Worum es geht
Daniel Rooke entdeckte bereits in frühester Kindheit seine Vorliebe für Zahlen, und fühlte sich unter seinen Kameraden längst nicht so wohl wie in seiner eigenen Gesellschaft. Dadurch wurde er zwar rasch zum Außenseiter, hatte aber genügend Zeit für seine große Leidenschaft, die Astronomie, der er in stiller Abgeschiedenheit nachgehen wollte. Als junger Mann musste Daniel jedoch feststellen, dass die Welt nur eine kleine Anzahl von Männern benötigte, die sich der Erforschung des Sternenhimmels verschrieben hatten, weshalb er sich zur Marine meldete.
1788 begleitete er als junger Leutnant einen Transport von Sträflingen nach Australien, widmete sich aber vor allem der wissenschaftlichen Arbeit im unbekannten Territorium. Eine erste Annäherung an die Eingeborenen gestaltet sich als äußerst schwierig, doch Daniel gelingt es, nach und nach ihr Vertrauen zu gewinnen. Unverzüglich beginnt er ihre Sprache zu erlernen, und bald kann er sich mit den Aborigines verständigen.
Als ein Wildhüter mit einem Pfeil tödlich verwundet wird, will der Gouverneur ein Exempel an einigen Eingeborenen statuieren. Auch Daniel gehört zur Truppe, die sechs Gefangene - oder zumindest deren Köpfe - ins Lager bringen soll. Dieser Befehl stürzt den sensiblen Leutnant in einen schweren Gewissenskonflikt zwischen Gehorsam und Menschlichkeit.
Wie es mir gefallen hat
Mir hat das Buch von Anfang an besonders wegen seiner schönen, bildhaften Sprache gefallen, doch auch den kleinen Daniel mit seiner Leidenschaft für Mathematik, Musik und den nächtlichen Sternenhimmel habe ich schon bald ins Herz geschlossen. Als junger Mann hätte er wohl lieber eine Stelle als Astronom angetreten, als sich der Marine zu verschreiben, doch die Aussicht, die Geheimnisse eines völlig unbekannten Landes (einschließlich der Sprache seiner Ureinwohner) zu erforschen, faszinierte den begabten Leutnant sicher genauso.
Besonders beeindruckend fand ich die Schilderung seiner Bemühungen, nicht nur Vokabeln zu erlernen und ein grammatikalisches System zu entwickeln, sondern auch mit der Mentalität der Ureinwohner vertraut zu werden. Daniels Arbeit ist von Zuneigung und Respekt für das fremde Volk geprägt, sein unermüdliches Engagement legt beredtes Zeugnis von seiner Humanität und Empathie ab, doch wäre er ohne ein hochintelligentes Aboriginemädchen wohl nie so weit in seinen Forschungen gekommen.
Der Auftrag, einige Mitglieder des Stammes zu bestrafen, der für die Verletzung eines Wildhüters verantwortlich ist, führt die Wende in Daniels Leben herbei. Aufgrund seiner hohen ethischen Werte ist er nicht so ohne weiteres in der Lage, Befehle blindlings auszuführen, wie es die militärische Disziplin verlangt.
Wer sich keine spannungsgeladene Geschichte über die schwierige Besiedlung Australiens erwartet, sondern sich mit einem Teilaspekt begnügt, der viel Raum für philosophische Überlegungen lässt, und außerdem auf Tatsachen beruht, wird mit diesem Roman auf hohem inhaltlichen und sprachlichen Niveau sicher seine Freude haben.