Nick Alexander: The Photographer‘s Wife
Verlag: Black and White Publishing 2015. 440 Seiten
ISBN-13: 978-1845029555. 11,72€
Kindle edition: ASIN B00MTJQVPS. 3,99€
Kurztext
Barbara – a child of the Blitz – has more secrets than she cares to admit. She has protected her children from many of the harsh realities of life and told them little of the poverty of her childhood, nor of the darker side of her marriage to one of Britain's most famous photographers. With such an incomplete picture of the past, her youngest, Sophie, has struggled to understand who her parents really are, and in turn, Barbara sometimes worries, to build her own identity. When Sophie decides to organize a vast retrospective exhibition of her adored father's work, old photos are pulled from dusty boxes. But with them tumble stories from the past, stories and secrets that will challenge every aspect of how Sophie sees her parents.
Der Autor
Nick Alexander is the author of ten novels, including “The French House” and “The Case of the Missing Boyfriend”. He lives in the southern French Alps with two mogs, three goldfish and a complete set of Almodovar films.
Inhalt
Barbara und ihre ältere Schwester Glenda haben die Bombardierung Londons im Schutzbunker und fast immer hungrig überlebt. Wenn ihr nicht brav seid, werdet ihr nach Wales aufs Land evakuiert, hatte ihre Mutter stets gedroht, die von der ständigen Angst und der Fabrikarbeit völlig erschöpft war. Nach Kriegsende lernt die lebenslustige Barbara zu Anfang der 50er Jahre in ihrem ersten Urlaub in Eastbourne den ungeheuer charmanten Tony kennen. Tony arbeitet zunächst als Motorrad-Kurier für Londoner Tageszeitungen und später als Fotograf.
Auf einer zweiten Zeitebene will im Jahr 2012 Barbaras Tochter eine Retrospektive für das Werk ihres lange verstorbenen Vaters Tony organisieren, in der sie Fotos ihres Vaters und ihre eigenen einander gegenüberstellt. Sophie braucht dazu die Unterstützung ihrer Mutter. Die betagte Barbara Marsden hat Fotos, Negative und andere Erinnerungsstücke auf ihrem Dachboden archiviert – und sie verfügt formal über die Rechte an Tony Marsdens Werk. Barbara reagiert auf Sophies Plan sehr reserviert. Sophie weiß über ihre Mutter kaum etwas und kann Barbaras Vorbehalte gegen die Fotografie allgemein nur schwer nachvollziehen. Tony war erfolgreich, hat mit seinem Handwerk die Familie ernährt, auch wenn Barbaras Existenzängste nie ganz beschwichtigt werden konnten. Mit fast 80 könnte Barbara sich einfach zu müde fühlen, um den Staub von alten Kartons zu fegen. Doch je länger sich Sophie mit Leben und Werk ihres Vaters befasst, umso geheimnisvoller wirkt Barbaras Abneigung, alte Fotos und alte Geschichten ans Tageslicht zu holen. Sophies Mutter hat offenbar mehr als einen plausiblen Grund, die Vergangenheit besser ruhen zu lassen.
Barbara hat ein Leben als stay-at-home-wife, als klassische Nur-Hausfrau verbracht. Ohne ihre Unterstützung wäre Tony vermutlich sein Leben lang Motorradkurier geblieben. Obwohl intelligent und künstlerisch begabt, hat Barbara sich von anderen Menschen so behandeln lassen, als könnte sie nicht bis drei zählen. Frauen in ihrer Generation konnten es der Welt kaum recht machen. Wurden sie zu früh schwanger, hatten sie ihren armen unwissenden Partner hereingelegt; waren sie mit 25 immer noch nicht schwanger, war es allein ihre Schuld. Nahmen sie keinen Anteil am Beruf ihres Mannes, bestätigte das ihren Status als Dummchen; interessierten sie sich und brachten eigene Ideen ein, konnte das als unerwünschte Konkurrenz gesehen werden.
Nick Alexander springt zwischen zwei Handlungssträngen hin und her, die sich in unterschiedlichem Tempo entwickeln und in einfachem Präsenz erzählt werden. Die Vergangenheit aus Barbaras Kindheit, ihre Ehe mit Tony, die Geburt ihrer Kinder und Tonys Karriere als Fotograf umfassen fast 45 Jahre, die Gegenwart, in der Sophie die Familiengeschichte mit all ihren Geheimnissen zutage fördert, nur 2 Jahre.
Die Figur der Barbara als Vertreterin ihrer Generation finde ich hier außerordentlich gelungen dargestellt. Die Passagen über Tonys Tätigkeit als Fotograf sind fachlich sehr gut recherchiert – sie waren das, was mich an diesem Roman besonders interessiert hat. Leider harmonieren Buchtitel, Plot-Entwicklung und die Aufgabe des allwissenden Erzählers nur schwer miteinander. Barbaras Kindheit nimmt zu Anfang zu viel Raum ein, so dass man sich nach 200 Seiten immer noch fragt, wann denn nun die Handlung beginnt. Um den Einfluss ihrer Kriegskindheit auf ihre Persönlichkeit zu zeigen, hätten wenige Sätze genügt. Für einen Roman über die „Frau des Fotografen“ nimmt Sophie als - lange Zeit sehr blasse - Nebenfigur zu viel Raum ein. Damit das Familiengeheimnis bis zum Schluss gewahrt wird, erfährt man erst spät, wie alt Sophie ist und damit an welchem Punkt ihrer eigenen Karriere als Mode-Fotografin sie stehen könnte. Geschickter hätte ich es gefunden, den Focus stärker auf Barbara zu legen und sie nur auf Sophie reagieren zu lassen. Fast bis zum Schluss habe ich mich gefragt, warum ein allwissender Erzähler so wenig über Sophie zu wissen scheint – und warum es dem Autor offenbar schwerer fällt, eine Figur seiner eigenen Generation glaubwürdig darzustellen als eine Frau der Generation seiner Eltern.
Fazit
Nick Alexander wagt sich hier als Indie-Autor an einen ambitionierten Plot, der seinen Lesern einige Geduld abverlangt. Wer sich für Fotografen als Romanfiguren interessiert oder für die klassische Rolle einer 1934 geborenen Frau, dem könnte der Roman dennoch gefallen.
7 von 10 Punkten
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