften Teil und die Stimmung ist von Band zu Band schwieriger und düsterer geworden. 1933 und die Machtübernahme Adolf Hitlers lassen mich immer wieder gruseln. Das KZ Dachau wurde eingerichtet. Es war erst mal Ende mit der Demokratie.


    :write Da Findus und Rumpelstilzchen dazu auch schon im 3. Abschnitt eifrig diskutieren, schreib ich dort mal was dazu. 1933 ist natürlich das Wendejahr in der Weimarer Republik un das merkt man in diesem Band sehr deutlich.


    Die Vielschichtigkeit, die ihr ansprecht, kann ich auch nur unterstreichen! Und gerade das mag ich an Kutscher ebenfalls sehr - es gab viele Gründe, warum es so kam, wie es kam. Ich finde, Kutscher bringt das in seinem Rahmen ausgezeichnet an die Leser. Aber auch, dass es für viele/die meisten Menschen auch noch etwas anderes gab als Politik, woebei diese natürlich gerade im Vordergrund steht.


    Das Treffen mit Adenauer fand ich auch sehr interessant, ich hab zwar irgendwann mal von seiner Vergangenheit vor dem Krieg gehört/gelesen, aber so ganz hatte ich das nicht mehr auf den Schirm.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Sonnschein
    Und wie er sich vergnügt. :fetch Betrügt Charly auch noch... Das hat die Arme nicht verdient so kurz vor der Hochzeit.


    Hätte sie das denn nach der Hochzeit eher verdient? :grin
    Aber es war ja auch kein bis zum Ende vollzogener Seitensprung, er hatte ja immer noch seine Unterwäsche an. Unzuverlässig ist Gereon natürlich trotzdem - alles andere wäre aber eventuell auch zu langweilig im Roman.


    Ich habe heute morgen extra noch bis 4 Uhr gelesen, damit ich hier auch endlich mitlesen und -schreiben kann. Gleich von Anfang an war ich schon wieder von der besonderen Atmosphäre gepackt und fühlte mich wirklich in das Jahr 1933 hineinversetzt. Das Nazipack hatte ja schon früher seine Auftritte, aber aus Laus und Ratte sind nun richtige Ungeheuer und Monster geworden. Die Bedrohung und Gewalt wird richtig greifbar. Da ja bekannt ist, was nun historisch noch alles folgt, wirkt die Untersuchung eine Todesfalls im Obdachlosenmilieu wirklich etwas bizarr.

  • Zitat

    Original von xexos


    Hätte sie das denn nach der Hochzeit eher verdient? :grin
    Aber es war ja auch kein bis zum Ende vollzogener Seitensprung, er hatte ja immer noch seine Unterwäsche an. Unzuverlässig ist Gereon natürlich trotzdem - alles andere wäre aber eventuell auch zu langweilig im Roman.
    .


    Naja, vorher oder nachher macht keinen Unterschied. Bei der Erwähnung der Unterwäsche war mir auch nicht ganz klar, wie weit die beiden gegangen sind.

  • Findus, da möchte ich dir doch widersprechen. :wave Vorher oder nachher macht für mich schon einen Unterschied, nachher ist nochmal deutlich schlimmer!


    Und Unterwäsche hin oder her, für mich war es ein "richtiger" Seitensprung. Ich habe extra nochmal nachgeblättert S. 73: Er selbst war es gewesen, der ihr Hose und Strumpfhose ausgezogen hatte. Und noch mehr. ... sich zwischendurch begrapscht und ausgezogen.


    Ehrlich - in so einen Moment in so einer Lage dann kurz davor noch einen Rückzieher zu machen halte ich für unwahrscheinlich. Das ist ja hier kein Jugendbuch :-].

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Nun ja, die beiden sind verlobt und haben fest vor zu heiraten. Da ist es für mich genauso schlimm oder bedeutsam wie während der Ehe.


    Von daher meine ich ist das kein Unterschied. Für mich. Egal ob jetzt vollzogen oder nicht. Aber ich erinnere mich an Deinen Nachsatz. Also, als es Gereon nochmal durch den Kopf ging.

  • Zitat

    Original von Findus


    Adenauer hatte wohl mit Hitler den richtigen Riecher, fragt sich nur, warum er nichts unternommen hat.


    Die Frage ist nur, was hätte er wirklich tun können? Die allermeisten Politiker, angefangen mit Hindenburg, haben Hitler ja gnadenlos unterschätzt und gedacht, sie könnten ihn und seinen braunen Mob schon unter Kontrolle halten.