Klappentext:
In ihrem ersten Leben war Jenny Aaron Mitglied einer international operierenden Elitetruppe der Polizei – hochintelligent, kampferprobt, effektiv. In ihrem zweiten ist sie Verhörspezialistin und Fallanalytikerin beim BKA. Sie spürt das Verborgene und versteht es, zwischen den Worten zu tasten – denn seit einem misslungenen Einsatz in Barcelona ist Aaron blind. Die damaligen Ereignisse haben sie traumatisiert. Doch es war nicht der schlimmste Tag ihres Lebens. Der schlimmste Tag ihres Lebens ist heute. Fünf Jahre nach Barcelona erhält Aaron einen Anruf: Die früheren Berliner Kollegen bitten sie um ihre Mithilfe. Reinhold Boenisch, ein zu lebenslänglich verurteilter Frauenmörder, gegen den Aaron als junge Polizistin ermittelte, hat im Gefängnis eine Psychologin getötet. Sie entschließt sich, den Fall anzunehmen und sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Doch Boenisch ist nur der Anfang, eine Schachfigur in einem Komplott. Aaron wird erkennen, dass ihr bisheriges Leben eine einzige Vorbereitung auf die folgenden sechsunddreißig Stunden war. Um dieses Leben wird sie kämpfen müssen wie nie zuvor.
Zum Autor (Klappentext):
Andreas Pflüger wurde 1957 in Thüringen geboren, wuchs im Saarland auf und lebt seit vielen Jahren in Berlin. Er ist einer der renommiertesten deutschen Drehbuchautoren für über dreißig Filme, darunter viele Tatorte. Außerdem zeichnete er mitverantwortlich für die mehrfach preisgekrönten Werke Der neunte Tag und Strajk, beide in der Regie von Volker Schlöndorff. Endgültig ist sein zweiter Roman.
Meine Rezension:
10 Gründe, warum man dieses Buch lesen sollte (für – auch zukünftige - Eingeweihte)
1. Aaron
2. Marlowe, die Katze
3. Windungen, Gründe und Ursachen, an die ich nie gedacht hätte
4. Nur das Ende des Buches zu lesen nützt (leider) gar nichts, um die Spannung besser auszuhalten
5. Aarons Sichtweise
6. Den Beschreibungen von komplexen Bewegungsabläufen kann ich oft nicht einmal folgen, gerade dadurch sind so passend
7. Jeder von uns will solche Freunde, solche Kollegen haben.
8. Niemand von uns will wirklich solche Freunde, solche Kollegen haben
9. Andreas Pflüger „kann“ nicht nur spannend, er kann auch verschachtelte Handlung, knapper Sprachstil, ausführliche Beschreibung, Stilwechsel je nach Person, Ort, Handlung, zart, drastisch,…
10. Ich kann mit den Listen nicht mehr aufhören – und scheitere daran kläglich im Vergleich zu Aaron
Ich durfte dieses Buch als Vorab-Rezensionsexemplar lesen und kannte vorher den Autor Andreas Pflüger noch nicht, ich kannte nur eine Leseprobe, die mich in den Bann zog. Mir gefiel der Sprachstil, die Grundidee der erblindeten Ermittlerin, die Erzählweise: ich hatte die Selbstreflexion in „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ vor langer Zeit zufällig in einer Vorstellung mit Lesung im Autoradio kennengelernt und der Rezensent meinte damals, er höre nach eine Weile nur noch ihre (Smillas) Stimme. Aaron geht ähnlich ins Ohr, und das beim Lesen! Ich mag sonst Hörbücher, wenn es KEINE Krimis/Thriller sind – ich kann das Tempo des Fortschritts nicht beeinflussen. Hier werde ich wohl noch das Hörbuch haben müssen.
Für Bücher habe ich zwei bevorzugte Genres, Krimis/Thriller und anspruchsvolle Literatur – in unterschiedlichen Situationen, mit wechselnden Anteilen an meiner Gesamt-Lektüre und mit je unterschiedlicher Erwartungshaltung.
Bereits die Leseprobe deutete an, dass „Endgültig“ aus dem Spannungs-Genre insofern heraus sticht, als dass es sprachlich und stilistisch deutlich am oberen Ende angesiedelt ist. Viele Krimi/Thriller-Autoren beherrschen Spannungsaufbau, Handlung – Andreas Pflüger beherrscht auch ganz klassisch literarische Stilmittel (ohne dass das lästig wird, wohlgemerkt!).
Außerdem bedient die Handlung zwar das Klischee des „beschädigten Ermittlers“ durch die Hauptfigur einer aufgrund eines Einsatzes erblindeten Ermittlerin – aber diese will so gar nicht der Opferrolle entsprechen. Die Protagonistin wirkt gleichzeitig anziehend als auch auf Distanz haltend – ich musste mich sogar über fast die ersten 100 Seiten immer wieder anstupsen, dass mit „Aaron“ eine Frau gemeint ist, wenn sich im Team fast alle nur mit den Nachnamen anreden und auch der Autor in dieser Sichtweise schreibt. Nicht, dass das hier wichtig wäre – und auch das ist eine Besonderheit dieses Buches. Höchstens Aarons neue Chefin bringt einmal das Thema der Männerseilschaften zur Sprache; für Aaron ist das wohl irrelevant, wiewohl sie in der Lage ist, darüber zu reflektieren. Die Distanz zu Aaron – und auch Aarons eigene Distanziertheit – werden im Laufe der Handlung aufgeweicht, ja aufgebrochen, wenn sie denn je wirklich eine Chance hatten, zu existieren. Und auch das ist eine Stärke des Romans: die Handlung wirkt über das Ende hinaus. Bei Sebastian Fitzek oder Arno Strobel oder Stephen King geschieht das häufig über einen Handlungsfaden, der noch offen bleibt, eine Option, die noch nicht ausgeschlossen wurde, einen Täter, der es eventuell doch nicht oder eventuell zusätzlich zum Festgenommenen war. Am Ende dieses Buches ist alles gesagt, aber damit ist es genau das, „Endgültig“. Für jeden – inklusive des Lesers - der danach übrig bleibt.