Martha Sophie Marcus - Herrin des Nordens

  • Taschenbuch: 736 Seiten
    Verlag: Goldmann Verlag
    erschienen am 18. Januar 2016


    zur Autorin:
    Martha Sophie Marcus, geboren 1972 im Landkreis Schaumburg, studierte Germanistik, Soziologie und Pädagogik und verbrachte anschließend zwei Jahre in Cambridge. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Lüneburg. Mit "Herrin wider Willen", ihrem ersten Roman, feierte sie ein grandioses Debüt. Seitdem sind weitere historische Romane von ihr bei Goldmann erschienen.


    zum Inhalt:
    Ingunn wohnt in der Hafenstadt Haithabu. Das im Jahre 1047 wichtigste Handelszentrum der Wikinger ist der Anlaufpunkt für Händler aus ganz Europa. Auch der Engländer Jon Larsson kommt mit seinem Bruder Torge in die Stadt. Da sie weitläufige Verwandtschaft von Ingunns Vater Sigmund sind, beherbergt er sie ein paar Tage. Während dieser Zeit kommen sich Ingunn und Torge näher und versprechen sich gegenseitig, aufeinander zu warten. Aber auch der drei Jahre ältere Jon hat Gefallen an dem Mädchen gefunden. Als Torge im Gefolge des englischen Königs Edward in den Krieg zieht, nimmt Jon seine Chance wahr.


    meine Meinung:
    Martha Sophie Marcus malt auch in ihrem fünften historischen Roman ein buntes Bild vergangener Zeiten. Die Herrin des Nordens ist die Wikingerstadt Haithabu, die direkt an der Schlei gelegen, auch ausländische Händler anzog. Die Stadt war zur damaligen Zeit eine Metropole, weswegen auch immer wieder kriegerische Norweger oder plündernde Slawen in die Stadt kamen. Diese allgegenwärtige Gefahr wird hier am Beispiel der fiktiven Figuren deutlich. Die vorwiegend vom Handel lebenden Bewohner Haithabus müssen sich gegen andere Völker wehren. Ihre Häuser werden in Brand gesetzt, Frauen geschändet und die Männer grausam ums Leben. Die Autorin beschönigt hier nichts und doch kommt auch die Romantik nicht zu kurz. Erklärend sind Sätze wie „Haithabu hingegen war von Menschen erbaut worden, die sich damit abfanden, dass alles vergänglich war.“ Das regte zumindest meine Neugier an, wie es denn wohl mit den inzwischen liebgewordenen Charakteren weiterginge.


    Ingunn lernt in jungen Jahren den Engländer Torge kennen und fühlt sich auch nach Jahren des Schweigens immer noch an ihr Versprechen zur Heirat gebunden. Mehrmals versucht ihr Vater sie wirtschaftlich und gesellschaftlich gut unterzubringen. Doch die eigensinnige Frau wehrt sich erfolgreich. Sie wird zwischenzeitlich verschleppt, lernt König Sven kennen und kehrt wieder zurück, um der Stadt beim Wiederaufbau zu helfen. Als plötzlich Jon vor ihr steht und keine Nachricht von Torge hat, gibt sie seinem Werben nach. Ihre Freundin Lilja ist inzwischen ebenfalls verheiratet. Hier wird eine andere gängige Art beschrieben, welche Rollenverteilung seinerzeit üblich war. Diese Arten der Ehe waren nicht unüblich im elften Jahrhundert, sodass der geschichtsträchtige Roman auch eine Menge gesellschaftlicher Umgangsformen und das ethische Verständnis des Zusammenlebens enthält.


    Ein weiteres großes Thema ist der religiöse Glauben. Die Wikinger wurden nach und nach christianisiert. Dieser Prozess ging langsam voran und brachte bestimmt in einigen Familien Zwietracht. Ingunn als Heidin kommt so immer wieder mit ihrer Stiefmutter in Streit, die als Christin die alten Rituale ablehnt. Ebenso wandelte sich das Verständnis für Heilung und sorgte für Meinungsverschiedenheiten. Die Sprache ist dabei der Zeit angepasst, aber doch verständlich genug, dass der Lesefluss nicht gestört wird. Die Figuren sind deutlich gezeichnet und lassen die vergangene Zeit lebendig werden. Gerade weil man im Museumsdorf Haithabu heute noch das Leben der Wikinger betrachten kann, animieren diese Beschreibungen das Kopfkino. Ein Personenregister und ein Glossar der verwendeten regional typischen Ausdrücke befinden sich im Anhang. Dort wird in einem Nachwort ebenfalls geklärt, was Wahrheit und was Fiktion ist. Der historische Roman ist erneut ein Leseerlebnis mit voller Punktzahl.

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  • Zitat

    Original von Lumos
    Ich hab immer noch nix von Martha Sophie Marcus gelesen :-(.


    Das sollte ich unbedingt nachholen, auf der WuLi steht sie schon lange :-).


    Unbedingt Lumos :-) Ich lese die "Herrin" auch gerade - bin auf den letzten 100 Seiten - und finde, es ist ihr Bestes bis jetzt. Rezi folgt aber die 10 Punkte hat es schon jetzt von mir. :anbet

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Abschaffung des Todes - Andreas Eschbach

    Elantris - Brandon Sanderson


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Zum Inhalt:


    Haithabu 1047: Eines der wichtigsten Handelszentren im Norden Europas. Hier hat der Witwer Sigmund ein gut florierendes Handelsunternehmen. Sein einziges Kind, Tochter Ingunn, interessiert sich sehr für das Geschäft und hat auch das nötige Gespür dafür. Aber es ist eine raue Zeit, in der die Menschen noch mit den Göttern hadern und im ständigen Streit mit den Norwegern und den Engländer sind und auch die östlichen Nachbarn bedrohen das Land der Dänen. So gibt es ständig Krieg und Haithabu wir mehr als einmal von seinen Feinden angegriffen und überrannt.


    Meine Meinung:


    Auf über 700 Seiten nimmt sich Martha Sophie Marcus Zeit, Ingunn und ihr Leben zu erzählen. Und das ist so abenteuerlich und unterhaltsam, dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe – innerhalb weniger Tage. Die Hauptpersonen wachsen einem sehr schnell ans Herz und es macht großen Spaß, mehr über das Leben der Dänen und ihrer räuberischen Nachbarn zu erfahren. Es waren unsichere Zeiten damals in Haithabu. Ständig musste man Angriffe fürchten und es war nicht leicht sich und seine Familie zu beschützen und nebenbei noch den Unbillen der Natur zu trotzen und gute Handelsgeschäfte abzuschließen. Ingunn ist eine starke Frau und über die Jahre reift sie zu einer Herrin des Nordens, die sich zu wehren weiß, die klug und mit Einfallsreichtum neue Waren akquiriert, die den richtigen Mann für sich findet.


    Besonders gefallen hat mir nicht nur, dass man wirklich viel Geschichtliches erfährt und dabei immer das Gefühl hat, dass die Autorin aufmerksam recherchiert hat und versucht dem Leser etwas von diesem Wissen zu vermitteln ohne lehrerhaft zu wirken. Nein besonders toll sind wirklich die Figuren, die hier bis zur kleinsten Nebenrolle liebevoll und facettenreich gezeichnet sind und die mir alle sehr ans Herz gewachsen sind.


    Ein historischer Schmöker, der mich voll und ganz begeistert hat und der zu meinem Monatshighlight wurde. Ich kann ihn wirklich uneingeschränkt weiterempfehlen und vergebe die vollen 10 Punkte mit großer Freude.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Abschaffung des Todes - Andreas Eschbach

    Elantris - Brandon Sanderson


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe das Buch nun auch ausgelesen und bin genauso begeistert wie Büchersally und hollyhollunder - aus den von ihnen genannten Gründen.
    Es bietet wirklich alles, was das "histoliebende" Herz begehrt. Einen durchgehend spannenden Plot, großartige Figuren, die allesamt authentisch wirken, glaubwürdige Dialoge und jede Menge historische Information, unaufdringlich wie nebenbei vermittelt, wie hollyhollunder geschrieben hat.
    Haithabu findet immer mal wieder Erwähnung in anderen historischen Romanen, die in dieser Epoche spielen und ich wollte schon lange ein bisschen mehr darüber wissen. Diese Lücke ist nun gefüllt worden, wie ich es mir unterhaltsamer nicht wünschen könnte.
    10 Punkte gibt es von mir recht selten für einen historischen Roman, weil ich alles an meiner Lieblingsautorin Rebecca Gablé messe, aber Die Herrin des Nordens hat jeden einzelnen verdient :-].
    Jetzt freue ich mich erst mal, dass dies mein erstes Buch von MMS gewesen ist.
    Auch wenn Die Herrin des Nordens ihr bisher bestes ist, wie ihr sagt, denke ich, dass mir die anderen auch gefallen werden.
    Muss ja nicht unbedingt jedes ein 10-Punkte-Buch sein ;-).
    Der Rabe und die Göttin wird mein nächster Roman von ihr sein. Spielt zeitlich einige Jahre früher - ob es sich bei dem "Rabe" ebenfalls um Munin handelt :gruebel - ich werde es feststellen zu gegebener Zeit.

  • Danke für die hilfreiche Rezi und die Meinungen. Hat mich jetzt in meinem Entschluss bestärkt.


    Ich bin gestern nämlich zufällig beim Durchforsten der Leseproben bei Amazon auch auf das Buch gestoßen und war sehr angetan (von Leseprobe und der Geschichte allgemein).


    Allerdings habe ich früher schon mal "Die Bogenschützin" gelesen von Martha Sophie Marcus und das fand ich nicht sehr überwältigend. Eher Durchschnitt.


    Daher war ich skeptisch. Aber jetzt ist "Die Herrin des Nordens" auch auf meiner Wunschliste gelandet.

  • Ich fand die Bogenschützin auch nicht so toll. ;-) Aber die Herrin des Nordens ist eine ganze andere Liga - versprochen.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Abschaffung des Todes - Andreas Eschbach

    Elantris - Brandon Sanderson


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe das Buch durch und danach bin ich jetzt entschlossen, kein weiteres Buch der Autorin mehr lesen zu wollen.


    Das hat sich gezogen wie Kaugummi :cry. Die Sprache war einfach. Es gab keine Höhepunkte und keine "Tiefe". Selbst "spannende" Ereignisse wurden unspannend erzählt.


    Ich habe es zu Ende gelesen, weil ich wissen wollte, wie es ausgeht. Aber das war kein Genuss und danach hatte ich erst einmal längere Zeit keine Lust aufs Lesen mehr ;-(

  • So verschieden sind die Geschmäcker. Ich fand es so spannend, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte. Und keine Seite zuviel. :grin Für mich war die Sprache klar und angenehm zu lesen. Und der Wechsel zwischen ruhigerem Erzähltempo und spannenden Höhenpunkten so ausgewogen, dass bei mir gar keine Langeweile aufgekommen ist. ;-)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Abschaffung des Todes - Andreas Eschbach

    Elantris - Brandon Sanderson


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)