Iris Grädler: Am Ende des Schmerzes
DuMont Buchverlag 2016. 400 Seiten
ISBN-13: 978-3832163365. 9,99€
Verlagstext
DI Collin Brown glaubt es an diesem heißen Sommertag lediglich mit einem außergewöhnlichen Unfall zu tun zu haben: Ein Laster ist in ein Nebengebäude des seit Jahren leer stehenden Gutshauses Woodland gekracht. Doch aus der Routineangelegenheit entwickelt sich schnell ein brisanter Mordfall – nach Bergung des Lasters wird das Skelett eines Säuglings in dem stark beschädigten Gebäude gefunden, mit zertrümmertem Schädel. - Während Frau und Kinder ohne ihn in den Urlaub fahren, begibt sich Collin Brown auf die Spur der Familie Hattonfield, die auf Woodland Pferdezucht betrieben hat. Kann er dem Dorfklatsch Glauben schenken, demzufolge die Mutter das uneheliche Kind aus einer Affäre eigenhändig tötete? Der Fall erweist sich als noch dramatischer, als ein weiteres Säuglingsskelett geborgen wird. Collin Brown ist sicher, dass der Schlüssel zur Aufklärung der Morde in der Vergangenheit der Hattonfields liegt. Doch die Wahrheit ist weitaus schrecklicher – und gefährlicher –, als der Detective geahnt hat …
Die Autorin
Iris Grädler wurde 1963 in Halle, Westfalen geboren. Sie veröffentlichte Gedichte und Kurzgeschichten und hat mehrere Anthologien herausgegeben. Bei DuMont erschien 2015 „Meer des Schweigens“. Iris Grädler lebt in Swakopmund, Namibia.
Inhalt
Die Dorfstraße nahe St. Magor in Cornwall war offiziell für den LKW-Verkehr gesperrt. Nachdem das Fahrzeug auf seinem verbotenen Weg in das alte Pförtnerhäuschen des Guts Woodland gekracht war, wird in dessen Fundament ein Säuglingsskelett gefunden. Das Baby ist vor mehreren Jahren gewaltsam ums Leben gekommen. Im Zuge der Ermittlungen wird ein weiterer toter Säugling gefunden. Der Fund der beiden Säuglingsskelette ist hier Auslöser einer Kette aktueller Ereignisse vor der Kulisse des ländlichen Cornwall. DI Brown stellt bei seinen Ermittlungen fest, dass das verlassene Gut schon länger zum Verkauf steht und der Besitzer im Ausland lebt. Der verunglückte LKW transportierte versteckt in einer Lieferung Futtermittel auch Kokain. DI Collin Brown verlässt sich bei seinen Ermittlungen darauf, dass die Hattonfields als ehemalige Besitzer eines landwirtschaftlichen Betriebs im Dorf gut bekannt sein müssen und der Fall der Säuglingsskelette u. a. durch DNA-Analysen zügig zu lösen sein wird.
Ein weiterer Handlungsstrang führt zu düsteren Familiengeheimnissen, von denen zunächst nur die Krimileser aus der Innensicht einiger Figuren erfahren. Die Schwestern Jill und Claire Hattonfield kämpfen mit dem finanziellen Überleben, der Pflege ihres schwerkranken Vaters und einem Mann, der Claire in sonderbarer Weise umwirbt. Die Schwestern pflegen den Vater gemeinsam, doch nur Claire, Vaters Prinzessin, wird nach dem Tod des alten Hattonfield erben. Die ehemalige Military-Reiterin Jill muss sich nach einem Unfall damit abfinden, dass sie nie wieder reiten wird und ihr einziges Kapital ihr wertvolles Military-Pferd ist.
Collin Brown als Mensch und Familienvater nimmt in der Krimihandlung breiten Raum ein. Als Vater einer Adoptivtochter und eines Zwillingspaares trifft ihn der Fall der toten Säuglinge tief. Die Browns leben in einem idyllischen Landstrich, in dem andere Menschen Urlaub machen. Collins Kollege Johnny dringt darauf, dass die Familie Brown mit ihm gemeinsam Urlaub auf einem Reiterhof macht. Johnnys Plan ist nicht uneigennützig; denn im geplanten Ferienort versieht vertretungsweise die gemeinsame Kollegin Sandra ihren Dienst. Obwohl Johnnys Urlaubspläne für Collin anders verlaufen als erwartet, erweist sich die Verbindung zu Sandra als ungemein nützlich für die Aufklärung des Falles.
Fazit
In für die als bodenständig beschriebenen Figuren etwas zu ausschweifender Sprache (und mit einigen unnötigen Fehlern im Text)) schildert Iris Grädler beunruhigende Vorfälle in der einst wohlhabenden Gutsbesitzer-Familie Hattonfield. Das düstere Familiengeheimnis nimmt dabei breiteren Raum ein als die Atmosphäre des Landstrichs, die Regionalkrimi-Leser hier evtl. erwarten.
Zitat
„Colin blieb stehen und blickte in die Ferne. Das Meer toste an die Granitwände unter ihm, kochte in erodierten Felskesseln wie schäumende Milch, sprühte Gischtfontänen, die sein Gesicht benetzten, breitete sich gleich polierter Jade mit grau-weißen Sprenkeln bis zur Horizontlinie aus, die Sonne ein schillernder Weg, dem er am liebsten gefolgt wäre, fort von dem Grauen, mit dem er sich beschäftigen musste und das ihn auch hier einholte. Schwarze, von Wasser und Wind rund geschliffene Steine voller Sonnenflecken ragten abgeschnittenen Köpfen gleich nahe am Strand aus dem Wasser. In vor Milliarden von Jahren erkalteten Lavazungen sah er jetzt nur Skelette. Algen schienen Hände von Ertrunkenen zu sein, die ihm verzweifelt zuwinkten.“ (S. 104)
knappe 7 von 10 Punkten