ZitatOriginal von hollyhollunder
[
Also ich meine vor allem den Anfang. Warum beichtet sie alles einem Feind, den sie doch ihr Leben lang gefürchtet und gehasst hat? Da hätte ich ja noch eher verstanden, dass sie den Koch zur Beichte nimmt. Denn der hatte ja das selbe wie sie erlebt und ein lieber Kerl ist er auch. Und dass der Prozess Wochen dauert kam bei mir nicht so rüber (vielleicht hab ich ja auch zu schnell gelesen ;-)) aber bei mir schienen es nur ein, zwei Tage zu sein, und schon kuschelt sie sich an den ärgsten Feind ran. Ich geh da natürlich von mir selber aus. Ich brauche immer eine Weile bis ich einem neuen "Freund" meine düstersten Gedanken erzähle.
Ich wollte eine Ausnahmesituation schildern. Eine tiefe Verzweiflung, Schrecken über sich selbst und andere, Isolation, weil man auf einmal das Gefuehl hat, denen, die zu einem gehören, nicht mehr unter die Augen kommen zu können, getrennt von ihnen zu sein, sich nicht mehr verständlich machen zu können.
Dass man in solcher Lage Fremden anvertraut, was man seinem Nächsten nicht sagen kann, hat viel mit Scham und Verlustangst zu tun und ist so selten nicht - ansonsten würden vielleicht nicht so viele Leute Gesprächstherapien aufsuchen.
Zudem ist der sterbende Fremde anfangs auch nicht so viel anders als der sprichwörtliche Schrank zum Vollquatsches - er hört vermutlich gar nichts, ist aber da und lebt. Es gibt ja auch viele Leute, die ihren Haustieren ihre Lebensgeschichte erzählen.
Dass allerdings nicht deutlich wird, dass Zeit verstreicht, ist eindeutig mein Fehler. Das habe ich eigentlich erzählen wollen - die drei sind auf viele Wochen in dieser halb zerstörten Kneipe allein, ohne zu wissen, was eigentlich genau draussen abläuft.
Dass mal bei einem Buch von mir mehr Seiten, nicht weniger gewollt werden, freut mich. Ich finde schon schön, dass dieses Buch nicht so viele hat. Es hat ja auch keinen grossen Personenpark und keinen langen Erzaehlzeitraum.
Einen fröhlichen Abend wünscht Charlie