Der Ort, an dem die Reise endet - Yvonne Adhiambo Owuor

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    Der Ort, an dem die Reise endet



    Inhaltsangabe:


    Kenia, 2007. Odidi Oganda, ein hochtalentierter Student, wird in den
    Straßen Nairobis erschossen. Seine Schwester Ajany kehrt aus Brasilien
    zurück, um mit ihrem Vater seinen Leichnam nach Hause zu überführen.
    Doch die Heimkehr auf die verfallene Farm im Norden des Landes hält
    keinen Trost für sie bereit. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen, die
    der Mord heraufbeschworen hat und die die Familie im Griff halten: an
    die koloniale Gewaltherrschaft und die blutigen Auseinandersetzungen
    nach der Unabhängigkeit. Ajanys Mutter flieht von Wut und Trauer erfüllt
    in die Wildnis. Und ihr Vater muss sich einer brutalen Wahrheit
    stellen. Doch im Moment größter Verzweiflung entsteht auch etwas Neues:
    Eine Liebe – oder zumindest eine Verbindung – nimmt ihren Anfang.


    ›Der Ort, an dem die Reise endet‹ ist ein großer Roman über eine
    versehrte Familie und ein zerrissenes Land. Mit einer Sprache, die einem
    den Atem raubt, voller Kraft und Intensität, erzählt Yvonne Adhiambo
    Owuor eine Geschichte von universeller Dringlichkeit – eine Geschichte
    von Macht und Täuschung, von unerwiderter Liebe und dem unbeirrbaren
    Willen zum Überleben.


    'Dieser kraftvolle erste Roman wird Vergleiche mit William Boyd und
    sogar Graham Greene und Joseph Conrad evozieren … Eine wichtige
    Ergänzung der Literatur der afrikanischen Gegenwart.' BOOKLIST


    'Owuor beweist auf diesen Seiten außergewöhnliches Talent und eine
    beachtliche Bandbreite. Ihr Stil ist im Wechsel impressionistisch und
    rau, beschwörend und drängend. Ein bemerkenswerter Roman.' THE
    WASHINGTON POST


    Meine Meinung zur Schreibweise der Autorin:


    Beim Lesen dieses überwältigen Debüt Romans „Der Ort, an dem die Reise endet, der Kenianischen Autorin Yvonne Adhiambo Owour, hatte ich das Gefühl, dass ein neuer Autoren Stern am Afrikanischen Himmel aufzugehen scheint. Sie schreibt mit einer sehr großen gewaltigen, mutigen und Kraftvollen Sprache, über eine zerrissene Familie, ihr Land und dessen Vergangenheit.


    Über die Mau Mau Bewegung, Korruption, Erpressung, Mord, Schmerz, Trauer, Wut und Liebe. Eine Geschichte die einem beim Lesen sehr fordert, oft springt sie in ihren Sätzen zwischen Gegenwart und Vergangenheit, hin und her. Daher ist große Konzentration angesagt, eine Roman für Anspruchsvolle Leser. Stellenweise klingt er sehr poetisch, man spürt wie viel Herzblut sie in diese Geschichte über ihre Heimat Kenia einfließen ließ. Sie erlaubt uns tiefe Einblicke ins dunkle Herz von Afrika, ob Geisterbeschwörung, Aberglaube, Ängste und Träume alles ist Bildhaft beschrieben. Ihr Schreibstil ist Klar, flüssig und voller dunkler Geheimnisse, über Menschen auf der Suche nach der Wahrheit. Sie zeigt uns Afrikas wahres Gesicht. Sie hat ein sehr großes Porträt über ihr Land , dessen Bedrohung ,Kämpfe, Ängste und über die Menschen geschaffen. Das Leben in den Städten oder in den Dörfern des Landes, kommt sehr gut herüber.



    Meine Meinung zum Inhalt:


    Sehr einfühlsam erzählt sie von dem jungen Studenten Oddi Oganda denn man auf offener Straße, in Nairobi am helllichten Tag erschießt. Man spürt die Trauer und Wut,von Ajany seiner Schwester


    die von Brasilien aus anreiste, wo sie als Künstlerin lebt. Sie will Oddi nach Hause holen, in ihr Dorf wo sie geboren wurden. Auch diese Trauer der Eltern, ihre Mutter die aus Verzweiflung in die Wüste flieht. Wir versinken mit der Familie in ihre Träume, tauchen ab in deren Vergangenheit. Machen uns mit ihnen auf , auf die Suche nach der Wahrheit. Ebenso wie Oddis , englischen Freund Isaiah Bolton, der nach seinem Vater sucht und der Wahrheit über dessen verschwinden sucht. Wir durchstreifen nach der Suche, Nairobi, bekommen tiefe Einblicke in das Leben dieser Stadt, den Nachtclubs,der Prostitution, Korruption, Erpressung, Mord , und den Machenschaften der Polizei und Behörden. Wir lernen das Land und die Wüste beim durchwandern auf der Suche kennen, ebenso Geisterbeschwörung, Diebstahl, erleben, ihre Ängste, Träume und Hoffnungen...


    Und hoffen das wir am Ende der Reise mit ihnen wahre die Wahrheit und Hintergründe entdecken....




    „ Ein sehr gewaltiger und außergewöhnlicher und facettenreicher Roman „



    :lesend

  • Der Ort, an dem die Reise endet


    Yvonne Adhiambo Owuor


    512 Seiten , mit farbigem Vorsatz und Lesebändchen, DuMont
    Originalverlag: Alfred A. Knopf, New York 2014, Originaltitel: Dust
    ISBN 978-3-8321-9820-6
    Übersetzung: Simone Jakob


    Autorin (Verlagsangabe)
    Yvonne Adhiambo Owuor wurde 1968 in Kenia geboren. Ihre Kurzgeschichten erschienen in internationalen Literaturmagazinen. 2003 wurde sie mit dem Caine Prize for African Writing ausgezeichnet. ›Der Ort, an dem die Reise endet‹ ist ihr erster Roman, der 2015 auf der Shortlist für den Folio Prize stand und für den sie den Jomo Kenyatta Prize for Literature erhalten hat. Yvonne Adhiambo Owuor lebt in Nairobi.


    Inhalt und meine Meinung


    Ich möchte jedem, der sich mit der Geschichte Kenias nicht auskennt (so wie ich), empfehlen, sich eine Zusammenfassung der Entwicklung im 20. Jahrhundert anzuschauen. Es gibt zwar ein Glossar, das viele Einzelheiten, Namen und Ortsnamen erläutert. Für mich war es sehr viel informativer, den Wikipedia Eintrag zur Geschichte Kenias zu lesen, zumal die Auseinandersetzungen im Kampf um die Unabhängigkeit von Großbritannien und die weitere Entwicklung in diesem Buch eine große Rolle spielen.


    Moses Ebewesit Odidi Oganda wird 2007 in Nairobi erschossen. Seine Schwester Ajany kommt auf die Bitte ihres Vaters Nyipir nach Kenia zurück. Sie hatte das Land nach dem Schulabschluss verlassen und lebte zuletzt in Brasilien.
    Die beiden bringen den Leichnam Odidis auf die elterliche Farm im Norden Kenias. Ajanys Mutter Akai-Ma erträgt den Tod des Sohns nicht und flieht in die Wüste. Auf der Farm taucht der Engländer Isaiah William Bolton auf. Er wurde von Odidi eingeladen, hierherzukommen, um hier Hinweise auf seinen seit Jahrzehnten vermissten Vater Hugh Bolton zu finden.
    Verzweifelt über die Sprachlosigkeit des Vaters, kehrt Ajany nach Nairobi zurück, um die Spur des ermordeten Bruders aufzunehmen und herauszufinden, warum er sterben musste. Auch Isaiah landet schließlich auf der Suche nach Antworten in Nairobi. Nyipir dagegen muss feststellen, dass all seine Bemühungen, die blutige und grausame Vergangenheit durch Schweigen ungeschehen zu machen, gescheitert sind.


    In ständig wechselnden Perspektiven erzählt die Autorin ihren Roman und springt dabei auch ständig aus der Gegenwart in verschiedene Zeitebenen der Vergangenheit. Dabei ist diese Erzählung geprägt von den Gedanken, Erinnerungen und Gefühlen der Person, aus deren Sicht gerade erzählt wird. Eine große Rolle spielen auch Phantasien, Mythen, Glaube und Aberglaube der verschiedenen Völker Kenias und das ist so fesselnd, dass ich auch als vermeintlich rationale und westlich geprägte Leserin völlig von diesen Geschichten in den Bann gezogen war.
    Als besonders eindrucksvoll empfinde ich, wie sehr sich die Verwüstungen des Staates Kenia in den Figuren spiegelt, wie sehr sie alle an Körper und Seele versehrt und verwundet sind. Hinzu kommt die Sprache, die die überwältigende und uns so fremde Natur der kargen und weiten Wüstenregionen im nördlichen Kenia so eindringlich beschreibt, dass auch ich den Staub, die Hitze und die unwirkliche Schönheit der Landschaften vor mir sah.
    Dabei ist das Buch so spannend, dass ich es kaum aus der Hand legen mochte. Trotzdem lohnt es sich, sich Zeit zu lassen und jedem Satz seine volle Aufmerksamkeit zu schenken.
    Ein Buch, das mich sehr beeindruckt hat. Ich empfehle es allen, die Freude daran haben, sich auf eine Reise in unbekannte und exotische Gefilde zu begeben und dabei bei aller Fremdheit auf überraschend bekannte menschliche Reaktionen zu stoßen.


    9 Punkte bekommt dieses Buch von mir

  • Der Ort, an dem die Reise endet - Yvonne Adhiambo Owuor


    Verlag: Dumont
    2016


    Originaltitel: Dust


    Über die Autorin
    Die Autorin Yvonne Adhiambo Owuor wurde 1968 in Kenia geboren. Ihre Kurzgeschichten erschienen in internationalen Literaturmagazinen und wurden zum Teil verfilmt. „Der Ort, an dem die Reise endet“, ist ihr erster Roman, der 2015 bereits einige internationale Literaturpreise erhielt und nun in einer Übersetzung aus dem Englischen von Simone Jakob in Deutschland erscheint. Die Autorin lebt zurzeit in Brisbane, Australien. Nach eigenem Bekunden hatte sie nie bewusst beschlossen, Schriftstellerin zu werden. Der Wunsch danach war allerdings in ihren tiefsten Sehnsüchten nach ihrem früheren Heimatland Kenia begraben, sagte die Autorin in einem Interview.
    Die Geschichten aus ihrer alten Heimat, die sie noch von den Eltern und Großeltern gehört und zum Teil selbst erlebt hat, kamen ihr im fernen Australien wieder in den Sinn und flossen in den Roman. Owuor hofft darauf, dass trotz der widrigen Umstände ihr altes Heimatland Kenia die Kraft findet, die gegenwärtigen Krisen in neue Perspektiven umzuwandeln. Insofern sieht sie ihren Roman, der zum Ende viele idealistische Momente enthält, als ein Werk über eine Vorstellung, eine Idee eines afrikanischen Landes mit einer Zukunft.


    (Quelle: Uwe Dammann 20.03.2016, Weser-Kurier)


    Über die Übersetzerin:
    Simone Jakob übersetzt englische Literatur ins Deutsche, u. a. von Anne Tyler, David Nicholls, Karen Russell, Gregory Sherl und Shreyas Rajagopal.


    Mein Eindruck:
    Die kenianische Autorin Yvonne Adhiambo Owuor steht in einer Reihe von jungen Schriftstellerinnen, die frisches Blut in die afrikanischer Literatur bringen, wie Chimamanda Ngozi Adiche oder Taiye Selasi.
    Die Handlung ist in Kenia angesiedelt und zwar im Jahr 2007, als das Land auf Unruhen hinsteuerte. Die Autorin stellt auch einen Kontext zu 1969 her, als der Unabhängigkeitspolitiker Tom Mboya ermordet wurde.
    Der Roman ist aber kein Geschichtsbuch, diese Aspekte werden nur im Hintergrund eingebracht. Als Leser ahnt man beim Lesen manches nur als genau zu wissen. Diese Art des Erzählens, bei dem Geheimnisse lange zurückgehalten werden, erweist sich als sehr spannend.
    Überhaupt ist der Roman in erster Linie kein politischer sondern er zeigt die Figuren und ihre Beziehungen zueinander.


    Sprachlich empfand ich den Roman als sehr ansprechend, da viel Atmosphäre erzeugt wird. Er ist komplex und raffiniert konstruiert.

  • Die Autorin Yvonne Adhiambo Owuor hat mit diesem Debütroman „Der Ort; an dem die Reise endet“einen interessanten Roman.geschaffen.
    Der Anfang war für mich etwas verwirrend, aber es lohnt sich weiter zu lesen.
    Sie führt uns in die kenianische Kultur und Geschichte ein. Mich fasziniert es in diese einzutauchen.
    Die Sprache ist nicht immer einfach, aber realistisch.
    Die afrikanische Menthalität unterscheidet sich doch. Die Politik hat sie geprägt. Da ist es schon erschreckend wenn jeder seine Kalaschnikow besitzt
    Dieses ist ein Familienroman über zwei Generationen.
    Die Romanfiguren erleben viel Trauer und Schmerz.
    2007 wird Odidi Oganda wird in Nairobi erschossen.
    Sein Vater Nyipir und seine Schwester Ajani holen seinen Leichnam ab und wollen ihn auf der Farm beerdigen. Für Ajani war er nicht nur der große Bruder sondern auch ein Beschützer und Mutmacher.
    Die ganze Familie ist zerrissen vor Trauer. Ajani versucht die Hinteegründe des Mordes aufzudecken.
    Wir erfahren die Vergangenheit von vielen verschiedenen Personen.
    Nyipir Oganda hat noch in der Kolonialzeit gekämpft. Verwirrend waren die Namen der Personen, jeder hatte mindesten drei und sie wurden immer wieder mit einem von ihnen erwähnt.
    So kommt der Brite Isaiah Bolten nennt Odidi Moses. Er sucht nach seinem verschollen Vater, Odidi hatte Nachrichten für ihn, die er jetzt nicht mehr von ihm bekommt.
    Erschreckend ist die Korruption der Polizeibeamten, die immer auf ihren Vorteil bedacht sind
    Das hat wohl auch politische Gründe.


    Mir gefallen Romane aus fernen Ländern, die nicht romantisieren sondern das Leben so geschildert wird, wie es die Wirklichkeit ist.
    Das ist bei diesem der Fall. Ich habe ihn mit Begeisterung gelesen.

  • Klappentext, teils korrigiert
    Kenia, 2007. Odidi Oganda, ein [ehemaliger, Anm. d. Verf.]hochtalentierter Student, wird in den Straßen Nairobis erschossen. Seine Schwester Ajany kehrt aus Brasilien zurück, um mit ihrem Vater seinen Leichnam nach Hause zu überführen. Doch die Heimkehr auf die verfallene Farm im Norden des Landes hält keinen Trost für sie bereit. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen, die der Mord heraufbeschworen hat und die die Familie im Griff halten: an die koloniale Gewaltherrschaft und die blutigen Auseinandersetzungen nach der Unabhängigkeit. Ajanys Mutter flieht von Wut und Trauer erfüllt in die Wildnis. Und ihr Vater muss sich einer brutalen Wahrheit stellen. Doch im Moment größter Verzweiflung entsteht auch etwas Neues: Eine Liebe – oder zumindest eine Verbindung – nimmt ihren Anfang.


    Meine Meinung: Sprachgewaltig und überrollend, teils fast überfordernd


    „Ein kurzes Ratata.
    Odidis anderes Knie gibt nach.
    Er bricht zusammen.
    Atmet gurgelnd aus.
    Es heißt.
    Dass, wenn ein Mensch stirbt, er sein gesamtes Leben in einer raumlosen Zeit, einem zeitlosen Raum an sich vorbeiziehen sieht und alles erneut durchleben kann, was er je gefühlt hat, nur in rasender Geschwindigkeit und in eine sonnengleiches Licht getaucht.“ (S. 16)


    Die mir vorher völlig unbekannte Yvonne Adhiambo Owuor, die bisher „nur“ Kurzgeschichten veröffentlich hatte, empfinde ich sprachlich wirklich geradezu als genial, in ihrem Debütroman finde ich einen Gebrauch von Sätzen und selbst Zeilenumbrüchen, wie ich es vorher so noch nie gelesen habe, sie kann tatsächlich sogar Zeit so darstellen!


    Der Roman ist ein Parforceritt durch die Geschichte Kenias, aber auch der britischen Kolonialherren dort – ich benötigte zwischendurch Rückgriff auf die Wikipedia-Artikel zu Kenia und zur Geschichte Kenias (besonders Volksgruppen, Korruptions-Skandale, die Zeit ab dem Zweiten Weltkrieg – erschreckend, wie wenig ich wusste).


    Moses Ebewesit Odidi „Didi“ Oganda wird zu Beginn der Erzählung verfolgt und dann erschossen – seine Schwester Arabel Ajany „Jany“ Oganda kehrt (nicht nur) deshalb aus Brasilien zurück in ihre Heimat Kenia, zu den Eltern Aggrey Nyipir Oganda (Baba) und Akai Lokorijom „Akai-ma“. Keine, wirklich keine der vielen weiteren Personen im Buch ist nur bloße Randfigur, die meisten haben letztendlich mehrere Rollen, oft mehrere Namen.


    Owuor schafft es, die Geschichte Kenias anhand ihrer Personen aufzuspannen, und dabei noch voller Sprachzauber die jeweilige Atmosphäre zu vermitteln: sie berichtet über die Zeit des kenianischen Freiheitskampfes gegen die britischen Kolonialherren, mit Verhaftungen, Folter, Massenhinrichtungen, und kooperierender „Tribal Police“ aus Kenianern. Sie erzählt über die Beteiligung afrikanischer Soldaten (King’s African Rifles) in den Kriegen der Briten, über alte Seilschaften aus alten Zeiten. Sie vermittelt den Enthusiasmus der Unabhängigkeit, die Hoffnung aus den Bildungsinitiativen des Mboya-Kennedy-Airlifts – und die Ernüchterung durch Korruption, Uneinigkeit der verschiedenen Volksgruppen und wirtschaftliche Probleme.
    „Mboya? Argwings? J.M.? Pio? Ouko? Ward? Goldenberg? Anglo-Leasing? Dieser Artur-Abschaum?“ (S. 355) – das sind die Probleme. Die Lösung? „Meine Amnesie, deine Amnestie – oder umgekehrt.“ (S. 358), üblicherweise mit Gegenleistung. So wurden „Kenias offizielle Sprachen: Englisch, Swahili und Schweigen.“ (S. 372), so hüten alle Protagonisten ihre Geheimnisse, verharren in dem Schmerz über das, worüber sie nicht reden.


    Das alles ist nicht eine Sekunde langweilige trockene Geschichte, sondern mitreißend dargebracht. Ich wusste nie, ob ich gerade näher an der Hoffnung der Protagonisten war, die trotz allem immer weitermachten, oder an ihrer Hoffnungslosigkeit – es war teilweise einfach „sehr viel“ von diesem mir sehr fremden Land. Die Handlungen sind oft so weit außerhalb meiner Welt, dass ich sie häufiger nicht nachvollziehen kann. Dann wiederum folgen Szenen von Zartheit, Liebe, Verzweiflung, Loyalität, die universell sind. Täter wird Opfer wird Täter. Die Handlung springt sehr stark, zwischen mehreren Personen, die dazu noch an verschiedenen Orten beschrieben werden, und mit häufigen zeitlichen Rückgriffen, darüber hinaus werden häufig muttersprachliche Begriffe, Namen, Sätze, Textfetzen eingestreut, zwar jeweils übersetzt, aber doch als „Stolperstellen“ für das deutsche Lesen. Personen tauchen viele Seiten später wieder auf, Andeutungen werden klar, Handlungsstränge werden meisterhaft verwoben und weit verstreut weitergeführt. Nein, kein einfaches Buch – kein einfaches Thema. Ein Buch, bei dem es sich lohnt, dabei zu bleiben, auch wenn das zu Anfang des letzten Drittels schon anstrengend war, bis zur Erkenntnis: Auch der Tod, auch ein Ende kann ein Anfang sein.