Selbstverbrennung - Hans Joachim Schellnhuber

  • Gebundene Ausgabe: 784 Seiten
    Verlag: C. Bertelsmann Verlag (3. November 2015)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-13: 978-3570102626


    Inhaltsangabe (Amazon)


    Alarmierender Report über die selbstzerstörerischen
    Folgen einer ungebremsten Erderwärmung


    »Um jedes Zehntelgrad zu kämpfen« lohne sich, davon ist Deutschlands wichtigster Klimaforscher mit internationaler Reputation überzeugt. Er streitet seit Jahrzehnten darum, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dem Klimawandel und seinen dramatischen Folgen endlich ins Auge sehen – und alles daran setzen, ihn aufzuhalten.


    In einem brisanten Thesenbuch spitzt er seine Kritik noch einmal zu: Nach derzeitigem Wissensstand bewegt sich unsere Zivilisation nicht auf die oft genannte Zwei-Grad-Grenze, sondern viel dramatischer auf eine Erwärmung von 3 bis 4 Grad Celsius bis Ende des Jahrhunderts zu. Die fortgesetzte Verbrennung fossiler Energieträger droht zum kollektiven Suizid zu führen. Hans Joachim Schellnhuber fasst das aktuelle Wissen in aller Schärfe zusammen, damit die Politiker auf der »Schicksalskonferenz« in Paris im Spätherbst 2015 die letzte Chance zum Umsteuern ergreifen.



    Seit einer ganzen Weile lese ich in diesem Buch. Obwohl Schellnhuber sich redlich bemüht, verständlich und klar zu schreiben, ist es doch für einen Laien arg schwere Kost. Und dabei lese ich schon die Seiten mit den Formeln nur sehr oberflächlich.
    Immerhin bin ich auf S. 328 im Kapitel 16 "Ins Feuer" angekommen und bin motiviert, das Buch zu Ende zu lesen.
    Schwer getan habe ich mich mit den sehr persönlichen Bezügen, die Schellnhuber herstellt. Zu sich selbst, seiner Heimat, dem, was er so gemacht hat. Da das aber keinen besonders breiten Raum einnimmt und oft auch ganz spannende Verbindungen aufzeigt, kann ich damit leben.
    Mir gefällt, wie weit er bei seiner Schilderung ausholt. Wieviel Wissen um Erdentwicklung, Entwicklung des Lebens überhaupt, er hier ausbreitet.
    Immer im Bezug auf das Hauptthema der Klimaveränderung.
    Es ist kein Buch, in dem Katastrophen an die Wand gemalt werden. Vielmehr erhalte ich eine Ahnung von den vielschichtigen Zusammenhängen zwischen Phänomenen, die auf den ersten Blick nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben.


    Gut gefallen mir die eingefügten Illustrationen und Fotos. Es fehlt ganz ungebedingt ein oder mehrere Lesebändchen. Mir fallen dauernd die Markierungszettel aus dem Buch.


    Also, ich lese weiter :lesend
    Vielleicht hat sonst jemand dieses Buch im Regal? Oder in den Fingern?


    edit probiert es auch hier mit der zehnstelligen ISBN.

  • Noch immer lese ich fleißig, aber langsam. Kapitel 19, Seite 418, Klimafolgen.


    Über das Zustandekommen und das langsame Herausschleichen von USA und Kanada. Mitsamt diversen Winkelzügen (ich hätte nie gedacht, dass etwas namens " Umweltverträglicher Entwicklungsmechanismus" so hinterhältig sein könnte), Anlagen und Anekdoten. Wobei einem manchmal doch das Lachen im Halse steckenbleibt.


    Ich bin Meisterin in phantastischen Abkürzungen geworden. Kostprobe gefällig?


    IPCC - Intergovernmental Panel of Climate Change - zwischenstaatlicher Ausschuss über Klimaveränderung
    SRES - Special Report on Emissions Scenarios
    AOGCM - Atmosphere-Ocean Global Circulation Model


    Das soll mal reichen. Alles hübsch fein beschrieben, ebenso das Zustandekommen.


    Im Moment beeindruckt mich, wieviel es zum Thema Klima und seine Auswirkungen zu wissen gibt. Wie man berechnen kann, welche Temperaturen Menschen gerade noch ertragen können. Wann sich Schädlinge am wohlsten fühlen.


    Ich les' dann mal weiter. :lesend

  • Ich habe heute auch mit diesem Buch angefangen.


    Noch hat das Buch, wie ich finde, einen Plauderton. Sehr beeindruckt hat mich, als der Autor erzählte, wie er selbst in seiner Kindheit die Veränderung seiner Umgebung im Zuge des Wirtschaftswunders und der Flurbereinigung wahrgenommen hat. Für ihn war es eindeutig ein Verlust an Lebensqualität, an Kindheit und Freiheit.

  • Dann bin ich auf deine Eindrücke sehr gespannt. :wave


    Diesen Plauderton gibt es immer mal wieder, da der Autor offensichtlich gerne von seinen Erfahrungen berichtet. Am Anfang hat es mich ein wenig irritiert. Im Lauf des Buchs fand ich es dann zunehmend spannend, weil ich Insidergeplauder immer ganz nett finde.

  • Ich habe 4 von 32 Kapiteln gelesen.


    Jetzt geht es ans Eingemachte. Eigentlich wollte ich gar nicht so tief ins Wissenschaftliche eindringen. Aber der Autor macht das ganz nett mit verständlichen Vergleichen.
    Zitat:
    Infrarotstrahlen mit niedriger Frequenz und großer Wellenlänge sind deshalb weit weniger energiegeladen als Ultraviolettstrahlen mit hoher Frequenz und äußerst kurzer Wellenlänge. Deshalb bekommt man einen Sonnenbrand unter freiem Himmel im Hochgebirge und nicht nachts unter der warmen Bettdecke.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Mir gefällt, wie weit er bei seiner Schilderung ausholt. Wieviel Wissen um Erdentwicklung, Entwicklung des Lebens überhaupt, er hier ausbreitet.
    Immer im Bezug auf das Hauptthema der Klimaveränderung.


    Sehr interessant finde ich die Ausflüge in die wissenschaftliche Historie. Ich frage mich ja oft, wie die das damals mit den primitiven Methoden gemacht haben.
    Ich hätte nie gedacht, dass es bereits vor 100 Jahren Gedankenexperimente gab, wie ein Anstieg an CO2 in der Atmosphäre sich auf die globale Temperatur auswirken könnte.



    Ich bin etwas verwundert, dass Wissenschaftler sich zutrauen, für neun Schlüsselelemente des Planeten (z.B. Süßwasser- und Landverbrauch, Müll) Grenzwerte zu berechnen, mit denen er nicht mehr beherrschbare Folgen des menschlichen Eingriffs in die Umwelt vermeiden kann.
    Ein Grenzwert wäre demnach die künstliche Auslöschungsrate auf höchsten 10-fachen Wert des natürlichen Artensterbens zu begrenzen. Echt makaber!


    Entsprechend gibt es ja mittlerweile einen festgesetzten Grenzwert für den Temperaturanstieg durch den Klimawandel, der jetzt politisch durchgesetzt werden soll.

  • Was ich Schellnhuber allerdings hoch anrechne ist, dass er immer wieder darauf hnweist, dass diese Werte eben auf dem momentanen Wissen basieren.
    Er gehört nicht zu denjenigen, die meinen, die Weisheit und alle Erkenntnis mit Löffeln gefressen zu haben.


    So sind, nach meinem Verständnis, auch die aufgeführten Grenzwerte zu verstehen: auf der Basis des Ausmaßes unseres Nichtwissens. ;-)


    Aber ernsthaft, ich habe doch eine Ahnung davon bekommen, wie komplex die Vorgänge auf unserem Raumschiff Erde sind und welche Zusammenhänge wir vermutlich noch gar nicht kennen.


    edit: Das mit der Bettdecke hat mich auch zum Lachen gebracht.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Was ich Schellnhuber allerdings hoch anrechne ist, dass er immer wieder darauf hnweist, dass diese Werte eben auf dem momentanen Wissen basieren.
    Er gehört nicht zu denjenigen, die meinen, die Weisheit und alle Erkenntnis mit Löffeln gefressen zu haben.


    So sind, nach meinem Verständnis, auch die aufgeführten Grenzwerte zu verstehen: auf der Basis des Ausmaßes unseres Nichtwissens. ;-)


    Und gerade in diesem Zusammenhang sind die Ausflüge in die wissenschaftliche Historie so interessant. Da kann man doch als Leser wenigstens ein bisschen nachvollziehen, wie die Erkenntnisse im Lauf der Zeit entweder weiterentwickelt, zusammen gefügt oder verworfen werden. Da wird dann klar, dass die aktuellen Erklärungsmodelle auch nur Durchgangsstadien sind.


    Und nach wie vor bin ich verwundert, wie lange man schon von einem CO2-Anstieg in der Atmosphäre weiß. Angestossen haben das Thema die amerikanischen Militärs, die am Ende des zweiten Weltkriegs und während des Kalten Kriegs Untersuchungen in der Troposphäre angestellt haben.

  • Krieg war schon immer ein Motor für die Wissenschaft.



    Ich bin jetzt mit Kapitel 7 fertig.


    Interessant ist ja auch der Ablauf von Klimakonferenzen. Schellnhuber hat sehr gut die Stimmung am Ende der Kopenhagener Klimakonferenz rübergebracht, Erschöpfung, Schlafmangel, Verzweiflung, Schockstarre. Er hat schriftstellerische Fähigkeiten. Und Humor. Schließlich war das Wetter schuld am enttäuschenden Ende der Verhandlungen. (Unerwarteter Kälteeinbruch! :lache)


    Und so richtig grottesk fand ich ja die folgende, bei den Klimakonferenzen übliche Maßnahme:
    Um Mitternacht des letzten Konferenztages wird einfach die Uhr angehalten und weiter verhandelt bis zum Morgen.

  • Gott sei Dank sind ja auch leichtere Passagen dabei, die sich zügig lesen lassen. Ansonsten wäre es schon sehr mühsam. Als Gute-Nacht-Lektüre ist das Buch wahrlich nicht geeignet. Dieser Wechsel zwischen "Fachliteratur" und Erzählen finde ich sehr angenehm.


    Und leider merke ich jetzt schon wieder, dass ich mir die Fakten nicht merken kann. :cry Aber ich hoffe doch, dass am Ende ein Gesamteindruck bleibt.
    Das mit den Kohlenstoff-Isotopen hat bei mir schon einen Aha-Effekt ausgelöst. Jetzt weiß ich immerhin, dass man auf diese Weise die Wanderung von natürlichen oder menschengemachten (anthropogenem :lache) CO2 nachweisen kann. Und was die Menschen in grauer Urzeit gegessen haben. :grin

  • Kap. 8
    Hier geht es um Klimafolgenforschung (müsste es nicht korrekter "Klimawandelfolgenforschung" :lache heißen?). Der Beweggrund dieser Forschung drückt sich in der einfachen Frage aus: "Lohnt sich die Mühe des Klimaschutzes?"
    Nun, wenn ein Temperaturanstieg um 8° C prognostiziert wird, wenn nichts geschieht, kann man sich schon einiges ausmalen.


    Sehr aufschlussreich war für mich die Erklärung für die extremen Kälteeinbrüche, und wieso die keinesfalls ein Zufall, eine normale Wetterschwankung oder gar ein Beweis für die Nichtigkeit der Theorie der globalen Klimaerwärmung sind.
    Neu war mir auch, dass und warum eine Meeresspiegelerhöhung nicht gleichmäßig auf der ganzen Welt ausfällt.

  • Mit dem Vergessen geht es mir genauso. Einzelheiten kann ich mir nicht merken. Aber diese Zusammenstellung von Kenntnissen aus den verschiedensten Fachgebieten finde ich sehr beeindruckend.


    Ich mache gerade eine kurze "Selbstverbrennungspause", ich habe erst ab dem Wochenende Zeit und Ruhe, mich wieder damit zu beschäftigen.
    Das Buch hat einen enormen Nachteil: Es ist arg schwer und eignet sich nicht, es mal irgendwohin mitzunehmen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Aber diese Zusammenstellung von Kenntnissen aus den verschiedensten Fachgebieten finde ich sehr beeindruckend.


    Ja, sehr erstaunlich. Auch juristische Fragen stellen sich, z. B.:
    Welche Staatsbürgerschaft haben die Bürger eines Staates, der im Meer versunken ist? Makaber!



    Im 9. Kapitel gab es wieder zwei sehr interessante Themen:
    einmal die Versauerung der Ozeane und zum anderen die Anstrengungen des ehemaligen maledivischen Präsidenten, der sich zum Ziel gesetzt hat, sein Land in die Zukunft zu retten. Jetzt sitzt er unter dubiosen Anschuldigungen im Gefängnis. Das hat mich echt erschüttert. :-(


    Trotz der oft niederschmetternden Erkenntnisse lockert der Autor die Stimmung seiner Leser auf.
    Als Delegierte einer Organisation von Inselstaaten, die als erste vom Meeresspiegelanstieg betroffen sind, sich mit ihm treffen, beschreibt der Autor deren Empfinden so:
    Sie wussten, dass die Elefanten der Weltpolitik in Kopenhagen mit einer achtlosen Bewegung ihrer massiven Hintern die Inselkulturen ein Stück näher an den Abgrund bugsiert hatten.
    Ich hab nicht umhin können, mir das bildlich vorzustellen. :schaem Dabei ist das wirklich nicht lustig.

    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Ich mache gerade eine kurze "Selbstverbrennungspause", ich habe erst ab dem Wochenende Zeit und Ruhe, mich wieder damit zu beschäftigen.


    Vielleicht kann ich dann ein bisschen aufholen. :wave

  • Bei deinem Tempo können wir dann vermutlich gemeinsam weiterlesen :wave


    Da kann ich dir nur zustimmen, einige Schilderungen musste ich hier auch schon breit grinsend laut verlesen.
    Gut ist auch, dass Schellnhuber keine Weltuntergangsstimmung verbreitet und dennoch klar und deutlich sagt, womit wir rechnen müssen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Gut ist auch, dass Schellnhuber keine Weltuntergangsstimmung verbreitet und dennoch klar und deutlich sagt, womit wir rechnen müssen.


    Ja, das stimmt! Kein erhobener Zeigefinger oder Betroffenheitsgesülze.


    Ich stecke jetzt mitten im 12. Kapitel und ein bisschen nerven mich diese weit ausholenden Zusatzinformationen schon. Da geht es um die Entstehung und Abbau von Kohle, Methaneis, Ölsand, Schiefergas, um den Übergang von Wildbeuterei zur Agrargesellschaft in der Jungsteinzeit. Wieso ist die Frage, warum die Industrielle Revolution gerade in England seinen Ausgangspunkt hatte, für das Thema Klimawandel wichtig? Da geht es seitenlang vom Webstuhl, über die Seefahrt, zur Coreoliskraft, Passatwinden.


    Das ist ja alles sehr interessant, aber wenn ich fast 1000 Seiten in einem Sachbuch vor mir habe, wünsche ich mir doch manchmal, der Autor würde enger beim Thema bleiben und ein paar Seiten weniger produzieren. (Sind seine Vorträge auch so weitschweifend? Oh Gott, die armen Zuhörer! :lache) Ich verspüre eine innere Unruhe, die mich irgendwie vorwärts treibt, zum eigentlichen Thema. Und das gefällt mir nicht.
    Ich hatte auch schon überlegt, einige Passagen zunächst einmal zu überspringen, um sie eventuell zum Schluss nachzuholen. Aber da habe ich Sorge, dass ich irgendwie etwas Wichtiges übergehe und den Anschluss verpasse.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Für mich war an diesem Teil interessant, dass eben nicht erst im letzten Jahrhundert Kohle verbrannt und CO2 in die Luft gepustet wurde, sondern schon lange vorher.


    Ja, sogar die Ausbreitung der Landwirtschaft lange vor der Industriellen Revolution hinterließ messbare Spuren in der Atmosphäre. Da war ich auch überrascht.



    13. Kapitel
    Mir fehlen die Worte!!! :yikes


    Hier erklärt der Autor die Zusammenhänge er Großen Irischen Hungersnot von 1845 - 1849, die durch Kartoffelfäule verursacht wurde. Die britische Regierung startete zunächst Hilfsmaßnahmen wie Lebensmittelbeschaffung, Suppenküchen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Doch als der Vorsitzende einer radikal marktliberalen Partei Premierminister wurde, stoppte der diese lebensnotwendige Unterstützung. Private Initiativen sprangen in die Bresche. Eine davon war eine Sammelaktion eines Indianerstammes in den USA. Als sie von dieser Hungersnot hörten, sammelten sie 710 Dollar, nach heutiger Kaufkraft etwa 1 Million. :heul