Adrian McKinty: Rain Dogs (Sean Duffy 5.)
Suhrkamp Verlag 6. Februar 2017. 404 Seiten
ISBN-13: 978-3518467473. 14,95€
Originaltitel: Rain Dogs
Übersetzer: Peter Torberg
Verlagstext
Unruhen bekämpfen, Herzschmerz und Fälle aufklären, die aber nicht vor Gericht gebracht werden dürfen, darin ist Sean Duffy als katholischer Bulle in Nordirland inzwischen Spezialist. Immerhin bekommt er es zum zweiten Mal in seiner Karriere mit einem locked room mystery zu tun, und welcher Bulle – in Nordirland oder sonstwo, katholisch oder nicht – kann das schon von sich behaupten?
Die Journalistin Lily Bigelow wird im Hof von Carrickfergus Castle, wo sie sich allem Anschein nach über Nacht hat einschließen lassen, tot aufgefunden. Selbstmord, glaubt man, aber ein paar Dinge geben Sean Duffy zu denken, und er weigert sich, es dabei zu belassen. Duffy findet heraus, dass Bigelow an einer verheerenden Enthüllung in Sachen Korruption und Amtsmissbrauch innerhalb der höchsten Regierungskreise Großbritanniens und darüber hinaus gearbeitet hat. Und so sieht er sich mit zwei schwerwiegenden Problemen konfrontiert: Wer hat Lily Bigelow umgebracht? Und was wollte er oder sie damit vertuschen?
Inhalt
Nach irischer Zeitrechnung ist das Jahr 1987 das 19. Jahr der Troubles, des gewaltsamen Konflikts zwischen Protestanten und Katholiken in Nordirland. Polizeiseargent Sean Duffy lebt als Katholik privat in Carrickfergus in einem rein protestantischen Wohngebiet. Nach der Trennung von seiner aktuellen Partnerin ist Duffy wieder Single. Er scheint seit dem vorigen Duffy-Band noch misanthropischer und zynischer geworden zu sein. Die Bedrohung der Polizei durch die militante IRA wird durch die tägliche Routine jedes Polizisten symbolisiert, vor dem Starten stets zuerst unter dem Auto nach einer Bombe zu suchen. Im Jahr 1987 werden 20 Polizisten in Nordirland im Dienst ums Leben kommen, eine der höchsten Todesraten im Polizeidienst weltweit.
Duffy hat aktuell in einem verdächtigen Todesfall zu ermitteln. Eine junge britische Journalistin wird morgens tot in der Burg von Carrickfergus gefunden. Der Verwalter versichert, dass er das Gelände am Abend zuvor wie immer sorgfältig abgesucht und verschlossen hat und außer ihm niemand Zugang zum Gelände gehabt haben kann. Die Außenmauern werden über Nacht angestrahlt und liegen im Aufnahmebereich der Überwachungskamera anderer Gebäude. Für Duffy und sein Team stellt sich die Frage, ob die junge Lily Bigelow sich das Leben genommen hat oder ob hier jemand einen Selbstmord inszenieren wollte. Wie kam Lily in die Burg, wer hätte die Gelegenheit gehabt, sie zu töten und vor allem mit welchem Motiv. Die Autopsie der Toten trägt eher zur Verwirrung der Ermittler bei als zur Aufklärung der Todesumstände. Da Duffy bereits in „Die verlorenen Schwestern“ in einem Locked-Room-Fall ermittelt hat, fragt er sich natürlich, wie wahrscheinlich es sein kann, dass ein Polizist im Laufe seiner Berufstätigkeit mit zwei derart ähnlich gestrickten Fällen konfrontiert wird.
Wie in Adrian McKintys Nordirland-Krimis gewohnt, ist der Tod der jungen Frau nur die Spitze des Eisbergs. Hinter der Tat verbergen sich Verstrickungen einflussreicher Kreise aus Politik und Wirtschaft und die Entschlossenheit dieser Kreise, die Ermittlungen mit allen Mitteln zu verhindern. Duffys Arbeit wird zudem nicht nur durch ineffektive Strukturen innerhalb der Polizei ausgebremst, sondern auch durch die spezielle Situation behindert, dass die Burg und das darin beschäftigte Personal als ehemaliges Militärgelände britischen Behörden untersteht. Über Duffys aktuellen Fall soll nicht mehr erzählt werden, um die Spannung nicht zu verderben. Nur so viel: der Autor greift einen erst kürzlich bekannt gewordenen Fall aus jener Zeit auf, über den zum damaligen Zeitpunkt im katholischen Irland der Mantel des Schweigens gebreitet wurde und zu dem bis heute noch nicht alle Akten für die Öffentlichkeit freigegeben wurden.
„Office. Window. Lough. Coal Boats. Rain.“ Adrian McKinty setzt auch hier Wetter- und Landschaftsbeschreibung als stilistisches Mittel ein, mit denen er im Februar-Schneeregen Nordirlands eine Melancholie verbreitet, die zusammen mit Duffys psychischer Verfassung bei manchem Leser eine Winterdepression auslösen könnte. Seine Handlung wird von stichwortartigen Regieanweisungen eingeleitet, sowie neben der genannten Wetterspur auch von der Tonspur aus Duffys Musikkonsum begleitet.
Fazit
Ein atmosphärisch starker Krimi mit raffiniertem Plot, sympathischen Figuren und einer intelligent gewählten Aha-Situation, die Duffy auf die Lösung des Falls bringt.
10 von 10 Punkten