Der Lauf der Zeit - Friedrich von Bonin

  • Kurzbeschreibung (gem. Amazon)
    „Du hattest die Kreuz Dame!“, rief Heinrich Kanne aus, und satt zufrieden lachte Bruno von Halcan. „Natürlich ich, wer denn sonst?“ Sie spielten Doppelkopf und Bruno hatte die ganze Runde, alle drei Freunde, bis zur letzten Karte über sein Blatt im Unklaren gelassen. Er hatte erst zuletzt die zweite Kreuz Dame ausgespielt, dadurch die Gegenpartei irritiert, ein paar schöne Punkte gemacht und das Spiel gewonnen. Seit seiner Schülerzeit liebt der schüchterne Bruno von Halcan Margarete Leuchtenfeld. In den fünfziger und sechziger Jahren geht er zur Schule, studiert in den Achtundsechzigern und wird Anwalt. Als er Erfolg hat, verlässt ihn Margarete. Neben der bildhaften Beschreibung einer Jugend in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erzählt der Roman von der Karriere seines Protagonisten und seinem Scheitern. Und von der hinreißenden Liebesgeschichte zwischen Bruno von Halcan und Margarete Leuchtenfeld.


    über den Autor (gem. Amazon)
    Friedrich von Bonin ist Jahrgang 1946, verheiratet und hat keine Kinder. Hauptberuflich ist er als Rechtsanwalt tätig und lebt in Bremerhaven. Bisher sind von ihm erschienen: "David, König der Israeliten" und "Rudolf Mittelbach hätte geschossen"


    meine Meinung
    Bruno von Halcan ist ein erfolgreicher Anwalt, verheiratet und könnte nicht glücklicher sein. Und doch verlässt ihn von einem Tag auf den anderen seine Frau Margarete. Warum? Darüber sinniert der Anwalt tränenreich und reist in Gedanken zurück in die Zeit, als er Margarete kennenlernte, er noch Werte hatte und gegen das System kämpfte.


    "Der Lauf der Zeit" ist mein erster Roman von Friedrich von Bonin gewesen und hat mir gefallen. Der Autor lässt durch die Erinnerungen seiner Hauptfigur die Zeit der 60er und 70er wieder aufleben und entführt seine Leser in ein Studentenleben voller Ideale.


    Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler berichtet. Den Großteil des Romans begleitet man Bruno sowohl in seiner Kindheit bis hin zu seinem gut situierten Anwaltleben. In kurzen Kapiteln lernt man auch das Leben von Margarete sowie den Brunos Freunden Heinrich und Albert kennen. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch klar auf dem Werdegang Brunos, was mir gut gefallen hat. Denn dadurch konnte ich in die Nachkriegszeit, die 68er und sogar in den beginnenden Aktienboom eintauchen. Toll!


    Die Figuren sind dabei mit Liebe zum Detail und vielschichtig ausgearbeitet. Auch wenn so mancher Charakter nur einen kurzen Auftritt hat, vermag Friedrich von Bonin ihnen dennoch Leben und Kanten einzuhauchen. Das fand ich sehr gut. Ich kann nicht sagen, dass mir eine Figure direkt ans Herz gewachsen wäre, jedoch hatten alle Charaktere gute wie schlechte Seiten, was ich sehr schätze.


    Die Story selbst ist ruhig und was für Lesestunden vor dem Kamin. Ich fand die Entwicklung des Anwalts spannend. Während er in der Jugendzeit gegen das kapitalistische System war und sogar über eine gewaltsame Revolution sinnierte, kämpft er später als Anwalt vor allem für die Reichen und verdient mit Aktienspekulationen eine goldene Nase. Diese doch sehr konträre Entwicklung fand ich interessant. Jedoch: es fehlte mir der Spannungsbogen. Zwar ist das Leben des Anwalts durchaus lesenwert, aber nach über der Hälfte fragte ich mich, ob da noch was käme. So bleibt der Roman bis zum Schluss ein Blick auf das Leben eines Mannes, der sich Idealen verschrieben und selbige verraten hatte. Für mich persönlich zu wenig.


    Der Stil Friedrich von Bonins ist gut und flüssig zu lesen. Seine Erzählweise wirkt beruhigend, so als ob man an einem kalten Abend mit einem guten Freund zusammensitzt und dieser einen Schlag aus seiner Jugend berichtet.


    Fazit: der Lauf der Zeit ist an mir vorbeigelaufen, jedoch kann ich den Roman gerade Liebhabern ruhigere Familiengeschichten empfehlen.