Songtexte - die nächste Abmahnwelle rollt

  • Seit März d.J. verschicken Anwaltskanzleien Abmahnungen an gewerbliche wie private Betreiber von Sites, auf denen die Texte populärer Songs veröffentlicht sind. Im Rahmen dieser Abmahnungen werden Anwaltskosten in vierstelliger Höhe sowie u.U. (insbesondere bei gewerblichen Betreibern, in Einzelfällen aber auch bei privaten) zusätzlich Schadenersatzforderungen in fünf- oder sechstelliger Höhe fällig.


    Manch ein Fan will nur "seine" Band promoten und denkt sich nichts dabei. Aber Songtexte unterliegen dem Urheberrecht. Auch, wenn man den Krempel pausenlos im Radio hört, darf man ihn nicht wortwörtlich auf eigene Faust veröffentlichen. Gegen die Abmahnungen ist deshalb auch wenig zu machen; die Anwaltskosten (1.500 Euro und mehr) sind so gut wie immer fällig, und an der beiliegenden Unterlassungserklärung führt auch kein Weg vorbei. Einzig die geforderten Schadenersatzsummen können strittig sein.


    Wer Liedertexte auf seiner eigenen Site veröffentlicht hat - auch auszugsweise, also z.B. nur eine Strophe -, sollte das schleunigst löschen. Derzeit wird von fast fünfhundert Fällen gesprochen, aber es werden täglich mehr. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen - das Recht ist zweifelsfrei auf der Seite derjenigen, die da abmahnen. Trotzdem ist es natürlich reine Abzocke, die hier auch noch in die Taschen der treuen Fans greift, manchmal sogar Jugendlicher.


    Mehr Infos. Noch mehr Infos.

  • Meiner Meinung nach völlig unverständliche Aktion.
    Wem tut's denn weh,wenn irgendwo im Netz Lyrics gesammelt werden und man diese dort nachlesen kann?
    Diejenigen,die sich Musik aus dem Netz ziehen haben a) entweder eh kein Interesse an den Texten,oder b) werden auch weiter Musik ziehen,auch wenn sie keine Lyrics mehr dazu im Netz finden.
    Ich muss sagen,dass ich durch das Posten von Lyrics in Foren schon auf die ein oder andere Band aufmerksam geworden bin und mir dann was von ihnen zugelegt habe.
    Aber die Seite der Medaille scheint die Verantwortlichen für diese Klage nicht zu interessieren.
    Auch wenn die Texte dem Urheberrecht unterliegen,seh ich einfach keinen plausiblen Nachteil der Bands bzw. der Plattenindustrie entsteht,wenn man diese irgendwo veröffentlicht.

  • Wie heißt es so schön in Philadelphia (als Anwalt Andrew Beckett mit Anwalt Joe Miller in den Aufzug steigt):


    AB: What do you call a thousand lawyers chained together at the bottom of the ocean?
    JM: I don't know.
    AB: A good start.

  • Hallo, Vintersorg.


    Auftraggeber sind 4 Musikverlage - derzeit. Das Interesse, das dahintersteht, ist natürlich, Geld einzusammeln, insbesondere Schadenersatz von kommerziellen Betreibern wie songtext.net oder song-suche.com. Aber nicht nur. Tatsächlich sind die Texte ein nicht unerheblicher Teil des Kunstwerks "Lied", und an diesem Kunstwerk hat nun einmal der Urheber (Songschreiber) bzw. der Verwerter (Verlage, Musikfirmen) die alleinigen Urheber- bzw. Verwertungsrechte. Auch, wenn vermeintlich kein Schaden entsteht (was fängt man schon groß mit einem Songtext an?), die Rechte sind unstrittig auf Seiten der Verlage und Rechteinhaber.


    Mit ähnlichem Streß sahen und sehen sich jüngst Leute konfrontiert, die Kartenausschnitte von Stadtplan- und Landkartendiensten veröffentlicht haben, die sie zuvor per Screenshot aus den (zu dieser Zeit noch kostenlosen!) Diensten gezogen haben. Natürlich, sagt man sich, entsteht da nicht wirklich ein Schaden. Aber es muß nicht immer ein tatsächlicher Schaden entstehen. Der Rechtsbruch bleibt - auch, wenn der Dienst vorher kostenlos war.


    Mal ganz grob geschätzt würde ich behaupten, daß etwa zwanzig Prozent aller privaten Sitebetreiber so oder so gegen Urheberrechte verstoßen - durch das rechtswidrige Zitieren von Texten, die unerlaubte Einbindung von Fotos, Deep-Links auf andere Sites. Früher oder später wird irgendein findiger Anwalt vor der Tür stehen - und dann werden zwei Riesen fällig, plusminus. Deshalb sollte sich m.E. jeder ganz genau anschauen, ob alles rechtens ist, was auf der eigenen Site zu finden ist - von der man zwar glauben mag, daß sie nur von Kumpels und Verwandten aufgesucht wird, die aber tatsächlich im Fadenkreuz aller steht, die auf diese Art ihr Geld verdienen. Was keine Bewertung dieses Vorganges sein soll; ich empfinde das Urheberrecht als eine sehr wichtige Einrichtung, meine allerdings, daß hier Mittel eingesetzt werden, die in keinem Verhältnis stehen. Denn tatsächlich richtet die Veröffentlichung eines Songtextes überhaupt keinen Schaden an; ganz im Gegenteil macht sie auf die Band aufmerksam. Aber kurze Denke ist in der heutigen Zeit einfach opportun.

  • Hallo Tom,


    ich achte das Urheberrecht auch als sehr wichtige Einrichtung und verstehe auch,dass die Texte der Bands diesem unterliegen.
    Wenn diese kommerziell genutzt werden,dann hab ich kein Problem damit,wenn man den betreffenden Seiten mal ein Schreiben zukommen lässt.
    Wenn dann aber das Zitieren von Auszügen der Texte in Foren,oder das Online stellen von ein paar Texten der Lieblingsbands auf privaten Homepages rechtlich verfolgt wird,dann seh ich das,wie du(wenn ich das nicht völlig mißverstanden habe),als reine Geldschneiderei an.

  • Ich finde es schade, daß man sich die lyrics nicht mehr im Netz anschauen oder kopieren kann.


    Oft ist es doch so, daß bei vielen Alben die lyrics einfach nicht dabei sind. Und gerade bei Bands, die sehr gute Songtexte haben und man nicht alles versteht, möchte man doch nachlesen können (und manchmal - ja ich gebe es ehrlich zu ohne zu erröten - auch mitsingen können).


    Mir tun die Betreiber solcher Seiten leid. Die, die ich bislang immer besucht habe, wurde glaube ich auch nur so in der Freizeit und ohne kommerziellen Hintergrund betrieben. Der hat jetzt richtig Ärger am Hals.


    Zitat

    ich empfinde das Urheberrecht als eine sehr wichtige Einrichtung, meine allerdings, daß hier Mittel eingesetzt werden, die in keinem Verhältnis stehen. Denn tatsächlich richtet die Veröffentlichung eines Songtextes überhaupt keinen Schaden an; ganz im Gegenteil macht sie auf die Band aufmerksam.


    :write

    Momo


    Alles Wissen und alle Vermehrung unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondern mit einem Fragezeichen.
    -Hermann Hesse-

  • Warum bin ich nicht Anwalt geworden? :cry
    Soviel Knete machen für nichts tun, außer dämliche Briefe zu verfassen oder dumme Mahnungen. :fetch
    Ist schon traurig, daß ein Studierter sich so tief sinken lassen muß.
    Hoffentlich bekomme ich jetzt keine Abmahnung, wegen der alten Rechtschreibung.
    Aber wie ich undere Anwälte kenne, habe ich diese wieder auf eine neue Idee gebracht.
    Vielleicht sollten Anwäte auch noch auf Rechtschreibfehler und falsche Grammatik im Forum klagen.
    Die werden reicher als ihre amerikanschen Kollegen
    Money, Money, Money. (ABBA, 1978 )

    Du mögest arm sein an Unglück und reich sein an Segen, langsam im Zorn, schnell in der Freundschaft. Doch ob arm oder reich, langsam oder schnell, nur das Glück sei dein Begleiter von heute an
    Irisch

  • Tom,
    ich stehe dem ganz ambivalent gegenüber. Die Anwaltskosten müssen bezahlt werden, na, toll, daran sieht man, WAS hier mal wieder geschützt wird.
    Aber AutorInnen müssen doch auch geschützt werden? Unbedinger Schutz des geistigen Eigentums? Wie steht es damit?
    Ist das nun Unverhältnismäßigkeit der Mittel?
    Wenn man einen Songtext gedruckt kauft oder auch nur kopiert, bekommen Autor/Autorin ihren Anteil, auch wenn es bloß ein Viertel Europfennig sein mag.
    Aber freischwebend im Netz?
    Ich erinnere mich andererseits noch gut daran, wie es war, am Plattenspieler zu kleben und zu versuchen, die Worte mitzukriegen. Heutzutage klicke ich einfach am PC rum.
    Trotzdem... Das geistige Eigentum :gruebel

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hallo, Magali.


    Zitat

    Aber freischwebend im Netz?


    Viele Leute glauben einfach, im Internet wäre alles erlaubt, ein rechtsfreier Raum, wie Iris gerne zu sagen pflegt. Und jetzt erleben sie ein böses Erwachen. Was vorher noch in Schüler-, Wand- und Vereinszeitungen ungestraft vonstatten ging, ruft jetzt Armadas von - technisch gut ausgestatteten - Juristen auf die Tagesordnung.


    Natürlich hast Du recht, und ich bin ja auch dieser Meinung, gerade und vor allem als Autor. Ich habe das alleinige Recht an meinen Worten, und diesen Schöpfungsprozeß schützt das Urheberrecht. Natürlich werde ich es kaum bemerken, wenn irgendwo eine Fotokopie einer Geschichte weitergereicht wird, aber im Netz finden Robots und Suchmaschinen einfach alles. Und plötzlich flattert eine Abmahnung ins Haus, nebst Anwaltsrechnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung. Übrigens - Vorsicht! NIEMALS IGNORIEREN - immer reagieren. Das ist kein Spaß!


    [An dieser Stelle habe ich vergebens versucht, die Veröffentlichung von Songtexten auf privaten Fansites zu rechtfertigen, aber ich muß es aufgeben, weil:]


    Es gibt keine Grauzone. Wer ein Kunstwerk herstellt, dem gehört es, ohne Wenn und Aber. Wer einen Text von mir auf seiner - noch so privaten - Site veröffentlicht, schädigt mich, weil die potentiellen Leser diesen Text nicht mehr kaufen müssen, oder sie werden davon abgehalten, etwas von mir zu kaufen, weil sie diesen Text kennen. :grin Natürlich ist ein Lied ohne Musik kein Lied mehr, aber das ändert nichts daran, daß eine nichtgenehmigte Veröffentlichung des Textes die Rechte der Songschreiber verletzt. Mir will zwar immer noch nicht klar werden, welcher Schaden dadurch genau entsteht (tatsächlich aber verkaufen Musikverlage Songbooks mit Liedertexten - ich weiß nicht, ob das noch ein erwähnenswerter Markt ist, aber die Produkte existieren), aber das ist auch unerheblich. Es ist nicht zulässig, es verletzt die Rechte der Künstler. Insofern kann ich Dir nur zustimmen, vollumfänglich.

  • Hiermit verwarne ich vorsorglich schon mal jeden, der ohne mich zu fragen einen meiner Sätze, meiner Gedanken, meiner Zitate oder sonstwas von mir veröffentlicht, verwendet, zur Schau stellt, benutzt oder sonstwas damit macht öffentlich hier und verlange eine sofortige Bezahlung von 99 Euros, ansonsten schalte ich meinen anwaltschaftlich geschulten Abmahnunternehmerfreund ein, dann wirds 15 mal teuerer! Zahlt also sofort per email mit einer Einzugsermächtigung. Danke im voraus. :-)

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Das Leben ist wie eine Losbude, wenn Du als Niete gezogen wurdest, kannst Du kein Hauptgewinn werden.":chen

  • Noch eine kleine Ergänzung: Die meisten Abgemahnten wurden als gewerbliche Betreiber eingestuft, wenn irgendwo ein Banner oder ein Werbelink auf der Site zu finden war (und es gibt Grundsatzurteile, die das bestätigen!). Als Streitwert wird pro Einzelfall von 50.000,-- Euro ausgegangen (bei illegalen MP3-Downloads sind es i.d.R. "nur" 25.000,-- Euro!), woraus sich die ziemlich hohen Anwaltsgebühren ergeben. Außerdem führt ein derart hoch angesetzter Streitwert dazu, daß ein eventuelles Verfahren vor einem Landgericht geführt werden müßte, wo man ohne Anwalt überhaupt nicht aufkreuzen darf (im Gegensatz zu Verhandlungen vor dem Amtsgericht, wo man sich auch selbst vertreten kann). Das soll verhindern, daß insbesondere die "kleinen" Sitebetreiber es zu einem Prozeß kommen lassen.


    Dies ist keine Wertung, nur eine Ergänzung. Ich finde es richtig, das Rechtsbewußtsein in diesem Bereich zu schärfen, aber hier wird in einigen Fällen mit zu großem Geschütz hantiert.

  • Tom,
    ich will hier mal des Teufels Anwalt spielen und darüber hinweg sehen, dass es wohl faktisch nur um Abzocke geht.
    Aber: Es gab früher tatsächlich einen Markt für Texte und Noten: Wer in einer Tanzband gespielt hat, weiß, welche Mühe es macht, Songs nachzuspielen. Da sind die Akkorde und Melodielinien manchmal noch das einfachste; die Texte sind zum Teil recht zeitaufwändig. So griff der eine oder andere Profi durchaus auf "offizielles" Material zurück. (Lassen wir dabei mal GEMA-Fragen und ähnliches großzügig beiseite).
    Heute kann man sich bequem aus dem Netz bedienen. Und wie Du ja schon selbst gut erklärt hast: Das Web ist eine Form der Veröffentlichung, vergleichbar anderen Medien, wie Zeitung u.ä. Jeder der sich hier tummelt, macht keinen kleinen Privatkram mehr, sondern tritt als Bonsai-Verleger auf. Mit allen Pflichten und aller Verantwortung. Streng genommen sind wir hier schon alle weit über dem Limit, wenn ich allein die Avatare betrachte (bei meinem angefangen ..)

  • Hallo, Columbo.


    :write


    Zitat

    Streng genommen sind wir hier schon alle weit über dem Limit, wenn ich allein die Avatare betrachte (bei meinem angefangen ..)


    Weshalb ich zumindest in den Fällen, da Texte aus irgendwelchen Publikationen einfach einkopiert werden, vorsichtig darauf verweise, daß Gefahr drohen kann. Tatsächlich ist es bei Foren so, daß die Betreiber (also Morgana und Wolke) eine Aufsichtspflicht haben und "zeitnah" solche Beiträge/Deep-Links/Fotos usw. löschen müssen, von denen ihnen bekannt sein dürfte, daß die Darstellung/Wiedergabe im Forum Urheberrechte verletzt (und das betrifft auch verlinkte Sachen!). Nur, wenn sie das nicht tun, haften sie. Das einzelne Forenmitglied kann nämlich nicht belangt werden. Hier findet eine permanente Gratwanderung statt - und mit wachsender Forengröße und -bekanntheit steht zu befürchten, daß irgendwann die Juristerei zuschlägt. Aufgrund der Partnerschaft mit amazon ist das hier nämlich zweifelsfrei ein gewerbliches Forum, auch wenn die Betreiber nicht wirklich Geld damit verdienen.


    Das Problem beginnt mit Textzitaten aus Publikationen (und zwar selbst dann, wenn nur eine einzige Zeile wiedergegeben wird!), geht über Graphiken und Fotos bis hin zu erwähnten Deep-Links (also Verlinkung auf einzelne Elemente einer Site, ohne daß noch erkennbar wäre, von welcher Site die Quelle stammt).