Stephanie Tromley: Digby #01
Oetinger 2016. 316 Seiten
ISBN-13: 978-3789148095. 14,99€
Vom Verlag empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
Verlagstext
Beschossen. Inhaftiert. Gekidnappt. Ein ganz normaler Tag mit Digby: Bei Digby muss man auf alles gefasst sein. Das war Zoe in dem Moment klar, als sie seine Bekanntschaft machte. Nicht klar war ihr allerdings, dass sie mit ihm auch gleich von einer gefährlichen Situation in die nächste geraten würde. Denn Digby setzt alles daran, den Fall seiner kleinen Schwester, die vor acht Jahren entführt wurde, aufzuklären. Wie er es aber anstellt, dass Zoe mit ihm bei einem Gynäkologen einbricht, kurzzeitig auf der Polizeiwache landet und an einen Drogenhändlerring gerät? Keine Ahnung. Nur eines weiß sie genau: Ein Plan B wäre jetzt gerade sicher nicht verkehrt. Bei Stephanie Tromlys Held Digby muss man sich auf spannende Unterhaltung auf höchstem Niveau gefasst machen, immer mit einer Prise schrägem Humor gewürzt und einem besonders lässigen Detektiv à la "Sherlock".
Die Autorin
Stephanie Tromly, in Manila auf den Philippinen geboren, in Hongkong aufgewachsen, arbeitete nach ihrem Universitätsabschluss als Drehbuchautorin in Los Angeles. Heute ist sie freie Autorin und lebt mit ihrer Familie in Winnipeg. Die sarkastisch, frisch und witzig erzählten Geschichten von Digby sind ihr erfolgreiches Debüt im Jugendbuch-Bereich.
Inhalt
Die Icherzählerin Zoe Webster fühlt sich nach der Trennung ihrer Eltern zwangsweise aus New York in die Provinz abgeschoben und zur Schülerin einer ordinären staatlichen Schule degradiert. Die Schulwahl dient aktuell als Waffe im Trennungskrieg der Eltern. Deshalb wird Zoes Mutter mit Sicherheit zutiefst beleidigt reagieren, falls Zoe den Übergang auf die renommierte Prentiss-School schaffen sollte, sich evtl. einen Studienplatz in Princeton erarbeiten und wieder in die Nähe ihres Vaters ziehen würde.
Angenervt von der neuen Schule und ihrem Dasein als Neue schwänzt Zoe den Unterricht. Die River Heights High-School beschäftigt einen eigenen „Disziplinar“-Beamten, Harlan Musgrove, um Schulschwänzern sofort die Rote Karte zu zeigen, ehe sie auf weitere dumme Ideen kommen. Im Umfeld einer Strafmaßnahme gegen das Schwänzen lernt Zoe den Jungen Digby kennen. Digby lässt sich grundsätzlich nichts gefallen und ist mit dieser Eigenschaft der natürliche Feind jedes Lehrers. Bei Digbys Auftauchen müssten die Warnlampen aller Eltern im Schnelllauf kreiseln; denn er verkörpert das, vor dem Eltern ihre Kinder gern bewahren wollen. Der Junge scheint ein soziopathischer Charakter zu sein, über den noch Generationen von Psychotherapeuten forschen werden.
Im Stil eines Hobbydetektivs recherchiert Digby zum Schicksal zweier aus dem kleinen Ort verschwundener Mädchen. Vor 9 Jahren verschwand seine Schwester Sally, was zum Auseinanderbrechen von Digbys Familie führte. Digby verdächtigt den Gynäkologen Dr. Schell, sich an seinen Patientinnen zu vergreifen und in das Verschwinden seiner Schwester verwickelt zu sein. Zur Beschaffung von Beweisen will Digby in Schells Praxis einbrechen und zwingt Zoe praktisch zur Beteiligung an seinem haarsträubenden Plan. Widerspruch ist Digby in seinem Universum offenbar nicht gewöhnt.
Als wäre die Ausgangssituation nicht schon sonderbar genug, beobachten die beiden Jugendlichen im Haus gegenüber eine Familie mit ungewöhnlich vielen halbwüchsigen Kindern. Handelt es sich bei den Nachbarn um Sektenmitglieder, betrügerische Pflegeeltern oder etwa um Mädchenhändler? Souverän versucht Digby, eine Verbindung zwischen der „Sekte“ im Nachbarhaus, den vermissten Mädchen und dem verdächtigen Dr. Schall herzustellen.
Fazit
Zwischen Zoe und Digby besteht zunächst ein rein platonisches Verhältnis, von dem beide profitieren. Zoe kann durch ihr erzwungenes Abenteuer mit Digby ihre Außenseiterrolle an der Schule verdrängen. Digby findet in ihr eine weitgehend kritiklose Assistentin, die ihm brav folgt und selten eigene Positionen vertritt. Zoe wirkt gegenüber Digbys Marotten abgeklärt für ihr Alter und zugleich grenzenlos naiv. Dass gerade eine Icherzählerin nicht wenigstens eine Prise Selbstkritik entwickelt und Digby keine Grenzen aufzeigt, geht leider zu Lasten des Spannungsbogens in der Geschichte.
Ein unter College-Kids spielender Jugendroman wird im schlimmsten Fall oberflächlich oder vorhersehbar sein, hatte ich zu Beginn befürchtet. Vorhersehbar fand ich die Gangsterklamotte im Stil einer Fernsehserie nicht, der man deutlich die Hand der gelernten Drehbuchautorin anmerkt. Die kesse, selbstironische Sprache nahm mich zunächst sehr für die Erzählerfigur ein. Action, Humor und flache, fernsehserienhafte Charaktere allein, die ihr Handeln nicht reflektieren dürfen, tragen meiner Ansicht nach jedoch keine Romanhandlung. Die kritiklos ihrem Idol folgende Icherzählerin vergibt leider die Chance, sich zu dem Schlamassel eigene Gedanken zu machen, in den sie sich hineinziehen ließ. Braucht ein moderner Jugendroman eine so tussihafte Hauptfigur? Ich finde: nein.
6 von 10 Punkten