Gedichte von Christine Lavant
Kurzbeschreibung
Dieses Buch dokumentiert die Chronologie der Christine Lavant (1915–1973), die bis zu ihrem Tod weder Ruhe noch Frieden gefunden hat und die in ihrer Existenz durch sich selbst gepeinigt und in ihrem christlich-katholischen Glauben zerstört und verraten war; es ist das elementare Zeugnis eines von allen guten Geistern mißbrauchten Menschen als große Dichtung, die in der Welt noch nicht so, wie sie es verdient, bekannt ist. Diese Auswahl folgt nur meinem Verstand, keinem andern.
Thomas Bernhard
Zur Autorin:
Christine Lavant, geboren 1915 in St. Stefan im Lavanttal, Kärnten, lebte mit Ausnahme von zwei Jahren im Geburtsort. Sie schrieb Lyrik und Prosa und erhielt zahlreiche Preise. 1954 und 1964 den Georg-Trakl-Preis für Lyrik und 1970 den Großen Staatspreis für Literatur. Die Autorin verstarb 1973.
Meiner Meinung nach hat Christine Lavant die schönsten und zugleich traurigsten Gedichte geschrieben. Sie fast Einsammkeit wunderschön in Worte.
Um euch aber einen richtigen Eindruck geben zu können, möchte ich eines ihrer Gedichte (nicht in diesem Buch enthalten) vorstellen.
Die Nacht geht fremd an mir vorbei
in Mondlicht und in Finsternis,
der Wind, der mich vom Aste riß,
ließ mich verdrossen wieder frei
und gab mir keinen Namen.
Ein Stein mit Feuersamen
erzählt mir viel von einem Stern
und daß er selbst den großen Herrn
in seinem Innern hätte.
Da steh ich auf und glätte
ehrfürchtig jeden Bug an mir
und bitt‘ den Stein: Laß mich bei dir
ein wenig wärmer werden!
Er aber sagt: Wärm dich allein!
und brennt verzückt in sich hinein
und ist nicht mehr auf Erden.
So geht es mir mit jedem Ding,
es mag mich niemand haben,
und selbst der Baum, an dem ich hing,
trägt lieber Kräh‘ und Raben.
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