Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt
2015
Originaltitel: Charlotte
Übersetzt von Christian Kolb
Kurzbeschreibung:
„Das ist mein ganzes Leben“ – mit diesen Worten übergibt Charlotte 1942 einem Vertrauten einen Koffer voller Bilder. Sie sind im französischen Exil entstanden und erzählen, wie sie als kleines Mädchen, damals im Berlin der 1920er, nach dem Tod der Mutter das Alleinsein lernt, während sich ihr Vater, ein angesehener Arzt, in die Arbeit stürzt. Dann die Jahre, in denen das kulturelle Leben wieder Einzug hält bei den Salomons. Die Stiefmutter ist eine berühmte Sängerin; man ist bekannt mit Albert Einstein, Erich Mendelsohn, Albert Schweitzer. Charlotte beginnt zu malen, und es entstehen Bilder, in denen dieses einzelgängerische, verträumte Mädchen sein Innerstes nach außen kehrt, Bilder, die von großer Begabung zeugen. Doch dann ergreift 1933 der Hass die Macht, es folgen Flucht, Exil, aber auch Leidenschaft und Heirat. Nur ihre Bilder überleben – Zeugnis ihrer anrührenden Geschichte, die David Foenkinos nahe an der historischen Realität entlang erzählt.
Über den Autor:
David Foenkinos, 1974 geboren, lebt als Schriftsteller und Drehbuchautor in Paris. Seit 2002 veröffentlicht er Romane, darunter den Millionenbestseller „Nathalie küsst“, der von Foenkinos selbst (zusammen mit seinem Bruder Stéphane) mit Audrey Tautou und François Damiens in den Hauptrollen verfilmt wurde. Seine Bücher werden in rund vierzig Sprachen übersetzt. Sein neuer Roman, „Charlotte“, wurde 2014 mit dem Prix Renaudot und dem Prix Goncourt des lycéens ausgezeichnet und hat sich allein in Frankreich rund eine halbe Million Mal verkauft.
Über den Übersetzer:
Christian Kolb wurde 1970 geboren und studierte französische Literatur und Filmwissenschaft in Berlin und Paris. Neben den Romanen von David Foenkinos übersetzte er u. a. auch Nicolas Fargues „Die Rolle meines Lebens“. Er lebt in Berlin.
Mein Eindruck:
David Foenkinos ist ein umstrittener Autor. Zum einen hat er seine treu ergebene Fangemeinde, aber auch seine Kritiker, die ihn in die Nähe von Paulo Coelho rücken. Das halte ich aber für übertrieben. Außerdem muss jeder mündige Leser schließlich wissen, was ihn erwartet, wenn er gefühlvolle, leicht sentimentale Bücher liest.
Bei Charlotte hat David Foenkinos sich aber zurückgenommen. Seine Sprache ist schlicht und zurückhaltend. Das passt zum Thema. Er hat mit diesem Roman ein Portrait einer fast vergessenen Künstlerin geschaffen. Charlotte Salomon war eine jüdische Malerin der Moderne, kreativ und wagemutig bildetet sie in ihren Zeichnungen ihr Leben ab. Da Charlotte 1943 von den Nazis in Auschwitz ermordet wurde, wurde sie nur 26 Jahre alt und ihr Werk geriet lange in Vergessenheit. Sie stand nicht in der breiten Öffentlichkeit. 2012 gab es jedoch eine Ausstellung in Kassel im Rahmen der Documenta. Es ist also nicht nur Foenkinos, der Charlotte Salomon neu in die Öffentlichkeit rückt, und er war nicht der erste.
Aber, wie David Foenkinos ihr Leben schildert, ist packend. Es ist ein Roman, keine sachliche Biographie. Daher sind ihr Leben und ihre Liebe zu ihrer Familie und auch einem Mann von Bedeutung.
Es gab zwei große Tragödien in Charlottes Leben. Zum einen natürlich der Holocaust, aber auch eine Tendenz in ihrer Familie, dass sie Suizid begingen. Schon ihre Tante stürzte sich noch jung in den See, ihre Mutter stürzte sich aus dem Fenster und weitere Familienmitgliedern wählten den Freitod.
Charlotte flüchtet schließlich aus Deutschland nach Frankreich, wo ihre Zeichnungen entstehen.
Über ihr Ende steht von Anfang an kein Zweifel, eine gewisse Melancholie lässt sich nicht vermeiden.
David Foenkinos Erzählart erlaubt dem, Leser ein tiefes Eintauchen in die Geschichte.
Zwischendurch streut Foenkinos eigene Gedanken und Details zu seiner Charlotte-Recherche.
Insgesamt kann man von einem lesenswerten Buch sprechen.