Tom Hillenbrand: Der Kaffeedieb

  • Tom Hillenbrand: Der Kaffeedieb
    Kiepenheuer&Witsch 2016. 480 Seiten
    ISBN-13: 978-3462048513. 19,99€


    Verlagstext
    Am Ende des 17. Jahrhunderts verfällt Europa dem Kaffee. Philosophen in London, Gewürzhändler in Amsterdam und Dichter in Paris: Sie alle treffen sich in Kaffeehäusern und konsumieren das Getränk der Aufklärung. Aber Kaffee ist teuer. Und wer ihn aus dem jemenitischen Mocha herausschmuggeln will, wird mit dem Tod bestraft. Der Mann, der es trotzdem wagt, ist der junge Obediah Chalon, Spekulant, Händler und Filou. Er hätte allen Grund sich umzubringen, nachdem er an der Londoner Börse Schiffbruch erlitten hat. Nur ein großes Geschäft, ein ganz großes, könnte ihn vor dem Ruin bewahren. Und so geht er aufs Ganze: Mit finanzieller Unterstützung der Vereinigten Ostindischen Compagnie stellt er eine Truppe internationaler Spezialisten zusammen, um den Türken den Kaffee zu klauen. Die spektakuläre Reise scheint zunächst zu gelingen, doch dann sind immer mehr Mächte hinter ihnen her …


    Der Autor
    Tom Hillenbrand, geboren 1972, studierte Europapolitik, volontierte an der Holtzbrinck-Journalistenschule und war Ressortleiter bei Spiegel online. Seine Sachbücher und Romane – darunter die kulinarischen Krimis mit dem Luxemburger Koch Xavier Kieffer als Ermittler – haben sich bereits hunderttausende Male verkauft, sind in mehrere Sprachen übersetzt und standen auf der Spiegel-Bestseller- sowie der Zeit-Bestenliste. Für seinen Roman "Drohnenland" wurde er u.a. mit dem Glauser-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres ausgezeichnet.


    Inhalt
    Obediah Chabon wäre vermutlich elend im Zuchthaus von Amsterdam verhungert, wenn sein Auftraggeber nicht ein Schlitzohr wie ihn für ein aberwitziges Projekt gesucht hätte. Der Londoner, der im 17. Jahrhundert wegen Betrug und Fälscherei im Kerker gelandet war, hatte im Milieu Londoner Kaffeehäuser gelernt, buchstäblich das Gras wachsen zu hören. Wer zu Zeiten berittener Boten oder wochenlanger Schiffsreisen zuerst von Warenpreisen, Schiffsmeldungen oder drohenden politischen Konflikten erfuhr, konnte hohe Erträge erzielen. Einem so vielseitig interessierten Ganoven wie Obediah hätte man vermutlich sogar zugetraut, dass er selbst Gold herstellen kann. Nun soll er im Auftrag eines Mittelsmanns der Ostindien-Kompanie den Diebstahl einiger sorgfältig bewachter Kaffeesträucher organisieren, um das Kaffee-Monopol der Türken zu brechen. Bisher war jeder Versuch europäischer Händler fehlgeschlagen, selbst Kaffeesträucher anzubauen, etwa indem sie Setzlinge aus exportierten Kaffeebohnen zogen. Mit dem Plan, Pflanzen aus einem fernen Land auf dem Kamelrücken und auf dem Seeweg nach Europa zu transportieren, von deren Anbau in Europa kaum jemand etwas versteht, hat Obediah sich auf ein gefährliches Abenteuer eingelassen.


    Superhirn Obediah interessiert sich für die sonderbarsten Wissensgebiete und scheint skrupellos genug zu sein für Ausrüstung und Durchführung des Kaffee-Raubzugs. Kenntnisse in Seefahrt, Botanik, Handel, Feinmechanik, Verschlüsselungstechniken, Fremdsprachen, Benimm in fremden Kulturen sind für das Projekt gefordert, ganz zu schweigen von der Landeskunde der zu durchquerenden Staaten. Mit seinem vielfältigen Netzwerk von Spezialisten war Obediah offenbar damals bereits ein Pionier des Netzwerkens. Auch wenn er seine Briefe aufwendig verschlüsselt, kann er nicht verhindern, dass seine Aktivitäten genau beobachtet und sein Schriftverkehr ausspioniert werden. Obediahs verdächtiges Treiben lässt seinen Verfolger eine raffinierte Verschwörung vermuten. Die Agenten- Berichte bieten in Form eingeschobener Briefe zusätzlich zum auktorialen Erzähler eine zweite Perspektive. Während dem Agenten als Basis seiner Verschwörungstheorien wie durch ein Fernglas gesehen nur Ausschnitte des Geschehens zugänglich sind, befinden sich Hillenbrands Leser dem Mann stets einige Schritte voraus. Die Zeit der Handlung lässt sich um das historisches Ereignis des Erdbebens von Smyrna am 7.11.1688 herum datieren.


    Der Einblick in eine Vielfalt von Berufen, Fertigkeiten und Kulturen macht für mich den Reiz historischer Romane aus. Hillenbrands Held und sein gewagtes Projekt liefern mir diese farbenprächtige Vielfalt ferner Länder und vergangener Zeiten. Was genau Obediah organisiert und wie es sich anfühlt, im Gewand eines Gentleman-Gauners zu stecken, das wird für meinen Geschmack hier nicht tiefgehend genug dargestellt. Eine schillernde Gestalt wie Obediah Chabon weiß offenbar selbst nicht so genau, was seine Persönlichkeit ausmacht. Obwohl ich mich gut unterhalten fühlte, blieben für mich zu viele Fragen zu den Figuren offen und die eher flachen Nebenfiguren konnten mich wenig begeistern. Empfehlenswert finde ich Hillenbrands historischen Abenteuerschmöker für unerschrockene, geduldige Leser, die weniger Wert auf die Entwicklung der Personen legen.


    7 von 10 Punkten

  • Ende des 17. Jahrhunderts: In Europa wird Kaffeetrinken immer beliebter, aber leider liegt das Handelsmonopol bei den Osmanen. Die Vereinigte Ostindische Compagnie (VOC) will das nicht länger dulden und beauftragt Obediah Chalon damit, Kaffeesträucher direkt im Anbaugebiet zu stehlen. Klar ist, diese sind gut gesichert, Obediah benötigt also ein Team mit möglichst vielfältigen Fähigkeiten und einen guten Plan.


    Der Roman erfordert konzentriertes Lesen, denn er ist nicht ganz einfach zu lesen, wozu vor allem Begriffe beitragen, die dem Roman zwar Authentizität verleihen, die aber heutzutage nicht mehr verwendet werden. Dazu später noch etwas mehr. Der Roman ist aber auch recht komplex, denn Tom Hillenbrand erzählt seine Geschichte nicht immer linear, machmal werden kleine Umwege dazwischen geschoben, man erfährt z. B. etwas über die Saturnmonde, über Theorien der damaligen Zeit Leben auf anderen Sternen betreffend, über die Mühlensprache oder das binäre System. Auch das trägt zur Authentizität bei, lockert das Geschehen auf und bietet zusätzliche, immer interessante Informationen. Insgesamt zieht sich das Geschehen über mehrere Jahre, was mich zunächst erstaunt hat, was aber bei der großen Aufgabe einleuchtet.


    Die Charaktere gefallen mir allesamt wirklich gut, besonders Obediah, adeliger Abstammung, Spekulant, Fälscher, Naturphilosoph mit vielfältigen Interessen und Ideen. Er stellt sich eine illustere Mannschaft zusammen, jedes Mitglied für sich hat einen interessanten Hintergrund, und auch die Gegenspieler gefallen mir gut, jeder einzelne Charakter trägt zum Lesegenuss bei, auch wenn die meisten nicht sehr tiefgründig gezeichnet sind (das wäre im Rahmen dieses Romans auch zu viel), sind sie alle bemerkenswerte Typen.


    Sehr gut gefällt mir die Erzählweise, der Autor führt die Geschichte immer wieder durch Briefe fort, einmal wird die Handlung als eine Art Märchen erzählt, was ich ausgesprochen gelungen finde und gut in die Handlung passend. Gerade das „Märchen“ hat mich sehr überrascht und dann zum Schmunzeln gebracht. Chapeau! Übrigens sollte man nicht erwarten, hier nur etwas über den Diebstahl an sich zu lesen, viele Seiten sind der Vorbereitung gewidmet und der ein oder andere Leser könnte tatsächlich etwas ungeduldig werden. Dennoch lohnt sich jede einzelne Seite des Romans, denn er ist ausreichend spannend, oft überraschend und gleichzeitig anregend und lehrreich.


    „Der Kaffeedieb“ ist ein historischer Roman ganz nach meinem Geschmack, sehr gut recherchiert, mit einer spannenden Geschichte und interessanten Charakteren sowie vielen Zeit- und Hintergrundinformationen, auch Extras sind vorhanden, neben zwei farbigen Karten gibt es ein Glossar und ein Personenverzeichnis. Leider ist das Glossar nicht ganz ausreichend, gerade weil so viele Begriffe im Roman verwendet werden, die man heute in der Regel nicht mehr kennt, schaut man doch recht oft dort hinein und wird nicht immer fündig (bei mir waren es z. B. „antichambrieren“ und „Wolfspfirsich“), natürlich kann man die auch googeln, aber wenn schon ein Glossar, dann bitte auch vollständig. Dafür finden sich einige Begriffe darin, die auch durch den Text des Romans ausreichend erklärt werden (z. B. „Justaucorps“), die man sich im Glossar hätte sparen können, falls es eine Frage des Umfangs war. Weiterhin hätte ich mir ein Nachwort des Autors gewünscht, in dem er ein bisschen über Fakten und Fiktion referiert oder auch darüber, wie er recherchiert hat.


    Natürlich kann ich den Roman uneingeschränkt empfehlen, wer gerne Romane liest, in denen die historischen Hintergründe eine ebenso große Rolle spielen wie eine gute Geschichte und interessante Charaktere, sollte unbedingt zugreifen.

  • Ein historischer Roman, der über die Abenteuer des Obediah Chalon berichtet, der sich auf den Raubzug von Kaffee begibt. Kaffee ist um 1683 gerade in Mode gekommen und die Osmanen haben ein Monopol darauf. Auch ist es bis dato unmöglich den Kaffee wegen des Klimas in nordischen Ländern anzubauen. Obediah der Fälscher und Betrüger flieht vor einer Gefängnisstrafe von London in die Niederlande. Doch auch hier landet er im Zuchthaus, da er sich an der Börse durch den Kauf von Nelken die er mit ungedeckten Wechseln gekauft hat verspekuliert hat. Durch seine Notlage und um aus dem Gefängnis zu kommen, läßt er sich von der Ostindien-Kompanie anwerben, um mit ein paar anderen Abendteuern die Kaffepfanzen den Osmanen abzujagen. Ein nicht einfaches Unternehmen, da auch andere Machenschaften an Obediahs Plan Interesse haben und ihn verfolgen. Er gerät in einen Sog voller Schwierigkeiten um an die ersehnten Kaffeeplanzen zu kommen.
    Der Schreibstil was etwas gewöhnungsbedürftig und zu ausschweifend. Stellenweise wurde die Handlung dardurch auch sehr langatmig.
    Trotzdem eine interessante Geschichte um den Kaffee dem jedoch Spannung fehlte und der eigentliche Diebstahl zu kurz abgefasst wurde.
    Das Cover eine historische Hafenszene passt 100% in das Zeitalter dieser Story.

  • Über das Buch:
    Wir schreiben das Jahr 1683. Europa befindet sich im Griff einer neuen Droge. Ihr Name ist Kahve. Sie ist immens begehrt – und teuer, denn die Osmanen haben das Monopol da-rauf. Und sie wachen streng darüber. Aber ein junger Engländer hat einen waghalsigen Plan: Er will den Türken die Kaffeebohnen abluchsen …Lange haben die Europäer das Heidengebräu verschmäht und lieber Bier getrunken, aber am Ende des 17. Jahrhunderts verfällt Europa dem Kaffee. Philosophen in London, Gewürzhändler in Amsterdam und Dichter in Paris: Sie alle treffen sich in Kaffeehäusern und konsumieren das Getränk der Aufklärung. Aber Kaffee ist teuer. Und wer ihn aus dem jemenitischen Mokka herausschmuggeln will, wird mit dem Tod bestraft. Der Mann, der es trotzdem wagen will, ist der junge Obediah Chalon, Spekulant, Händler und Filou. Er hätte allen Grund sich umzubringen, nachdem er an der Londoner Börse Schiffbruch erlitten hat. Nur ein großes Geschäft, ein ganz großes, könnte ihn vor dem Ruin bewahren. Und so geht er aufs Ganze: Mit finanzieller Unterstützung der Vereinigten Ostindischen Compagnie stellt er eine Truppe internationaler Spezialisten zusammen, um den Türken den Kaffee zu klauen. Die spektakuläre Reise scheint zunächst zu gelingen, doch dann sind immer mehr Mächte hinter ihnen her … (Quelle: http://www.kiwi-verlag.de)


    Über den Autor:
    Tom Hillenbrand, geboren 1972, studierte Europapolitik, volontierte an der Holtzbrinck-Journalistenschule und war Redakteur bei SPIEGEL ONLINE. Seine Sachbücher und Romane – darunter die kulinarischen Krimis mit dem Luxemburger Koch Xavier Kieffer als Ermittler – haben sich bereits Hunderttausende Male verkauft, sind in mehrere Sprachen übersetzt und standen auf der SPIEGEL-Bestseller- sowie der Zeit-Bestenliste. Für seinen Roman »Drohnenland« wurde er u.a. mit dem Friedrich-Glauser-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres ausgezeichnet. (Quelle: http://www.kiwi-verlag.de)


    Meine Meinung:
    Das Cover ist eine absolute Wucht, es erinnert sofort an die alten niederländischen Meister und fängt das Flair der Zeit wunderbar ein. Der Klappentext bietet eine gute und knappe Zusammenfassung des Inhalts, sodass man als Leser Lust auf mehr bekommt. Chalon und sein Team von Dieben ist eine Truppe, die man sofort, jeder auf seine Art und Weise, ins Herz schließt. Jeder hat spezielle Fähigkeiten die für den heiklen Auftrag den sie ausführen sollen, von Nutzen sein werden.
    Als Leser braucht man eine gewisse Portion Geduld und analytische Begabung, um bei der Fülle an handelnden Personen auf diesen 460 Seiten die Orientierung zu behalten. Die Verwicklungen von Adel und Handel, sowie deren agieren über die Landesgrenzen hinweg, entwickelt sich nicht nur zu einem spannenden historischen Roman, nein es wird ein Abenteuerroman daraus, sodass man das Buch innerhalb kürzester Zeit liest. Der Roman wird zeitlich stringent aus mehreren Perspektiven erzählt und durch die vielen erzählenden Personen nimmt der Roman immer mehr an Fahrt auf. Auch die Briefe, die Teile der Geschichte erzählen, tragen dazu bei, dass der Roman eine eigene Dynamik entwickelt. Insgesamt ist der Roman in sechs Teile unterteilt. Die Handlung ist komplex, aber logisch nachvollziehbar, sodass die Taten der Protagonisten stets verständlich sind. Das Spionagenetz, welches innerhalb dieses Romans thematisiert wird, ist außerordentlich beachtlich und es macht sehr viel Spaß als Leser den Spionen über die Schulter zu schauen.
    Tom Hillenbrand verwendet eine Sprache die den Leser dazu auffordert aufmerksam zu sein, viele französische, lateinische Ausdrücke und Redewendungen fließen in seinen Roman ein. Auch das passende Fachvokabular hat sich der Autor für seinen Roman angeeignet, sodass das Glossar im Anhang unabdingbar ist. Aber auch die Karte, der Anhang sowie eine Auflistung aller „Dramatis Personae“ runden den positiven Eindruck von diesem Buch ab.
    Diesen Roman kann ich nur allen empfehlen, die gerne anspruchsvollere historische Romane lesen. Als Leser sollte man allerdings bereit sein, sich auf die wirtschaftlichen und adeligen Verstrickungen einzulassen.
    Ein historischer Roman, der zugleich ein Wirtschaftskrimi ist und von seinen Leser volle Aufmerksamkeit fordert. Eine klare Leseempfehlung!
    Ich bedanke mich beim Verlag Kiepenheuer & Witsch für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


    8/10 P.