Peter Pranges neuster Roman beschäftigt sich mit der Anfangszeit der Universität von Paris, dem Recht auf freie Forschung und Lehre.
Während der Recherche für den „Kinderpapst“ sei er eher zufällig über einen Studentenstreik im Jahr 1229 gestolpert. Da er sich nichts darunter vorstellen konnte, habe er weiter geforscht. Angefangen habe alles mit einem Streit in einem Wirtshaus, bei dem es um die Höhe der Rechnung an die Studenten ging. Der Streit artete zu einer tagelangen (!) Wirtshausschlägerei aus, bevor die Behörden eingriffen und einige Studenten zu Tode geprügelt wurden. Daraufhin forderten die Präfekten der Universität, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Die damalige Regentin von Frankreich, Blanka von Kastilien war wenig beeindruckt und letzten Endes legten die Präfekten der Hochschule ihre Arbeit nieder.
Der Streik wurde erst nach zwei Jahren und dem Eingreifen von Blankas Sohn, dem späteren Ludwig IX., beendet. Damals seien rund ein Zehntel der Pariser Bevölkerung Studenten der erst 29 Jahre zuvor gegründeten Hochschule gewesen und somit sei von ihnen auch eine wirtschaftliche Bedeutung ausgegangen. Nicht nur in dem von ihnen bewohnten Quartier Latin, sondern weit darüber hinaus.
Zu jener Zeit konnte man nur an der Pariser Universität die drei großen Fächer studieren, Theologie, Medizin und Jura. Deshalb wurde die Hochschule auch als „Rose der Welt“ bezeichnet. Jeder habe dort studieren können, solange der Bewerber männlich war, eine gewisse Begabung hatte und Latein konnte. Das habe auch oft der Dorfpfarrer gelehrt, womit auch armen Bevölkerungsschichten der Weg an die Hochschule offen gewesen sei, wie z.B. Robert von Sorbon. Einen Kunstgriff habe er sich erlaubt und das Leben von Robert von Sorbon um 20 Jahre verlegt.
Durch den Streik ergab sich die Frage, wer an Universitäten das Sagen haben sollte, der Staat, die Kirche oder gar die Hochschule selbst. Während der zwei Jahre wurden viele Professoren von anderen neugegründeten Hochschulen abgeworben, wie z.B. Oxford und Montpellier.
Letzten Endes gab Papst Gregor, der selbst in Paris studiert hatte eine Bulle heraus. In dieser wurden allgemeingültige akademische Freiheiten festgelegt, die bis heute gültig sind. Das moderne Prinzip von der Freiheit der Wissenschaften, Forschung und Lehre stamme aus dem 13. Jahrhundert und sei einer Wirtshausschlägerei zu verdanken.
Peter Prange stellte bedauernd fest, dass die Forschung und die „Wahrheit“ auch heute leider noch in vielen Regionen im Dienste einer Ideologie stünden. Bei uns nehme die Wirtschaft immer größeren Einfluss, so auch an seinem Wohnort Tübingen, wo sich die Universität inzwischen zu rund einem Drittel aus Fremdmitteln finanziere. Damit drohe der Wissenschaft ein neues Gängelband, das der Ökonomie.
Dann las er noch einen kurzen Abschnitt vor, um zu zeigen, was Universitäten damals bedeuteten. Die Hochschulen stellten das Wahrheitsmonopol der Kirche in Frage und die Kirche spürte diese rasch wachsende Bedrohung.
In diesen historischen Umbruchsphasen könne man durch ein Vergrößerungsglas Themen sehen, die uns heute noch beschäftigen, wie z.B. auch das Urheberrecht und die Suche nach dem Glück.
Wir würden in einer wunderbaren Zeit leben, in der jeder Zugriff auf Wissen habe. Heute gehe uns eher aufgrund des Überangebots die Orientierung verloren.
Abschließend las Peter Prange noch eine Szene über den Karneval in jener Zeit, die Narrenfreiheit und wie drei Tage lang alles verdreht war.
Seine Faszination für das Thema und seine Figuren war deutlich spürbar und viel zu schnell war die Stunde vorbei, noch bevor Fragen gestellt werden konnten.
PS Titel korrigiert, "Die Rose der Welt".