Hanser Verlag, 2015
Fester Einband
168 Seiten
Kurzbeschreibung:
Wer einmal die farbigen Mosaik-Bilder in Ravenna gesehen hat, etwa die im leuchtend Grün stehenden Porträts in der Basilika San Vitale oder das tiefblaue Himmelsgewölbe mit weiß-goldenen Sternen im Mausoleum der Galla Placida, der kann ins Schwärmen geraten. Die erstaunlich weltliche Bilderwelt dieser frühchristlichen Zeit hat den Dichter Raoul Schrott zu einem lyrisch-epischen Gedankenspiel angeregt, dass mit einer interessanten Annahme spielt: Was wäre, wenn es damals nicht nur die Bibel, sondern ein moralisch-philosophisches Traktat gegeben hätte, das auf die Idee Gottes verzichtete. "Die Kunst an nichts zu glauben", so heißt der Band von Raoul Schrott, der im Hanser Verlag erschienen ist
Über den Autor:
Raoul Schrott, geboren 1964, erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Peter-Huchel- und den Joseph-Breitbach-Preis. Bei Hanser erschienen zuletzt Homers Heimat (2008) und seine Übertagung der Ilias (2008), Gehirn und Gedicht (2011, gemeinsam mit dem Hirnforscher Arthur Jacobs), die Erzählung Das schweigende Kind (2012) sowie die Übersetzung von Hesiods Theogonie (2014).
Mein Eindruck:
Raoul Schrott habe ich schon bei Lesungen gesehen und auch schon ein paar Sachen von ihm gelesen. Ich halte ihn für einen anspruchsvollen, interessanten Autor, der auch immer wieder kulturwissenschaftliche Themen in seine Bücher bringt. Die Kunst an nichts zu glauben habe ich spontan gekauft und das Vorwort gelesen, in dem Schrott davon berichtet, wie er in Italien ein unbekanntes Manuskript von 1700 entdeckt, dass sich mit atheistischen Themen beschäftigt. Eine Bibel der Weltlichkeit Raoul Schrott übersetzte Teile des Manuels und stellt diesen Abschnitten thematisch eigene Gedichte gegenüber.
Ein faszinierendes Thema, aber …
Zu diesem Zeitpunkt fällt mir ein, dass das Buch unter den Kritikern sehr polarisiert hat, denn der Autor hat dieses geheime Manuel erfunden. Es ist fiktiv, obwohl sicherlich auf einiges basierend, dass Schrott in alten Schriften gelesen hatte.
Nicht jeder Kritiker mag es, an der Nase herumgeführt zu werden, daher kam es sogar zu scharfer Kritik an Raoul Schrotts Lyrik, die aber doch offensichtlich überaus bemerkenswert ist.
Ich finde diesen literarischen Kniff witzig und originell und erkenne deutlich, dass das Schrott geholfen hat, sein Buch zu gestalten.
Die Gedichte Schrotts sind oft Portraits von Berufen. Er betrachtet die manchmal auch nicht so bekannten Seiten von Berufsbildern, wie Museumswächter, Taucher, Fotograf, Forstarbeiter, Ärztin, Ornithologen, Primatologin, Maler, Kassiererin etc.
Einmal geht es auch um einen Flüchtling.
Schrotts Lyrik fordert dem Leser etwas ab, ein schnelles Lesen ist da nicht möglich. Ich habe noch viel vom Buch vor mir, was mich freut.
Wirklich ein Buch, dass das Lesen lohnt und mehr bietet als nur Durchschnitt!