Feine Leute - Joan Weng

  • Joan Weng: Feine Leute
    Aufbau Taschenbuch 2016. 336 Seiten
    ISBN-13: 978-3746631752. 9,99€


    Verlagstext
    Berlin im Sommer 1925: Dass Bernice ihren schwerreichen Gatten von ihrem Liebhaber hat umbringen lassen, ist eine Tatsache – zumindest für die feine Gesellschaft. Kriminalkommissar Paul Genzer ist davon jedoch nicht überzeugt, insbesondere nachdem die Witwe plötzlich an einer Überdosis Morphium gestorben ist. Während der Tod der Witwe neue Fragen aufwirft, folgen weitere Bluttaten, und so ist der proletarische Kommissar bald froh, bei seinen Ermittlungen durch den hochadligen Filmstar Carl von Bäumer ungewöhnliche Unterstützung zu bekommen. Der Leinwanddetektiv mit der Leidenschaft für Kokain kennt sich zwar bestens aus in der Welt der Reichen und Schönen, er verfolgt jedoch ganz eigene Motive.


    Die Autorin
    Joan Weng, geboren 1984 in Stuttgart, studierte Germanistik und Geschichte und promoviert aktuell über das Frauenbild in der Literatur der Weimarer Republik. Für ihre Kurzprosa wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Hattinger Literaturförderpreis, dem Wiener Werkstattpreis, dem Goldstaubpreis der Autorinnen Vereinigung e. V. sowie zahlreichen Stipendien. Seit 2013 leitet sie die Redaktion von www.zweiundvierziger.de, dem Blog der 42er Autoren. Sie lebt mit ihrer Familie bei Tübingen. „Feine Leute“ ist ihr erster Roman.


    Inhalt
    1918 kehrte Paul Genzer aus dem Ersten Weltkrieg zurück und bewarb sich wie viele seiner Kriegskameraden bei der Berliner Polizei. Genzer ist homosexuell und überzeugt davon, dass er seine sexuelle Orientierung derzeit im Griff hat. Vor rund 100 Jahren war Homosexualität noch strafbar und in seiner Position als Kriminalkommissar befand sich Genzer auf einer gefährlichen Gratwanderung. 1925 ermittelt Genzer im Todesfall des wohlhabenden Gottlieb Straumann, der tot in einem Berliner Hotelzimmer aufgefunden wurde. Details der Tat lassen an eine Inszenierung denken, um den Mord einer bestimmten Person in die Schuhe zu schieben. Kompliziert wird die Angelegenheit, als auch Bernice Straumann, die Ehefrau des Toten, ums Leben kommt. Familiäre und erotische Verbindungen - nicht nur der beiden Toten - bieten Lesern des Krimis reichlich Material zum Miträtseln. Die Figur des Carl von Bäumer, Filmschauspieler und Werbe-Ikone, verbindet die Handlung mit der glamourösen Welt der Filmschaffenden.


    Joan Weng erzählt ihren verwickelten Fall mit süddeutschem Zungenschlag in lässiger, moderner Umgangssprache, die sich in die Sitten zu Paul Genzers Zeit nicht besonders glücklich einfügt. Neben der regional gefärbten Erzählstimme treten im Buch gleich mehrere Zuwanderer aus dem Südwesten auf, waschechte Berliner dagegen sind rar. Denkbar ist dieses Zusammentreffen Auswärtiger; denn zur Zeit der Handlung wanderten viele Menschen auf Arbeitssuche aus Süddeutschland ab. Falls sich die Autorin ihrer Mundartprägung bewusst sein sollte, hätte ich mir zur Hauptfigur Paul Genzer dennoch eine plausible Erklärung gewünscht, was ihn nach dem Krieg gerade nach Berlin verschlagen hat. Warum selbst der Berliner Hehler „Stielauge Kunze“ ein Zugezogener aus dem Südwesten sein muss, leuchtet mir dagegen nicht ein.


    Fazit
    Volker Kutscher, Susanne Goga, Simon Jaspersen - die 1920er und 30er Jahre in Berlin boomen offenbar als Setting für Kriminalromane. An Simon Jaspersens historischem Krimi Bevor die Nacht kommt hatte ich die für die Zeit der Handlung sehr moderne und zu wenig regionaltypische Sprache kritisiert. „Feine Leute“ wirkt in der Recherche und sprachlich schwächer als Jaspersens Krimi. Entbehrliche Adjektive (plus deren Steigerungen!) und Mundartausdrücke Zugezogener wuchern. Die Wortwahl von Erzählerstimme und Figuren wirkt auf mich weder für den Handlungsort noch für die Epoche treffend. Die Berliner Eigenheit knapp und schlagfertig auf den Punkt zu kommen, kann Joan Weng mir hier nicht vermitteln. Da im Vergleich Simon Jaspersen die Örtlichkeiten und die politischen Hintergründe seines anspruchsvollen Plots sehr ausführlich recherchierte und ich dafür 7 Punkte vergeben habe, bleiben aufgrund der für mich nicht überzeugenden Konzentration von Auswärtigen in Joan Wengs Berliner Szenario leider nur:


    5 von 10 Punkte


    [edit: Fehler]

  • Ich habe das Buch kurz nach Erscheinen schon gelesen. Ich gehöre eigentlich nicht zur typischen Zielgruppe, denn ich lese eher selten Krimis und historische Krimis auch nicht besonders gern.
    Mich haben aber (vor allem) der Titel, das Cover und die Zeit der Handllung angesprochen. Zusätzlich dazu bin ich natürlich neugierig gewesen, was mich an unserer geplanten Lesung im Unperfekthaus in Essen erwarten würde.
    Gelesen hatte ich von Joan Weng vorher noch nichts. Das wird aber nicht so bleiben, denn bekommen habe ich hier zum Glück keinen historischen Kriminalroman, sondern einen klassischen Krimi, der mich persönlich ein wenig an Dorothy L. Sayers o. ä. Werke anderer Autoren dieses Genre erinnert hat.


    Mich hat Joan Wengs literarische Sprache sofort in ihren Bann gezogen. Gerade die Dialoge fand ich sehr bildhaft. Ich habe mich teilweise köstlich amüsiert und hatte neben den Worten auch immer sofort Mimik und Gestik vor Augen. Carl von Bäumer und Paul Genzer habe ich beide sofort ins Herz geschlossen. Den einen wegen seiner jugendlichen und standesabhängigen Leichtigkeit und den anderen wegen seiner geerdeten Persönlichkeit. Ich fand sie beide und auch ihre schwierige Beziehung sehr glaubhaft. Dieses Buch könnte ein guter Auftakt für eine Serie sein. Ich würde auf jeden Fall einen weiteres Buch über die beiden lesen wollen. :-]


    Der Kriminalfall an sich war spannend, verzwickt, teilweise etwas verwirrend und ich wusste bis zum Ende nicht, wer der Täter/die Täterin war.
    Das Berliner Millieu der "feinen Leute", aber auch der anderen Schichten, fand ich glaubhaft dargestellt und auch gut recherchiert. Ich denke Joan Weng hat sich mit dieser Zeit ausreichend beschäftigt (immerhin promoviert sie über die Weimarer Republik), so dass man als Leser ein gutes Bild bekommt, wie es in Berlin damals gewesen sein könnte. Vielleicht anders - bunter und vielfältiger -, als manche Leser es vielleicht aufgrund anderer "Roman-Ausflüge" dorthin erwarten, aber das macht es ja so interessant.


    Ich lese immer wieder von Vergleichen mit Susanne Goga oder ähnlich schreibenden Autoren. Joan Weng hat keinen Roman geschrieben, der in das von ihnen bediente Genre passt. Wer so etwas erwartet, wird zwangsläufig enttäuscht sein. Sie hat aber einen klassischen Krimi geschrieben, der im Berlin der 20iger Jahre handelt und der sich in diesem Bereich nicht zu verstecken braucht. Er ist einfach wunderbar erzählt. Ich habe das Buch kaum aus der Hand legen können und wirklich genossen (vor allem sprachlich).


    Ich vergebe 9 Punkte und freue mich schon auf ihr nächstes Buch.

  • Ein amüsantes und gefährliches Abtauchen in die Unterwelt Mitte der 1920er Jahre. Aber auch die "Feinen Leute" sind nicht so fein wie man glaubt.


    Joan Weng lässt diese Zeit in Berlin lebhaft wieder auferstehn. Carl, ein Abkömmling der besseren Gesellschaft lieb Paul, eher dem Proletariat entsprungen und Kommissar der Mordkommission. Carl dagegen ist umschwärmter Filmstar, der jedoch immer noch Zeit findet seine Filmrolle als Detektiv auch im richtigen Leben einzusetzen. So auch im Fall des ermordeten Gottlieb Strautmann, der eine Reihe von Morden nach sich zieht.
    Der zahlreichen Nebenschauplätze wegen hatte ich zwischendurch den Faden verloren, der zum Glück am Ende von Carl wieder gefunden und das Rätsel aufgelöst wurde.
    Ein nicht alltägliches Krimiabenteuer, das mir nach anfänglichen Schwierigkeiten gut gefallen hat.


    8 Punkte

    "Leute die Bücher lesen, sind einfach unberechenbar." Spruch aus "Wilsberg "
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  • "Feine Leute" war wirklich eine positive Überraschung für mich. Ich durfte im März bereits bei einer Lesung in das Buch rein hören und war zu dieser Zeit schon total angetan von der Erzählweise.


    Joan Weng erzählt die Geschichte in einem recht lockeren Ton und wenn man aufmerksam liest, beschert es einem viele humorvolle Momente. Als Leser darf man in die Gedanken der verschiedenen Charaktere schlüpfen und bekommt so eine Ahnung davon, was hinter dem Mordfall stecken könnte. Allerdings heißt das nicht, dass man die Auflösung schon nach ein paar Seiten erraten hätte. Ganz im Gegenteil, ich war am Ende ziemlich überrascht und keine meiner Theorien hat sich bestätigt.


    Das Buch hat mich von Beginn an gepackt, so dass ich es an einem Tag weg gelesen habe. Allerdings muss man sich im Klaren darüber sein, dass es sich hier nicht um einen megaspannenden Pageturner handelt. Spannend ist es, aber es geht nicht vorwiegend um den Ermittlungsfall. Das Buch hat einfach andere Qualitäten wie beispielsweise die Charaktere und den Schreibstil. Trotz mehrerer Morde ist es ein Buch zum Wohlfühlen und zum noch einmal lesen.


    Der zweite Teil "Noble Gesellschaft" erscheint leider erst im Januar 2017.

  • Angesiedelt im Berlin der 20er Jahre wartet dieser Kriminalroman mit einer Fülle authentischer Figuren und einem akribisch durchkonstruierten Fall auf.


    Die Autorin hat erkennbar Liebe und Mühe in diese Geschichte gesteckt, Menschen aus unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten greifbar geschildert und ihre Leser die Atmosphäre dieser Zeit spüren lassen.


    Auch wenn sich die Ermittlungen zu den Mordfällen „unterwegs“ reichlich verwickelt gestalten, finden sie am Ende eine stimmige Auflösung.


    Trotzdem bin ich mit „Feine Leute“, ein exzellenter Titel übrigens, dessen Mehrdeutigkeit sich während des Lesens erschließt, nicht wirklich warm geworden, aus mehreren Gründen.


    Mundart ist eine prima Sache, die gepflegt werden sollte, nur kann ich ihr in Schriftform wenig abgewinnen. Ab und zu eingestreut ist es für mich ok, aber hier wurde für meinen Geschmack zu viel „berlinert“ und zu betont die Umgangssprache benutzt. In der Leserunde habe ich gelernt, dass man dieses Stilmittel perspektivisches Schreiben nennt und sicher nicht einfach umzusetzen ist, nichtsdestotrotz hat es mir hier einfach nicht gefallen.


    Brillante einzelne Szenen werden mosaikartig aneinandergereiht, doch mir fehlte ein stringenter Handlungsfaden mit ein bisschen Spannung. Der Effekt kleinerer Cliffhanger ist bei mir komplett verpufft, zu lange dauerte es bis der jeweilige Faden wieder aufgenommen wurde.


    Eine liebevoll ausgearbeitete, originell erzählte Geschichte, die leider nicht meinen Geschmack getroffen hat.

  • Berlin 1925: Der Gutsbesitzer Gottlieb Straumann wird tot aufgefunden. Schnell scheint klar, dass sein Verwalter Max Bayer ihn getötet hat, angestiftet von Bernice Staumann, Ehefrau des Toten und Geliebte des Verwalters. Doch ist der Fall wirklich so einfach? Kriminalkommissar Paul Genzer ermittelt und wird tatkräftig unterstützt von Carl von Bäumer, dem UFA-Star, der mit Paul ein besonderes Verhältnis unterhält.


    Kriminalromane im Berlin der 20er Jahre lese ich sehr gerne und so freute ich mich, einen weiteren entdeckt zu haben. Der Roman liest sich sehr gut und entwickelte sich für mich schnell zum Pageturner. Mir gefällt vor allem der Erzählstil, die Geschichte wird aus vielen verschiedenen Perspektiven durch die Gedankengänge der einzelnen Charaktere erzählt. Man bekommt so unverstellt die Gedanken von Menschen der damaligen Zeit mit, diese machen sich dabei auch Gedanken über handelnde Personen oder drücken politische Stimmungen aus. Der Roman transportiert so nicht nur die eigentliche Geschichte sondern auch viele Informationen zum tatsächlichen und fiktiven (z. B. bezogen auf den o. g. UFA-Star) Stimmungsbild der 20er Jahre. Da historische Persönlichkeiten (z. B. Erich Gennat, den man auch in anderen Kriminalromanen aus der damaligen Zeit trifft) und Örtlichkeiten Berlins auftauchen, regt der Roman auch zum Selbstrecherchieren an, etwas, das ich an historischen Romanen besonders mag.


    Besonderes Augenmerk legt die Autorin auf das Verhältnis zwischen Paul und Carl, das in damaligen Zeiten unter den sogenannten Unzuchtparagraphen (§ 175 StGB) fiel und strafbar war. Mir hat die Beziehung der beiden sehr viel Spaß gemacht, vor allem auch, weil sie so unterschiedlich sind, hier der nicht gerade gut aussehende, aus einfachen Verhältnissen stammende Kommissar und dort der adelige „schönste Mann der UFA“. Auch die Reaktionen und Gedanken anderer Leute auf bzw. über Carl sind sehr amüsant dargestellt, da er im Film einen Ermittler verkörpert, wird ihm z. B. bedenkenlos abgekauft, dass er im Todesfall Straumann ermitteln darf. Es gibt überhaupt Einiges zum Schmunzeln in diesem Roman ...


    Doch auch der eigentliche Fall geht nicht unter, man erlebt Verhöre und Ermittlungen und am Ende gibt es eine zufriedenstellende Auflösung. Auch lässt es sich wunderbar miträtseln und es gibt mehr als eine überraschende Wendung.


    Durch den besonderen Erzählstil verlangt der Roman schon ein aufmerksames Lesen, auch, weil es schade wäre, Dinge zu überlesen, die zusätzlich Vergnügen bereiten. So gibt es eine Szene, die aus der Perspektive eines Liftboys erzählt wird, von dem man nicht erwartet, ihn später wieder zu treffen, jedoch spielt er an einer anderen Stelle noch einmal eine wesentliche Rolle, dass er dort beteiligt ist, könnte man jedoch leicht überlesen. Überhaupt ist am Ende mehr miteinander verbunden, als man zunächst ahnen konnte. Insgesamt ist der Roman sehr kurzweilig und hat mich ausgesprochen gut unterhalten.


    Joan Wengs Romandebüt ist ein richtig guter Kriminalroman, der durch seine besonderen Erzählstil, die außergewöhnlichen Ermittler und den interessanten Fall sehr gut unterhält. Von mir gibt es 5 Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung, vor allem für Jene, die gerne historische Kriminalromane lesen. Ich freue mich schon sehr auf den zweiten Fall, der Anfang 2017 erscheinen soll.

  • "Feine Leute" - ich denke mal ohne die Leserunde hier hätte ich das Buch eher nicht gelesen.
    Aber so kam es ja glücklicherweise anders.
    Denn "Feine Leute" hat mich bestens unterhalten.
    Die Zeit ( 20iger Jahre ), der Ort ( Berlin ) sowie die beiden "Hauptdarsteller" Carl und Paul und der meiner Meinung nach sehr gelungene Schreibstil machen aus dem Buch etwas Besonderes.
    Zudem gibt es immer wieder wunderbare Wortspiele und hintergründigen Humor.
    Der Krimianteil überwiegt jetzt nicht unbedingt, aber das hat mich keinesfalls gestört.
    Zu schön ist es, über die Beziehung von Carl und Paul zu lesen.


    Ich habe das Buch in zwei Tagen gelesen und muss nun leider bis Anfang 2017 auf den zweiten Teil warten.


    Das Buch bekommt von mir 9 von 10 Punkten.........man muss ja immer etwas Luft nach oben lassen. ;-)

  • Joan Weng ist mit „Feine Leute“ ein außergewöhnlicher Kriminalroman gelungen. Außergewöhnlich deshalb, weil er zunächst einmal nicht der Machart üblicher zeitgenössischer Krimis folgt. Das kann man gut oder schlecht finden, Geschmacksache eben. Mir als weitgehender Krimiverweigerer gefällt der Sprung ins Milieu der 1920er Jahre, die Kokserei, die Kriegsversehrten, die Krise der jungen Republik, die sich im Hintergrund bereits ankündigt und in Deutschland noch katastrophale Folgen haben wird. All dies ist glaubhaft dargestellt und bestimmt das Verhalten der durchweg scharf konturierten und sehr menschlich agierenden Figuren. Es gibt hier erfrischenderweise keinen Haudegen-Kommissar, der mit vorgehaltener Waffe Türen eintritt, Zeugen einschüchtert und für den jeder Fall der wichtigste seiner Karriere zu sein scheint. Es ist Joan Weng hoch anzurechnen, ebendiesen Mut gefunden zu haben und sich nicht um gängige deutsche Krimikonventionen zu scheren. Dieses Debüt(!) braucht Zeit und Aufmerksamkeit. Wer beides mitbringt, wird mit einem schönen, exzellent ausgedachten Puzzle samt grandiosem Finale belohnt, indem es um menschliches, allzu menschliches geht. Liebe, Eifersucht, Intrigen, Geld, Macht, Ansehen, all das eben, was Romane spannend macht. Und ich vermute mal, Joan Weng hat da noch das eine oder andere in petto.


    Watermelon

  • Joan Wengs Kriminalroman "Feine Leute" ist ein Buch, für das ich Zeit braucht. Zeit, um all die kleine, feinen Hinweise, die Wortspiele, die zeitgenössischen Anmerkungen richtig zu verstehen und dann zu genießen.
    Das ist kein Buch mit viel Action, kein Buch mit viel Blut und schockierenden Momenten oder Schilderungen - es ist eine sehr gelungene Momentaufnahme aus dem Berlin der 1920er Jahre.
    Ein klassischer Kriminalroman, den man vermutlich nur wirklich schätzen kann, wenn man diese Art der Romane kennt und liebt.


    Ich liebe "Feine Leute" und freue mich auf den zweiten Teil, wobei ich mir ein Personenregister durchaus wünschen würde, denn auch wenn man sorgfältig liest, wird es manchmal etwas kompliziert.


    Joan Weng wünsche ich nach diesem Debut viele weitere Bücher in ihrer sehr eigenen, aber auch sehr gelungenen Sprache. Wer sie einmal live erlebt hat, weiß, was ich meine.

  • Joan Weng: Feine Leute – Kriminalroman, Berlin 2016, Aufbau-Verlag, ISBN 978-3-7466-3175-2, Softcover, 333 Seiten, Format: 11,6 x 2,7 x 19,1 cm, Buch: EUR 9,99 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: EUR 7,99.


    Berlin 1925: Hat Bernice Straumann tatsächlich ihren Liebhaber, den Gutsverwalter Max Bayer, dazu angestiftet, ihren vermögenden Ehemann Gottlieb zu erschießen? Für „die Leute“ ist der Fall glasklar. Dich Kriminalkommissar Paul Genzer, 28, hat so seine Zweifel. Der Ermordete hatte Krebs im Endstadium. Wenn es seiner Frau um sein Geld oder ihre Freiheit gegangen wäre, hätte sie ihn nicht umbringen lassen müssen. Beides hätte sie in Kürze so oder so bekommen.


    Wer außer Straumanns Frau hat von seinem Tod profitiert? Bei seinen Geschäften war der Mann offenbar nicht zimperlich. Der eine oder andere, der mit ihm zu tun gehabt hat, dürfte ihm die Pest an den Hals gewünscht haben, wenn nicht Schlimmeres.


    Carl bringt die High Society zum Reden
    Jetzt sollte man bei den feinen Leuten, mit den Straumann Umgang hatte, mal Mäuschen spielen und unauffällig Informationen sammeln können. Doch zu diesen Kreisen hat der vierschrötige Arbeitersohn Genzer keinen Zugang. Jetzt schlägt die Stunde seines Geliebten, des Schauspielers Carl von Bäumers, 22, des „schönsten Manns der Ufa“. Zu gerne würde er seinem „Paulken“ ein paar Türen öffen oder am besten gleich den ganzen Fall für ihn lösen. Denn zurzeit steckt die Beziehung der beiden Männer wegen Pauls Eifersucht und Carls Zickigkeit in einer Krise und Carl würde sich nur zu gerne mit seinem Freund versöhnen.


    Also zieht Carl los mit seinen guten Kontakten, seinem Charme und Schauspieltalent sowie seiner Erfahrung als Kino-Kommissar und bringt die High Society zum Reden. Was er da erfährt, ist zum Teil ganz schön starker Tobak.


    Ein Gattenmord? Oder ein anderes Motiv?
    Als es im Umfeld Gottlieb Straumanns zu weiteren Attentaten und Todesfällen kommt, wird offensichtlich, dass sein Tod kein schnöder Gattenmord war. Da muss etwas ganz anderes dahinter stecken. Der zu Unrecht verdächtigten Witwe nutzt das allerdings nichts mehr: Sie ist unter den Todesopfern.


    Was wirklich geschehen ist, erfahren wir ganz am Ende, wenn Carl und der Kommissar ihre Erkenntnisse zusammentragen und in Agatha-Christie-Manier ihre Schlussfolgerungen ziehen.


    Das Motiv und die Tatausführung – das hat was! Desgleichen der Schauplatz im Berlin der 1920er- Jahre und die Idee, ein homosexuelles Paar als Hauptfiguren zu wählen. Damals gab es ja noch den Unzuchtparagraphen und vor allem, wenn, wie hier, beide Partner in der Öffentlichkeit standen, war eine solche Beziehung hochriskant.


    Tolle Ideen – aber ein bisschen viel Personal
    Was den Krimi allerdings ein wenig anstrengend macht, ist die Vielzahl von Personen. Knapp 30 Figuren wuseln da herum, und jedes Kapitel wird aus der Sicht einer anderen Person geschildert. Das kann man machen, wenn man ein umfangreiches Epos hat wie KRIEG UND FRIEDEN oder DAS LIED VON EIS UND FEUER, bei dem die Leser Zeit haben, die Personen kennenzulernen. Da genügt dann die Nennung eines Namens und man weiß: ‚Ach, das sind die! Die gehören so und so zusammen, haben diese und jene Probleme, und in der letzten Szene haben sie gerade dies und das gemacht.‘


    In einem Buch von 330 Seiten Umfang kann man jede Person nur schlaglichtartig beleuchten und es besteht die Gefahr, dass der Leser den Faden verliert und immer mal wieder nachschlagen muss, wer wer ist. ‚Ein Chemiestudent, der in einem Hotel arbeitet? Moment, den hatten wir doch schon mal!‘ – blätter, blätter, blätter – ‚Ach ja, da! Aber für die Handlung ist er nicht weiter wichtig? Ach so.‘


    Sowas bremst ein wenig das Tempo und die Spannung. Vor allem, dass die Leute auch noch in den verschiedensten Beziehungen zueinander stehen, macht die Sache so komplex: A ist der Lover von B und C, der Vater von D, Geschäftspartner von E, verschwägert mit F und taucht deshalb in den verschiedensten Handlungssträngen auf. Und so ähnlich ist das irgendwie mit allen.


    Mir ist bis jetzt nicht ganz klar, wie der arme Pastor in diesen Schlammassel hineingeraten konnte. Er war doch vollkommen harm- und ahnungslos. Nur aus familiären Gründen?


    Ein perfider Masterplan
    Irgendwann habe ich aufgegeben, das komplizierte Beziehungsgeflecht durchschauen zu wollen. Wie und wann Gottlieb Straumann zu Tode gekommen ist, habe ich begriffen und der perfide Masterplan dahinter hat mir gut gefallen. Welch schrecklichs Schicksal die diversen Nebenfiguren ereilt hat, war mir ab einem bestimmten Punkt egal.


    Ich gebe zu, dass ich mit allzu personalintensiven Romanen grundsätzlich meine Schwierigkeiten habe. Diese Art der Unübersichtlichkeit habe ich schon den von mir sehr verehrten Ben Aaronovitch angekreidet. So gesehen befindet sich die Autorin da in bester Gesellschaft. Sollte es einen weiteren Band mit Paul Genzer und Carl von Bäumer geben, würde ich es gerne noch einmal mit den beiden Helden versuchen.


    Die Autorin
    Joan Weng, geboren 1984 in Stuttgart, studierte Germanistik und Geschichte und promoviert aktuell über das Frauenbild in der Literatur der Weimarer Republik. Für ihre Kurzprosa wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Hattinger Literaturförderpreis, dem Wiener Werkstattpreis, dem Goldstaubpreis der Autorinnen Vereinigung e. V. sowie zahlreichen Stipendien. Seit 2013 leitet sie die Redaktion von www.zweiundvierziger.de, dem Blog der 42er Autoren. Sie lebt mit ihrer Familie bei Tübingen. „Feine Leute“ ist ihr erster Roman.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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  • Ich zitiere Joan Weng aus der Leserunde hier in der Büchereule:
    „Aber ich bin nun mal ein Anhänger des streng perspektivischen Schreibens und deshalb bedingt für mich immer der Inhalt und der Erzähler der jeweiligen Szene die Form.“
    Das merkt man ganz stark auf jeder Seite des Buches. Der Inhalt ist der Form geschuldet, davon weicht die Autorin nicht einen Millimeter ab.
    Und so ist ein eher leise daherkommender Krimi entstanden, mit einem schönen Sprachstil und einer Menge an feinem Humor, der mich des öfteren schmunzeln ließ.


    Eine ungewöhnliche Paarbeziehung hat Joan Wenig geschaffen, ungewöhnlich, weil es sich um ein gleichgeschlechtliches Paar handelt, bei dem beide Partner mit ihrem Beruf in der Öffentlichkeit stehen und das vor dem Hintergrund der goldenen Zwanziger Jahre in Berlin. Völlig alltäglich allerdings sind die Probleme, die es zwischen den beiden gibt. Neben einer großen Anzahl an Nebenfiguren sind es hauptsächlich diese beiden, die die Handlung dominieren.


    Da jedes Kapitel aus der Sicht einer anderen Person erzählt wird, stehen diese Szenen alle ein bisschen für sich, da man nicht weiß, ob sie für die Handlung wirklich relevant sind oder nicht. Über Täter und Motiv habe ich mir nicht groß den Kopf zerbrochen, da hat sich für mich aus der Handlung nichts wirklich Greifbares herausgeschält. Ganz am Schluss gibt es dann eine erfreulich logische Auflösung, die das, wie ich finde, ehrgeizige Projekt der jungen Autorin zu einem tollen Ende führt.

  • Joan Weng
    Feine Leute
    Aufbau Verlag


    Autor: Joan Weng, geboren 1984 in Stuttgart, studierte Germanistik und Geschichte und promoviert aktuell über das Frauenbild in der Literatur der Weimarer Republik. Für ihre Kurzprosa wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Hattinger Literaturförderpreis, dem Wiener Werkstattpreis, dem Goldstaubpreis der Autorinnen Vereinigung e. V. sowie zahlreichen Stipendien. Seit 2013 leitet sie die Redaktion von zweiundvierziger.de, dem Blog der 42er Autoren. Sie lebt mit ihrer Familie bei Tübingen. „Feine Leute“ ist ihr erster Roman. (Quelle: Aufbau Verlag)


    Wie jeden ersten Samstag im Monat besucht Carl von Bäumer seine Schwester. Zusammen sitzen die beiden bei Tee und Kuchen und reden über das Leben von Carl, da seine Mutter beginnt sich Sorgen um ihn zu machen. Seine Gedanken sind jedoch ganz woanders, denn zusammen mit Kriminalkommissar Paul Genzer muss er einen Mordfall aufklären. Seine Beziehung zu Paul spielt bei allem ebenfalls eine große Rolle.


    Das Buch besteht aus insgesamt 9 Kapiteln, die alle aus der Angabe des Wochentages sowie des Datums bestehen. Diese sind dick gedruckt in der oberen rechten Ecke, vor jedem Kapitel zu finden. Die Kapitel selbst sind dann nochmals in verschiedene Abschnitte unterteilt, die jedes Mal mit einem (-) voneinander getrennt sind. Aufgrund der Datumsangabe lässt sich die Story sehr gut verfolgen, da man stets den zeitlichen Rahmen kennt. Am Anfang des Buches werden wir in die Handlung geschmissen, ohne zu wissen, worum es geht. Danach folgen einige Kapitel, in denen wir sehr viele Personen und ihre Beziehung zueinander kennenlernen. In dieser Zeit steht der Mordfall eher im Hintergrund. Erst ab ca. Seite 110 kommt das Buch in fahrt und die Ermittlungen fangen richtig an und werden am Ende sehr gut aufgelöst. Das Ende liest sich dann eher Sherlock Holmes typisch, dies passt aber super zum Buch. Die Erklärungen und die Auflösung selbst lesen sich verständlich und schlüssig.
    Die ganze Story passt insgesamt sehr gut in die Epoche, in der sie spielt. Auch die oben schon angedeutete Beziehung der beiden Hauptcharaktere wird sehr gut beschrieben. Gerade was den Umgang mit der Öffentlichkeit angeht, denn Homosexualität war zu dieser Zeit noch ein Tabu. Im Großen und Ganzen ist das Buch nicht besonders leicht zu lesen, weshalb es sich auch weniger für zwischendurch eignet. Man sollte sich hier lieber die Zeit nehmen und das Buch in Ruhe lesen.


    Cover: Das Cover hat als Grundfarbe, Schwarz und zeigt eine Stadt bei Nacht. Auf der Vorderseite sehen wir unter dem Titel einige Autos und beleuchtete Häuser. Anhand der Autos kann man gut erkennen, in welcher Zeit die Story spielt. Der Titel selbst ist in einem Weiß bis Grau gehalten und hebt sich somit gut vom schwarzen Hintergrund ab. Außerdem passt der Titel perfekt zum Inhalt des Buches, denn dieser spielt ebenfalls in der gehobeneren Klasse.


    Fazit: Die Autorin hat es geschafft, den Leser zurück in die Zeit zu katapultieren. Außerdem wird ein wirklich interessanter und spannender Mordfall erzählt und am Ende schlüssig aufgeklärt. Hier und da liest sich das Buch etwas stockend und gerade in der ersten Hälfte muss man sich leicht zwingen durchzuhalten, dies wird aber in der zweiten Hälfte besser. Von mir bekommt das Buch 4/5 Sterne.


    Klappentext: Berlin im Sommer 1925: Dass Bernice ihren schwerreichen Gatten von ihrem Liebhaber hat umbringen lassen, ist eine Tatsache – zumindest für die feine Gesellschaft. Kriminalkommissar Paul Genzer ist davon jedoch nicht überzeugt, insbesondere nachdem die Witwe plötzlich an einer Überdosis Morphium gestorben ist. Während der Tod der Witwe neue Fragen aufwirft, folgen weitere Bluttaten, und so ist der proletarische Kommissar bald froh, bei seinen Ermittlungen durch den hochadligen Filmstar Carl von Bäumer ungewöhnliche Unterstützung zu bekommen. Der Leinwanddetektiv mit der Leidenschaft für Kokain kennt sich zwar bestens aus in der Welt der Reichen und Schönen, er verfolgt jedoch ganz eigene Motive. (Quelle: Aufbau Verlag)


    Autor: Joan Weng
    Titel: Feine Leute
    Verlag: Aufbau Verlag
    Genre: Krimi
    Seiten: 336
    Preis: 9,99
    ISBN: 978-3-7466-3175-2

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    • Taschenbuch: 336 Seiten
    • Verlag: Aufbau Taschenbuch; Auflage: 1. (12. Februar 2016)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3746631750
    • ISBN-13: 978-3746631752



    Über die Autorin:

    Joan Weng (*1984) studierte in Stuttgart und Tübingen und promoviert aktuell über die Literatur der Weimarer Republik. Für ihre literarische Arbeit wurde sie mehrfach mit Preisen und Stipendien ausgezeichnet. Sie ist Mitglied der Gedok und der 42er Autoren, deren Blog http://www.zweiundvierziger.de sie leitet. Im Aufbau Taschenbuch sind ihre in der Weimarer Republik spielenden Kriminalromane "Feine Leute" und "Noble Gesellschaft" sowie die historische Liebesgeschichte „Das Café unter den Linden“ lieferbar.



    Inhaltsangabe:

    Berlin im Sommer 1925: Dass Bernice ihren schwerreichen Gatten von ihrem Liebhaber hat umbringen lassen, ist eine Tatsache – zumindest für die feine Gesellschaft. Kriminalkommissar Paul Genzer ist davon jedoch nicht überzeugt, insbesondere nachdem die Witwe plötzlich an einer Überdosis Morphium gestorben ist. Während der Tod der Witwe neue Fragen aufwirft, folgen weitere Bluttaten, und so ist der proletarische Kommissar bald froh, bei seinen Ermittlungen durch den hochadligen Filmstar Carl von Bäumer ungewöhnliche Unterstützung zu bekommen. Der Leinwanddetektiv mit der Leidenschaft für Kokain kennt sich zwar bestens aus in der Welt der Reichen und Schönen, er verfolgt jedoch ganz eigene Motive. Ein Kriminalfall vor besonderer Kulisse: die Goldenen Zwanziger Jahre und ihre feine Gesellschaft.



    Meine Kritik:

    Über das Berlin der 1920er Jahren ranken sich ja einige Mythen und Legenden. Es war die gute alte Zeit, bevor in den 30er Jahren alles den Bach herunterging. Viele Geschichten sind bereits darüber erzählt worden und Joan Weng fügt mit ihren „Feinen Leuten“ eine weitere feine hinzu. Der schwule Kommissar Paul Genzer untersucht einen rätselhaften Mordfall und nutzt die Gelegenheit, im Zuge der Ermittlungen wieder die Nähe zu seinem Ex, Carl von Bäumer, „dem schönsten Mann der UFA“ zu suchen. Dieser ist ebenfalls alles andere als abgeneigt und unterstützt seinen Lover so gut er kann.

    Was bei der Geschichte zu allererst heraussticht, ist die Atmosphäre. Joan Weng schafft es mühelos, einen in die dekadente Welt der 20er Jahre eintauchen zu lassen. Sie lässt ihre Charaktere wie die Leute der damaligen Zeit reden und denken, und verwendet auch sonst jede Menge Begriffe und Subtext, die einen authentisch in die damalige Zeit zurückversetzen. Stellenweise war es mir fast ein wenig zu viel Flair, weil dadurch der eigentliche Kriminalfall etwas in den Hintergrund rückte. Aber dafür kriegt man eine tolle Geschichte erzählt und darf gespannt sein, wohin einen Paul Genzers Ermittlungen noch führen.

  • Paul Genzer und Carl von Bäumer sind ein Paar, allerdings eines das mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Nicht nur, dass ihre Beziehung im Jahre 1925 absolut geheim bleiben muss, da Homosexualität verboten ist, auch die Eifersucht schießt den beiden immer wieder quer.

    Noch dazu leben die beiden eigentlich in vollkommenen unterschiedlichen Welten. Paul ist Kriminalhauptkommissar, Carl Schauspieler. Und doch kann Carl Paul im aktuellen Fall unterstützen, kennt er sich in den Kreisen der ermordeten hervorragend aus.


    Joan Weng liefert mit ihrem Debutroman ein Sittenbild aus den Zwanzigern in Berlin. Das Leben tobt, Kokain und Morphium sind gängige Konsumware in gewissen Schichten und trotzdem herrscht teilweise ein strenger, gesellschaftlicher Kodex, an den man sich zu halten hat.

    In diesem Umfeld ermittelt Paul nun den Mord an einem Baron, der vermeintlich vom Liebhaber seiner Frau umgebracht wurde. Was anfangs wie ein relativ klarer Fall aussieht entwickelt sich im Laufe der Zeit zu einem immer wirreren Konstrukt, in dem unklar ist, wer welche Motive hat.


    Das Buch ist in neun Kapitel unterteilt, die jeweils mit dem aktuellen Datum überschrieben sind. Innerhalb der Kapitel wechselt die Perspektive immer wieder, man begleitet mehr oder weniger jeden beteiligten Charakter ein Stück des Weges. Das erhöht gerade gegen Ende das Lesetempo enorm, führt aber am Anfang etwas zu Verwirrung, weil einfach wahnsinnig viele Personen auftauchen.


    An sich hat mir das Buch gut gefallen, besonders die Lösung des Falles fand ich wirklich hochinteressant und vollkommen überraschend. Was mich allerdings ein wenig gestört hat, waren Paul und Carls Beziehungsprobleme. Die beiden verhalten sich die ganze Zeit wie zwei Teenager und schaffen es einfach nicht mal vernünftig miteinander zu sprechen. Was ich außerdem etwas seltsam fand war, dass Carl ganz selbstverständlich polizeiliche Ermittlungen aufnimmt und selbst Polizisten nicht zwischen seiner Rolle als Detektiv und ihm als Schauspieler unterscheiden. Irgendwie machte das Pauls Arbeit auch etwas unglaubwürdig, da er den Eindruck, Carl wäre ein Profi, teilweise noch unterstützt.


    Trotzdem hat mir das Buch gut gefallen, auch weil es eben ein bisschen anders war als viele Romane, bzw. Krimis aus dieser Zeit.

    Von mir daher durchaus eine Leseempfehlung.


    8 von 10 Punkte